Während in Luxemburg schon mehr als 1'300 Green Bonds emittiert wurden, sind es in der Schweiz erst 75. Der Grund: Die Verrechnungssteuer vertreibt das Geschäft aus der Schweiz ins Ausland. Mit der Reform, über welche die Schweizer Bevölkerung am 25. September 2022 abstimmt, könne das korrigiert werden, schreibt Nicholas John von der Schweizerischen Bankiervereinigung.

50e95b2cf270ad9237d241b25a3ee8e4 w134Von Nicholas John, Public Affairs Manager bei der Schweizerischen Bankiervereinigung

Die Schweiz ist in vielen Bereichen weltweit führend: So haben wir nicht nur den längsten Eisenbahntunnel der Welt oder die besten Skirennfahrerinnen und Skirennfahrer, sondern auch einen weltweit führenden Finanzplatz. Dieser hat sich über die Jahre, zu einem bedeutenden Markt für nachhaltige Anlagen entwickelt, wie auch die neuste Studie von Swiss Sustainable Finance bestätigt. Trotzdem bleibt ein fader Beigeschmack. Denn nur ein winzig kleiner Teil der in der Schweiz verwalteten Vermögen kann bisher in Schweizer «Green Bonds» – festverzinsliche Anleihen, die nachhaltige Projekte finanzieren – investiert werden. Viel mehr liegen ausländische Anleihen in Schweizer Kundendepots, die aufgrund der schweizerischen Rahmenbedingungen für Investoren interessanter sind.

Nachholbedarf bei nachhaltigen Anleihen in der Schweiz

Ein wichtiger Grund ist die Verrechnungssteuer auf Obligationen. Die Quellensteuer von 35 Prozent hält die Investoren davon ab, in grösserem Ausmass in Schweizer Anleihen zu investieren und macht nachhaltige Schweizer Anleihen unattraktiv. Die Quellensteuer ist hinderlich, weil für ausländische Anleger ihre (teilweise) Rückerstattung zwar möglich ist, jedoch nur unter erheblichem bürokratischem Aufwand und Liquiditätsentzug. Sie führt dazu, dass Schweizer und ausländische Unternehmen Fremdkapital lieber im Ausland aufnehmen als in der Schweiz.

Damit behindert die Schweiz die Transition in eine emissionsärmere Zukunft und Konkurrenzstandorte erhalten einen indirekten Standortvorteil. Obwohl die Schweiz bereits in den 1980er-Jahren erste nachhaltige Anlageprodukte lanciert hat, hat Luxemburg die Schweiz bei den Green Bonds schnell abgehängt: Laut aktuellen Angaben wurden in Luxemburg bereits über 1'300 «Green Bonds» im Wert von insgesamt fast 700 Milliarden Euro herausgegeben. Die Schweiz kann mit rund 75 «Green Bonds» im Wert von insgesamt 24 Milliarden Franken bei Weitem nicht mithalten.

Die Wirtschaft und die Politik haben diesen Missstand bereits vor Jahren erkannt. Ende 2021 wurde dann einen Kompromiss gefunden und entschieden, die Verrechnungssteuer einer Reform zu unterziehen. Die SP, Grüne und Gewerkschaften haben dagegen das Referendum ergriffen, obwohl die Reform den Umbau in eine klimafreundliche Wirtschaft fördert, Steuereinnahmen generiert und Investitionen antreibt.

Referendum behindert Kapitalbeschaffung für Investitionen in Transition

Es ist offensichtlich, dass die Schweizer Rahmenbedingungen nicht förderlich sind für die Weiterentwicklung des hiesigen Markts für nachhaltige Anleihen. Gleichzeitig steigt der Bedarf an nachhaltigen Investitionen in der Schweiz immer stärker. Eine Studie hat aufgezeigt, dass insgesamt 387 Milliarden Franken investiert werden müssen, wenn die Schweiz bis 2050 das Netto-Null-Ziel des Pariser Klimaabkommens erreichen will.

Ein wichtiges Instrument, das zur Finanzierung der notwendigen Investitionen beitragen könnte, wären «Green Bonds». Diese können von Unternehmen oder der öffentlichen Hand herausgegeben werden, um klimafreundliche Projekte zu finanzieren und

die Transition in eine klimaneutrale Wirtschaft zu fördern. Die Nachfrage nach und das Angebot von solchen Anleihen wird in den kommenden Jahren kontinuierlich steigern. Eine Studie von NN IP zeigt auf, dass der Markt an Green Bonds seit 2015 eine jährliche Wachstumsrate von knapp 60 Prozent erreicht. Schweizer Unternehmen, die heute ihre nachhaltigen Anleihen im Ausland herausgeben, könnten dies in Zukunft in der Schweiz tun und das aufgenommene Fremdkapital auch in der Schweiz in nachhaltige Projekte investieren, Arbeitsplätze schaffen und schliesslich auch vermehrt Steuern zahlen. Heute findet dieser Prozess vornehmlich im Ausland statt und füllt damit Kassen ausländischer Staaten und deren Unternehmen anstatt in der Schweiz.

Es ist an der Zeit, dass die Schweiz aufhört, die Kapitalaufnahme für den nachhaltigen Umbau der Schweizer Wirtschaft ins Ausland zu vertreiben. Am 25. September deshalb: JA zur Reform der Verrechnungssteuer, damit Steuern, Investitionen und Arbeitsplätze zurück in die Schweiz kommen.