Was die Laffer Curve in den 1980er-Jahren für die Rechten war, ist heute die Modern Monetary Theory für die Linken. Damals wie heute ging oder geht es um die nachträgliche Rechtfertigung des für die eigenen Zwecke politisch Dienlichen und die Festigung der eigenen politischen Machtposition.

Von Adriano B. Lucatelli ist Unternehmer und Publizist auf finews.ch

Bekannt wurde die Modern Monetary Theory (MMT, zu Deutsch: moderne Geldtheorie) im Zuge des Linksrutsches in den USA. Zunächst befürwortete Bernie Sanders, der parteilose linke Senator und US-Präsidentschafts-Kandidat aus Vermont, die Politikmassnahme «Job Guarantee».

Jüngst greift auch Alexandra Ocasio-Cortez (AOC), der Shootingstar der Demokraten aus New York, das Thema MMT wieder auf: Sie propagiert für ihren «Green New Deal» nichts anderes als die Umgestaltung der heutigen Marktwirtschaft und die Ausrichtung auf erneuerbare Energien.

«Die moderne Geldpolitik steht für die linke Theoretisierung des Schuldenmachens »

Worum geht es denn im Wesentlichen beim Thema MMT? Es geht, kurz gesagt, um die Verwirklichung sozialistischer Träume, die durch die öffentliche Hand finanziert werden sollen. So besagt die MMT, dass eine hohe Staatsverschuldung durchaus eine gute Sache sei und dass jegliche Bemühung, den Haushalt zu stabilisieren, der Wirtschaft mehr Schaden wie Arbeitslosigkeit zufüge als Nutzen stifte.

Tatsächlich könne jeder souveräne Staat so viel Schulden in der eigenen Währung anhäufen, wie nötig seien, um das Wachstum zu fördern, Innovationen zu finanzieren und Vollbeschäftigung zu erzielen. Der Staat könne ja nicht pleitegehen, da er durch die Notenpresse der eigenen Zentralbank jederzeit alle Schulden tilgen könne.

Die moderne Geldpolitik steht also für nichts anderes als für die linke «Theoretisierung» des Schuldenmachens und des unendlichen Gelddruckens. Aber auch hier gilt natürlich, dass was ökonomisch falsch ist, politisch auch nicht richtig sein kann. Denn auch politische Visionen müssen solide und nachhaltig finanziert werden.

«Deshalb verhallen die Warnrufe bekannter Kritiker wie Warren Buffett oder Larry Fink ungehört»

Dass die Zentralbanken beim MMT-Szenario ihre Unabhängigkeit verlieren und zu reinen Geldverteilungsmaschinen mutieren würden, scheint die MMT-Befürworter nicht zu kümmern. Deshalb verhallen die Warnrufe bekannter Kritiker wie der Investment-Legende Warren Buffett oder des Blackrock-CEO Larry Fink ungehört, wonach die MMT zu hoher Inflation, womöglich sogar zu einer Hyperinflation führen könnte.

Statt dass sie auf die Geldprofis hören, scheinen die Befürworter der MMT die potenziell drastischen Auswirkungen einer ungebremsten Schuldenpolitik mit tatkräftiger Unterstützung der Notenbank lieber zu ignorieren. Nur schon ein Blick in die Vergangenheit zeigt, wie viel Leid eine massive Geldentwertung auslösen kann.

«Hitlers Aufstieg sollte Lehre genug sein, die MMT zurück in den Giftschrank der Geldpolitik zu legen»

Das bekannteste und abschreckendste Beispiel ist die Hyperinflation während der Weimarer Republik in den 1920er-Jahren, die massgeblich zum Aufstieg von Adolf Hitler beitrug. Die damaligen Ereignisse sollten auch heute noch Lehre genug sein, die MMT zurück in den Giftschrank der Geldpolitik zu legen – und diesen gut zu verschliessen.

Es gilt «Wehret den Anfängen»: Der Angriff der MMT auf die staatlich garantierte Unabhängigkeit der Zentralbanken, eine der wichtigsten ökonomischen Errungenschaften, zur Schuldenfinanzierung führt unweigerlich ins Verderben. Wie sagte schon Alexis de Tocqueville:

«A democracy will continue to exist up until the time that voters discover they can vote themselves generous gifts from the public treasury. From that moment on, the majority always votes for the candidates who promise the most benefits from the public treasury, with the result that every democracy will finally collapse due to loose fiscal policy – which is always followed by a dictatorship» (Democracy in America, 1835-1840).


Adriano B. Lucatelli ist ein Schweizer Unternehmer im Finanzbereich. So gründete er das Fintech-Unternehmen Descartes Finance. Er ist zudem Verwaltungsrat beim Zürcher Vermögensverwalter Merlini Finance. Er studierte Ökonomie sowie Internationale Beziehungen an der Universität Nevada (BA) und an der London School of Economics (MSc). Er promovierte an der Universität Zürich über die Thematik der globalen Finanzmarktaufsicht.

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