Kryptomärkte: Sechs Trends, die 2026 wichtig sein werden
1. Makro-Perspektive
Das Jahr 2025 begann mit grossen Ankündigungen. Die Idee einer «strategischen Bitcoin-Reserve» dominierte die Schlagzeilen und gipfelte in einer Executive Order der USA, mit der offiziell eine nationale Bitcoin-Reserve geschaffen wurde. Die Idee war ehrgeizig: Die Vereinigten Staaten sollten Bitcoin auf budgetneutrale Weise aufbauen. Trotz anfänglicher Begeisterung innerhalb der Krypto-Community kam es bislang jedoch zu keinen Käufen. Dennoch bleibt die US-Regierung mit rund 328’000 BTC – hauptsächlich aus Beschlagnahmungen – per Ende 2025 eine der grössten staatlichen Bitcoin-Halter.
Einzelne Länder wie El Salvador und Bhutan gehen weiter und halten Bitcoin bereits seit mehreren Jahren als Teil ihrer nationalen Reserven. Werden 2026 weitere Staaten digitale Vermögenswerte in ihre Reservepolitik aufnehmen? Aus spieltheoretischer Sicht wäre dies plausibel: Erzielt ein Land dadurch einen wahrgenommenen strategischen Vorteil, könnten andere Länder sich früher oder später zu einer Reaktion veranlasst sehen. In der Praxis sind staatliche Entscheidungsprozesse jedoch langsam und oft an langwierige Genehmigungsprozesse gebunden.
2. Institutionalisierung
Während die staatliche Adoption begrenzt blieb, nahm die institutionelle Nachfrage deutlich zu. Unternehmen scheinen die strategische Relevanz von Bitcoin zunehmend zu erkennen und für ihre Treasury-Strategien zu berücksichtigen. 2025 investierten Digital-Asset-Treasury-Unternehmen gemeinsam rund 45 Milliarden Dollar in Bitcoin. Zusammen mit Spot-Bitcoin-ETFs und anderen Fonds halten börsenkotierte Unternehmen inzwischen rund 2,5 Millionen Bitcoin, was 12,8 Prozent des Umlaufangebots entspricht. Diese Bestände nahmen innert weniger als zwölf Monaten um 35,5 Prozent zu – ein klares Zeichen dafür, dass die lange erwartete Institutionalisierung nun tatsächlich stattfindet.
Eine Abschwächung dieser Dynamik ist nicht erkennbar. Ab Januar 2026 wird die Bank of America mit verwalteten Vermögen von 4,6 Billionen Dollar ihren Wealth-Management-Beratern erlauben, Kunden Krypto-Allokationen von bis zu vier Prozent zu empfehlen. Gleichzeitig haben auch frühere Skeptiker wie Vanguard nachgezogen und ermöglichen ihren Kunden inzwischen den Handel mit Krypto-ETFs.
3. Stablecoins
So bemerkenswert die institutionelle Adoption ist, noch eindrücklicher sind die Nutzungszahlen von Stablecoins. Nach Bereinigung künstlicher oder automatisierter Aktivität erreichten sie 2025 ein Transaktionsvolumen von rund 9 Billionen US-Dollar – ein Anstieg von 87 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Damit übersteigt ihr Volumen bereits die Hälfte des Zahlungsvolumens von Visa und ist mehr als fünfmal so hoch wie jenes von PayPal. Gemessen am Transaktionsvolumen sind Stablecoins heute das grösste digitale Zahlungssystem der Welt.
Ihre Attraktivität liegt in sofortiger globaler Abwicklung, Verfügbarkeit rund um die Uhr, Programmierbarkeit und sehr tiefen Grenzkosten. Diese Eigenschaften treiben die Nutzung durch grosse Fintechs voran. Über den Zahlungsverkehr hinaus haben Stablecoins inzwischen auch makroökonomisches Gewicht: Tether und Circle halten zusammen rund 180 Milliarden US-Dollar in kurzfristigen US-Staatsanleihen – ein Volumen, das ansonsten nur mittelgrosse Staaten erreichen.
4. Tokenisierung
Tokenisierung gehörte 2025 zu den dominierenden Themen – neben künstlicher Intelligenz und Stablecoins. Der Gesamtwert tokenisierter Vermögenswerte stieg von 15 Milliarden Dollar zu Jahresbeginn auf über 35 Milliarden US-Dollar. Besonders stark wuchsen Private-Credit-Strukturen sowie tokenisierte US-Staatsanleihen.
Getragen wird diese Entwicklung zunehmend von etablierten Finanzinstituten. BlackRock-CEO Larry Fink bezeichnete die Tokenisierung von Wertpapieren als nächste Generation der Kapitalmärkte. Bereits heute emittieren grosse Finanzhäuser, wie zum Beispiel Blackrock oder JP Morgan, On-Chain-Geldmarktfonds. Öffentliche Blockchains werden vermehrt für Settlement, Liquidität, Verwahrung und Produktemissionen genutzt. 2026 dürfte sich dieser Trend weiter beschleunigen – mit Stablecoins als On-Chain-Cash-Komponente und dezentralen Märkten als Liquiditätsquelle.
5. Regulierung
Ein zentraler Treiber des institutionellen Interesses 2025 war die verstärkte regulatorische Einbindung. In den USA wurden Fortschritte bei der Stablecoin-Gesetzgebung erzielt und die behördenübergreifende Koordination verbessert. Europa schloss die Einführung von MiCA ab, einem der weltweit umfassendsten Krypto-Regulierungsrahmen, auch wenn die nationale Umsetzung variiert. Asien und der Nahe Osten entwickelten innovationsfreundliche, zugleich streng überwachte Regime weiter.
Die höheren Anforderungen erhöhten zwar den Compliance-Aufwand für Anbieter, stärkten jedoch gleichzeitig das Vertrauen institutioneller Investoren. Mit Blick auf 2026 ist mit weiterer Konkretisierung zu rechnen – etwa bei Stablecoin-Reserven, DeFi-Aufsicht nach dem Prinzip «same risk, same rule», strengeren Anforderungen an Handelsplätze sowie der Vorbereitung auf den OECD-Standard CARF für den grenzüberschreitenden Steuerdatenaustausch ab 2027.
6. Prognosemärkte
Ein weiteres prägendes Thema 2025 war der Aufstieg von Prognosemärkten, die eng mit dem Kryptosektor verbunden sind, da sie öffentliche Blockchains und Stablecoins für Handel und Settlement nutzen. Während des Wahlzyklus 2024 erreichten sie wöchentliche Handelsvolumina von über 800 Millionen Dollar. Entgegen vieler Erwartungen blieb der Aktivitätsrückgang nach den Wahlen aus – ein Hinweis auf nachhaltige Relevanz.
Gleichzeitig bewegt sich der Sektor in Richtung regulatorischer Legitimität. Polymarket erhielt von der US-Aufsichtsbehörde für Terminmärkte die Genehmigung, als regulierter Designated Contract Market zu operieren. Ein noch stärkeres Signal folgte im Oktober, als die Intercontinental Exchange, Muttergesellschaft der New York Stock Exchange, eine strategische Beteiligung von bis zu 2 Milliarden US-Dollar einging. 2026 dürften Prognosemärkte damit eine wachsende Rolle in der Informationsökonomie spielen.
Pascal Hügli, Crypto Investment Manager bei Maerki Baumann & Co.













