Bankenaufsicht: Wer nimmt eigentlich den Wachhund an die Leine?

Wer der Finma mehr Kompetenzen gewährt, der sollte auch die Oberaufsicht der Aufsichtsbehörde strenger regeln, findet finews.ch-Chefredaktor Dominik Buholzer.

«Anstand kann man nicht regulieren. Anstand kann man aber lernen und zwar mit präventiven Massnahmen», sagte Finma-Präsidentin Marlene Amstad am vergangenen Freitag an der Medienkonferenz des Bundesrates zu den Massnahmen für die Bankenstabilität in Bern. 

An sogenannten präventiven Massnahmen soll es künftig nicht mangeln. Finanzministerin Karin Keller-Sutter präsentierte einen ganzen Strauss an Verschärfungen: die Einführung eines Verantwortlichkeitsregimes, höhere Eigenkapitalanforderungen, strengere Liquiditätsvorgaben und nicht zuletzt eine deutliche Ausweitung der Aufsichtskompetenzen der Finma.

Der Zaun wird enger gesteckt

Die Finma soll künftig früher und effektiver eingreifen können (Frühinterventionen). Zudem soll sie neu auch pekuniäre Verwaltungssanktionen – sprich: Bussen – gegen fehlbare Institute verhängen dürfen.

Das passt ins Bild helvetischer Gepflogenheiten: Aufziehende Stürme werden so lange ignoriert, bis ein Eingreifen unausweichlich ist. Dann wird das Problem gelöst – häufig mit viel Geld. Im Nachgang wird der Zaun enger gesteckt, sprich der Spielraum wird mittels Gesetzesverschärfungen eingeschränkt. 

Anpassung drängt sich auf 

Nach dem Kollaps der Credit Suisse (CS) drängte sich eine Anpassung auf. Die heute geltende Too-big-to-fail-Regelung erwies sich insbesondere im Bereich Sanierung und Abwicklung (Resolution) als eine politische Totgeburt – was einige kritische Geister bereits vor dem Sturm prognostiziert hatten. 

Zudem hat die Finma in der Angelegenheit nicht den besten Eindruck hinterlassen.

Handelt die Finma effizient und verhältnismässig?

Ein Finanzplatz wie derjenige der Schweiz bedarf einer resoluten Aufsicht. Doch wer der Finma mehr Befugnisse überträgt, sollte sich auch fragen: Wer kontrolliert eigentlich die Regulatoren?

Die Finma hat sich der Einhaltung der Spielregeln auf dem Finanzplatz Schweiz verschrieben. Ob ihr Handeln effizient und verhältnismässig ist und vor allem dem Finanzplatz als Ganzes dient, kümmert die Behörde bislang zu wenig – das ist ein Versäumnis.

Massnahmen für die Bankenstabilität: Was halten Sie von den Vorschlägen des Bundesrates?
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Langfädig und äusserst kostspielig 

Gerade Letzteres wiegt schwer. Aus der Branche ist immer wieder zu hören, dass sich Verfahren zur Bewilligung oder Änderung der Besitzverhältnisse in die Länge ziehen, die betroffenen Akteure zu lange im Unklaren bleiben und dadurch in ihrer wirtschaftlichen Weiterentwicklung blockiert werden. Öffentlich Kritik üben will niemand – aus Angst vor Retourkutschen. Auch dies sollte zu denken geben. 

Zudem entstehen hohe Kosten, und nicht selten müssen Verfahren mit zusätzlichem Aufwand wiederholt werden – auf Kosten der Antragsteller.

Mehr Transparenz, aber auch Fingerspitzengefühl 

Hinzu kommt: Wer über mehr Kompetenzen verfügt, benötigt auch mehr Ressourcen. Der Personalbestand der Finma ist bereits in den vergangenen fünf Jahren deutlich gestiegen. Die Gefahr besteht, dass sich die Behörde zu einem bürokratischen Koloss entwickelt – was im Interesse keines Vertreters des Finanzplatzes Schweiz liegen kann.

Bislang kann die Finma nur in wenigen Fällen öffentlich über laufende Verfahren und deren Abschluss informieren. Es wäre zu begrüssen, wenn hier mehr Transparenz geschaffen und die Aufsicht offensiver auftreten könnte.

Zuletzt liess die Behörde allerdings in diesem heiklen Bereich wiederholt das nötige Fingerspitzengefühl vermissen. So etwa im Spätherbst 2024, als sie im Zusammenhang mit dem Verfahren gegen die Moonshot-Plattform einem Restaurant – dessen Pächterin durch einen Untermietvertrag ins Visier geraten war – wenige Tage vor der Eröffnung den Stecker zog.

Parlament ist gefordert

Wer der Finma mehr und vor allem weitreichende Kompetenzen einräumt, sollte auch die parlamentarische Oberaufsicht stärken. Der Bundesrat hat es verpasst, dies in seiner Vorlage zu regeln.

Nun hat das Parlament die Möglichkeit, den Wachhund etwas enger an die Leine zu nehmen. Auch diese Massnahme würde eine präventive Wirkung entfalten, für einmal nicht in Bezug auf die Beaufsichtigten sondern auf die Aufsicht. Damit könnte die Legislative zudem unter Beweis stellen, dass sie sich nicht nur dann mit dem Finanzplatz Schweiz auseinandersetzt, wenn der Ernstfall schon eingetreten ist.