Thomas Borer oder wie sich die Schweizer Banken freikauften

Die Schweiz tut sich schwer mit aussenpolitischen Krisen. Dies zeigte sich in jüngster Zeit bei den bilateralen Verträgen mit der EU oder dem Angriff auf das Schweizer Bankgeheimnis. 

Die grösste aussenpolitische Krise nach dem Zweiten Weltkrieg spielte sich jedoch zwischen 1996 und 1999 bei der Debatte rund um die nachrichtenlosen Vermögen von Holocaust-Opfern auf Schweizer Banken ab. 

Die Schweiz – und mit ihr die Banken – agierte lange Zeit höchst unglücklich. Besser wurde es erst, als der Bundesrat die «Task-Force Schweiz-Zweiter Weltkrieg» einsetzte. 

Opus magnum  

Der damalige Leiter, Ex-Botschafter Thomas Borer, hat die Geschichte aufgearbeitet. Entstanden ist in achtjähriger Arbeit ein fünfbändiges Werk, das insgesamt 2'808 Seiten umfasst – ein Opus magnum. 

Borer lässt die Ereignisse von damals Revue passieren, ordnete sie ein, bietet exklusive Einblicke und zeigt auf, wie es ihm und seinem Team gelungen ist, die Interessen der Schweiz zu wahren. 

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Thomas Borer, Leiter der «Task Force Schweiz – Zweiter Weltkrieg». (Bild: zVg)

Die Kontroverse endete im Jahr 1998 mit einem Vergleich zwischen den Schweizer Banken und jüdischen Organisationen über 1,25 Milliarden Dollar zur Entschädigung von Holocaust-Überlebenden und deren Nachkommen – ein Meilenstein in der Aufarbeitung. 

Die Debatte war nicht nur eine historische und juristische Auseinandersetzung, sondern erschütterte auch das Selbstbild der neutralen Schweiz. Sie leitete eine neue Phase der kritischen Vergangenheitsbewältigung und regulatorischen Sensibilisierung im Schweizer Bankwesen ein.

Lehre für heute: Allianzen bilden

«Ich glaube nicht, dass die Banken das Problem nicht lösen wollten. Sie waren ganz einfach dem Druck, der auf ihnen und der Schweiz lastete, nicht gewachsen», sagte Borer am Montagabend anlässlich der Buchvernissage im Zunfthaus zur Meisen in Zürich. 

Welche Lehren zieht Borer aus der Debatte, wurde er bei der Talkrunde von Journalist Markus Somm gefragt. Es sind drei Dinge: «Die Eidgenossenschaft ist nicht krisenfest, dies liegt auch an unserem Regierungssystem. Die Schweiz löst Probleme mit Geld, und es gilt, Allianzen zu bilden», sagte er.