Sie waren also mit Macallan gut bekannt.

Im Jahr 2018 habe ich erfahren, dass sich die Muttergesellschaft von Macallan, die Edrington-Gruppe, aus strategischen Gründen von der kleinen Destillerie The Glenturret trennen wolle. Edrington hat insgesamt fünf schottische Destillerien, von denen Macallan die grösste ist. Macallan ist extrem gewachsen, von etwa einer Million auf 20 Millionen Flaschen. Auch haben sie damals ein neues Touristenzentrum und eine neue Destillerie für etwa 300 Millionen Pfund ins Leben gerufen. Zusammen mit den übrigen Destillerien von Edrington – Highland Park, The Glenrothes und The Famous Grouse – passte Glenturret mit ein paar hunderttausend Flaschen nicht mehr richtig dazu. Also wollte Edrington die Destillerie verkaufen und den Verkaufserlös in Lagerhäuser für die anderen Destillerien der Gruppe investieren

Wie kam es dann zum Verkauf?

Anfangs interessierten sich rund achtzig Mitbewerber für Glenturret. Darunter sehr viele aus Asien: Chinesen, Taiwanesen… Edrington fand aber, dass man die älteste schottische Destillerie nicht nach Fernost verkaufen könne. Das wäre in Schottland wie ein Verrat wahrgenommen worden, Macallan wäre von der ganzen schottischen Industrie geschnitten worden.


«Aus The Glenturret einen Tourismus-Magneten auf Top-Niveau machen»


Da kam dann die gute, über zwanzigjährige Beziehung von Lalique mit Macallan zum Tragen. Sie haben gesehen, was wir im Elsass mit der Villa René Lalique und im Bordeaux mit Lafaurie-Peyraguey gemacht hatten und fanden: Wenn man auch aus The Glenturret in Schottland einen solchen Tourismus-Magneten auf Top-Niveau formen könnte, dann würde das die ganze schottische Industrie beleben.

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Silvio Denz (r) mit dem scheidenden Glenturret-Chef John Laurie und der neuen Chefin Jennie Baernreuther. (Bild: zVg) 

Wie viel haben Sie für The Glenturret bezahlt?

Wir – also die Lalique Group und Hansjörg Wyss – haben eine Offerte eingegeben, mit der wir sicherlich nicht an der Spitze waren. Am Schluss haben wir etwa 30 Millionen Pfund bezahlt. Verbunden mit der Erwartung, dass wir etwas für Schottland tun würden.

War es für Sie eine reine Liebhaber-Investition?

Ich trinke gerne ab und zu einen Whisky, bin aber kein ausgesprochener Fan. Die Überlegung der Lalique Group war natürlich, dass wir hier auch etwas für das Unternehmen im Glas- und Kristallbereich bewegen können: im Design und der Produktion der Glenturret-Flasche aus Glas, dann aber auch mit Kristallkaraffen für besondere Abfüllungen oder Trinkgläsern. Das Gold von Schottland in Elsässer Kristall… Und natürlich im Bereich der Gastronomie zusammen mit den übrigen Restaurants. Dafür mussten wir aber zuerst die Marke The Glenturret veredeln.

Inwiefern?

The Glenturret war zuvor etwas stiefmütterlich behandelt worden. Dabei ist der Name grandios und es handelt sich um die älteste noch produzierende Brennerei in Schottland. Das fügte sich in meinen Plänen nahtlos in das von Lalique verkörperte «savoir vivre» und «savoir faire» respektive «craftsmanship». Wie in Wingen-sur-Moder, so setzen wir auch hier bei The Glenturret, sehr stark auf traditionelle Handarbeit. Wir hatten dann das Glück, dass wir Bob Delgarno, der zuvor 17 Jahre für Macallan als Masterblender tätig war, für uns gewinnen konnten.

Kürzlich schrieb die «Bilanz», dass sie etwas vom Synergien-Modell zwischen Ihren verschiedenen Betrieben wegkommen möchten. Das tönt jetzt anders.

Das ist nicht ganz richtig. Synergien sind für uns wichtig und gehören zu unserem Geschäftsmodell. Solche gibt es offensichtlich zwischen Lalique, den Weinen und dem Whisky. Alles wird zusammen in unseren Restaurants serviert, in den eigenen Gläsern. Aber ja, wir haben verschiedene Standbeine: Die Kristallmanufaktur, einen Parfüm-Abfüllbetrieb mit Distribution, einen Sonnenschutz, Weingüter und The Glenturret.


«Mehrwert der Gruppe steigern»


Jedes dieser Standbeine wollen wir parallel erfolgreich entwickeln und in jedem Segment eigenständige Wertschöpfung erzielen. Wir können so den Mehrwert der ganzen Gruppe konsolidiert und kumuliert steigern. Für mich stehen aber die Synergien im Vordergrund. Die Verkaufsfähigkeit ist sekundär.

Zurück zu The Glenturret: Was haben Sie eigentlich gekauft? Das Land? Den Produktionsbetrieb, den gut gefüllten Keller?

Sicherlich die älteste Destillerie Schottlands mit ihrem Namen und dem Knowhow der Mitarbeiter. Dann die historischen Gebäude. Viele von ihnen sind über 150 oder gar 200 Jahre alt. Mit dabei war 1 Million Liter Whisky, davon sehr viele alte Jahrgänge, über 30-jährig. Diese Bestände konnten wir zu einem marktkonformen Preis erwerben. Sie machten etwa zwei Drittel des Kaufpreises aus.

Hat sich diese Investition bereits gelohnt?

Wir haben in den letzten fünf Jahren etliche besondere Lalique-Karaffen abgefüllt, die Icons von Glenturret: den 33-jährigen Provenance, den Prowess, den 50-Jährigen, die Eight Decades by James Turrell... Für diese Abfüllungen haben wir sehr wenige Fässer gebraucht. Und doch haben wir damit einen Teil des Kaufpreises für die Lagerbestände bereits wieder amortisiert.

Was sagen Sie zur Preisentwicklung beim Sammlergut Single Malt?

In den letzten zwanzig Jahren sind die Preise für Single Malt jährlich um rund 14 Prozent gestiegen. Das geht auch weiter so. Das liegt daran, dass die Bestände an alten Whiskys relativ klein sind und gleichzeitig die Nachfrage stark gestiegen ist.


«In den letzten zwanzig Jahren sind die Preise für Single Malt jährlich um 14 Prozent gestiegen»


Bevor ein Whisky als dreissigjährig abgefüllt und etikettiert werden darf, liegt er nun einmal drei Jahrzehnte lang im Fass. Wenn damals zu wenig produziert wurde, kann man das nicht mehr aufholen.

Wie weit kommen Sie mit der 1 Million an Litern, die Sie mit der Destillerie gekauft haben?

In abgefülltem Zustand ist es etwas mehr als 1 Million Liter. Aufgrund des Angel’s Share (verdunstete Anteile im Fass) gibt es Fässer, die einen Alkoholgehalt von 45 bis 80 Volumenprozenten aufweisen. Vor der Abfüllung wird der Alkoholgehalt mit etwas Wasser ausgeglichen – es sei den man befüllt als «cask strenght», also mit dem effektiven Alkoholwert des Fasses. Unser Ziel ist, jedes Jahr einen mindestens 30-jährigen Glenturret neu auf den Markt zu bringen. Aus den gekauften Lagerbeständen können wir jährlich 400 bis 750 Flaschen bis ins Jahr 2050 gewährleisten, wie unser Masterblender ausgerechnet hat. Anschliessend geht es dann nahtlos weiter mit der neueren Produktion ab unserer Übernahme der Destillerie.

Wie viele Flaschen produziert Glenturret?

Letztes Jahr waren es 200’000 Flaschen. In fünf Jahren wollen wir bei 500’000 sein.