Die Coronakrise hinterlässt tiefe Spuren in den Ergebnissen der Grossbanken. Markbeobachter erwarten nun bei der Credit Suisse happige Rückstellungen.

Bei der UBS war es der Wermutstropfen in einem ansonsten soliden Semesterausweis: Wie auch finews.ch berichtete, meldete die Schweizer Marktführerin jüngst fürs abgelaufene zweite Quartal Wertberichtigungen von 272 Millionen Dollar. Der Löwenanteil davon entfiel mit 104 Millionen Franken aufs Schweizer Geschäft mit Retail- und Firmenkunden.

Nun könnte die Erzrivalin Credit Suisse (CS) am Donnerstag die Investoren mit neuerlichen Corona-Rückstellungen aufschrecken. Wie die britische Zeitung «Financial Times» (Artikel bezahlpflichtig) berichtete, erwarten die Analysten der US-Grossbank Citigroup anlässlich der Präsentation der CS-Semesteranzahlen einen Anstieg der Rückstellungen im zweiten Quartal um rund 1'300 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Den Schätzungen der Marktbeobachter zufolge führt die CS damit das Ranking der europäischen Grossbanken an.

Die Schätzung ist allerdings in Relation zu setzen. Im zweiten Quartal 2019, als noch niemand vom Coronavirus wusste, wies die CS gerade mal 25 Millionen Franken an Rückstellungen aus.

Milliarden-Rückstellungen auch in den USA

Im vergangenen April hatte die CS bereits Rückstellungen für Kreditrisiken von 568 Millionen Franken vorgenommen, was dem Siebenfachen der letztjährigen Zahl entsprach. Damals warnte das Institut, in den kommenden Quartalen könnte es nötig sein, weitere Reserven zu bilden und Wertberichtigungen vorzunehmen, insbesondere im Corporate-Banking-Geschäft und bei sonstigen Darlehen ausserhalb der Schweiz und im Hinblick auf die Anlagen im Asset Management.

Die CS befindet sich in guter Gesellschaft. Den Citigroup-Schätzungen zufolge werden sich die Rückstellungen der wichtigsten Banken in Grossbritannien und auf dem Kontinent auf 23 Milliarden Euro belaufen, nach 25 Milliarden Euro im ersten Jahresviertel. In den USA haben die fünf grössten Geldinstitute im ersten Semester insgesamt 61 Milliarden an Rückstellungen gebildet, um die Folgen der Pandemie aufzufangen.

V-Kurve verflüchtigt sich

Mit einem schneller Erholung – einer so genannten V-Kurve – der Konjunktur und damit des Banking rechnen mittlerweile nur wenige Experten. Die Beratungsfirma Oliver Wyman prophezeite jüngst in einer vielbeachteten Studie, dass europäische Banken über die nächsten drei Jahren Kreditverluste von 800 Milliarden Euro verschmerzen müssen.

Bereits geistert bei Investoren das Schreckgespenst von Kapitalerhöhungen herum, falls die Banken ihre Bilanzen stabilisieren müssten. Das wäre Gift für die Aktienkurse. Europäische Banken handeln im Schnitt nur noch zu 40 Prozent des Buchwerts. Die UBS und die CS stehen mit einem Kurs-Buchwert-Verhältnis von 0,77 respektive 0,47 nur leicht besser da. Auch Sicht der Citigroup-Analysten ist die CS-Aktie allerings weiterhin einen Kauf wert.

Lukrativer Handel

Während auf faulen Krediten Verluste drohen, können die Grossbanken in anderen Sparten punkten. Etwa im Handel mit Anleihen- und Kreditpapieren, wo die US-Konkurrenten bereits gute Quartalszahlen vorgelegt haben.

In diesem Bereich ist auch die CS mit ihrer Handelssparte Global Markets traditionell stark aufgestellt. Gut möglich, dass das Finanzunternehmen wie im ersten Quartal mit einem hohen Gewinn überrascht.

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