Die Finanzkrise hat eine riesige Nachfrage nach Kontrolleuren ausgelöst. Doch nun bauen diverse Wall-Street-Banken einen Teil ihrer Compliance-Leute wieder ab – aus Kostengründen. Bald auch in der Schweiz?

Die Pleite der US-Investmentbank Lehman Brothers vor gut acht Jahren und die heftigen Nachwehen für die gesamte Finanzwelt lösten eine Kaskade an neuen Vorschriften aus. Seither müssen Universalbanken deutlich mehr Kapital auf die hohe Kante legen, sofern sie weiterhin Investmentbanking-Geschäfte betreiben möchten. Ausserdem müssen sie sicherstellen, dass sie nicht «Too-big-to-fail» sind – mit anderen Worten: Sie müssen in Konkurs gehen können.

Auch die Vermögensverwaltung ist auf Grund zusätzlicher Regelwerke komplizierter und teurer geworden. Kostspieliger deswegen, weil Heerscharen von hochbezahlten Compliance-Officers darauf achten müssen, dass die Bankangestellten die vielen Vorschriften auch haargenau umsetzen.

Die goldene Ära ist vorbei

Doch nun zeichnet sich eine Trendwende ab. Die goldene Ära der Compliance-Karriere an der Wall Street neigt sich allmählich ihrem Ende zu, wie die britische Zeitung «Financial Times» (Artikel bezahlpflichtig) berichtet. Die Regulationswelle habe ihren Höhepunkt erreicht, behaupten Headhunter; folglich brauche es künftig auch weniger «Kontrolleure».

Wall-Street-Banken engagierten in den Jahren 2014 und 2015 in toto 13'600 Finanzfachleute – davon die meisten für Compliance. Im laufenden Jahr setzte eine gegenläufige Entwicklung ein. Rund 1'400 Jobs verschwanden laut Bericht in den ersten neuen Monaten, davon allein 900 im Bereich «Legal». Der Rückgang sei ein Indiz dafür, dass sich die Nachfrage nach Compliance-Officers abkühle, sagen Personalvermittler.

Gehälter unter Druck

Zu einer ebenfalls interessanten Erkenntnis kommt eine kürzlich publizierte Studie des internationalen Kadervermittlers Michael Page Executive. Aus dieser geht hervor, dass die Gehälter und Boni im Bereich Legal und Compliance zurückgehen werden.

Derzeit bezieht ein Compliance Officer im Schnitt ein Fixgehalt von 100'000 Franken plus 15'000 Franken Bonus. Leitende Funktionen werden mit durchschnittlich 190'000 Franken abgegolten, zuzüglich 25'000 Franken Bonus (siehe Tabelle).

MPage 500

Kampf der Bürokratie

Geht es nach dem designierten US-Präsidenten Donald Trump soll dies erst der Anfang sein. Denn der Milliardär will den dichten Vorschriften-Dschungel lichten und so wieder mehr Geschäfte und Jobs kreieren, die Mehrwert schaffen.

Trumps Kampf gegen die Bürokratie ist Wasser auf die Mühlen der Banken, die immer wieder beklagen, dass sie gewisse Geschäfte gar nicht mehr anbieten können, weil es sich schlicht nicht mehr lohne.

So enerviert sich in regelmässigen Abständen namentlich UBS-Chef Sergio Ermotti über die Vorschriftenflut. Erst vor wenigen Tagen plädierte er an einer Veranstaltung einmal mehr für weniger Regulierungen und mehr Freiheit für Unternehmertum, wie auch finews.ch berichtete.

Kostenaxt trifft auch Compliance

Der Kostenblock im Bereich Compliance lastet schwer auf den Grossbanken und dies ausgerechnet in Zeiten, in denen die Erträge wegen schwieriger Finanzmärkte und Negativzinsen zunehmend schwinden. So ist es nicht verwunderlich, dass die Sparprogramme auch die Compliance-Abteilungen erfassen.

Lloyd Blankfein, der CEO der US-Investmentbank Goldman Sachs, rechnet mit weniger Personal in der Compliance, sobald die Banken ihre Prozesse regelkonform aufgebaut und automatisiert haben werden, wie er unlängst in einem Interview erklärte. So setzen diverse Finanzhäuser mittlerweile auf ausgeklügelte Software, um Transaktionen und Mitarbeiter zu überwachen, wie finews.ch schon verschiedentlich berichtete.

Ausgeklügelte Software

Trotzdem dürfte es nicht zu einem Kahlschlag in den Compliance-Abteilungen kommen. Denn die Einhaltung der Regeln muss ja auch in Zukunft jemand sicherstellen, allein schon, um potenzielle Klagen von Investoren und Justizbehörden abzuwenden. Headhuntern zufolge sitzen erfahrene Compliance-Leute bei Lohnverhandlungen weiterhin am längeren Hebel.

Welche Schweizer Privatbank bietet an der Börse nun das grösste Potenzial?
Welche Schweizer Privatbank bietet an der Börse nun das grösste Potenzial?
  • Julius Bär, weil der Kurs seit dem Signa-Debakel genügend gesunken ist.
    20.29%
  • Vontobel, weil das Unternehmen 2024 die Wende im Asset Management schaffen wird.
    8.77%
  • EFG International, weil die Bank keinerlei interne Probleme bekundet und stark wächst.
    14.92%
  • UBS, weil die Grossbank auch als Privatbank enormes Potenzial bietet.
    46.29%
  • Banque Cantonale Vaudoise, weil sie unter den Kantonalbanken ein grosses Private Banking anbietet.
    9.73%
pixel