Mit der überraschenden Einberufung einer ausserordentlichen Generalversammlung macht der seit gut drei Monaten im Amt stehende Credit-Suisse-Präsident António Horta-Osório deutlich, dass er keine Zeit verlieren will.

Mehr noch: Mit der heutigen Ankündigung, zwei ausgewiesene Banker und Risikoexperten in den Verwaltungsrat zu holen, gibt er deutlich zu verstehen, das ihm fachliche Expertise – offenbar mehr als seinem Vorgänger Urs Rohner – enorm wichtig ist.

Mit dem Schweizer Axel Lehmann und dem Spanier Juan Colombas will er zwei ausgewiesene Risikoexperten ins Aufsichtsgremium holen, was nach den traumatischen Erfahrungen mit den Finanzinstituten Greensill Capital und Archegos Capital Management durchaus nachvollziehbar ist.

Erforderliche Qualitäten

Mit der Designation Lehmanns ist Horta-Osório ein Überraschungscoup gelungen. Denn der frühere Zurich- und UBS-Topmanager bringt zweifelsohne die erforderlichen Qualitäten mit, um seiner künftigen Aufgabe im Verwaltungsrat gerecht zu werden. Wie die CS am Freitag präzisierte, soll er nach erfolgter Wahl den Vorsitz des Risikoausschusses übernehmen.

Lehmann trat bei der UBS Ende Januar 2021 von seinen Funktionen zurück und verliess die Bank Ende Juli. Er leitete seit 2018 das Schweizer Geschäft, davor war er ab 2016 Group Chief Operating Officer. Ausserdem war er Verwaltungsrat der UBS von 2009 bis 2015 und der UBS Group von 2014 bis 2015. Zuvor war er lange für den Schweizer Versicherungskonzern Zurich tätig.

Stiller Schaffer

Er zählt nicht zu den Lichtgestalten auf dem hiesigen Finanzplatz, die regelmässig für Schlagzeilen sorgen; eher gilt Lehmann als stiller Schaffer; genau das, was die CS derzeit durchaus brauchen kann. 

Mit der Designation von Juan Colombas holt Horta-Osório einen bisherigen Weggefährten aus seinen Zeiten bei den Banken Santander und Lloyds. Damit stützt sich der CS-Präsident im Verwaltungsrat auf bewährte Kräfte.  

Neue Strategie

Vor diesem Hintergrund erstaunt es auch nicht, dass die bis Ende Jahr in Aussicht gestellte neue Strategie bereits im Oktober oder November 2021 stehen könnte, wie Recherchen von finews.ch ergeben haben. Vom Timing her liesse sich eine Bekanntgabe der Reorganisation mit der Präsentation der Zahlen zum dritten Quartal 2021 am 4. November 2021 verbinden – oder an einem Investorentag später im Jahr.

Die Ankündigung vom (heutigen) Freitag zeigt vor allem zwei Dinge: Horta-Osório will die in den vergangenen zwölf Monaten entstandenen Probleme mit der Risikokontrolle möglichst rasch wieder in kompetenten Händen wissen; dazu zählt auf operativer Ebene auch die im vergangenen Juli angekündigte Ernennung des früheren Goldman-Sachs-Managers David Wildermuth, der seine neue Stelle im Februar 2022 antreten wird. Darüber hinaus ist der frühere Allianz-Manager Wolfram Peters zum neuen Risikochef der Asset-Management-Division befördert worden.

Grosse Entschlossenheit

Damit beweist Horta-Osório eine grosse Entschlossenheit, die Schwachstellen im Risikomanagement innerhalb der CS möglichst schnell zu verstärken, um sich dann umso intensiver auf die Umsetzung einer neuen Strategie zu fokussieren.

Insofern werden die nächsten drei Monate für Anlegerinnen und Anleger wichtige Impulse liefern, ob sich ein Engagement in die CS-Titel lohnen könnte, zumal die Aktie derzeit nach wie vor unter 10 Franken notiert. Anfang dieses Monats erwarb Horta-Osório CS-Titel im Wert von rund einer Million Franken, wie auch finews.ch berichtete. 

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