In seinem Büro arbeiten nun sechs Leute. Guy Lachapelle, der neue Präsident von Raiffeisen Schweiz, ist in vielen Belangen unkonventionell.

Guy Lachappelle hat vermutlich den derzeit schwierigsten Job im Swiss Banking. Er muss die von der Vincenz-Affäre krisengeschüttelte Bankengruppe wieder auf «Vordermann» bringen. Dabei geht der frühere CEO der Basler Kantonalbank (BKB) bisweilen höchst unkonventionell vor, wie er am (gestrigen) Dienstag bei seinem ersten öffentlichen Auftritt am «Finanz und Wirtschaft Forum» in Zürich erklärte.

Bereits bei seiner früheren Arbeitgeberin, der BKB, musste Lachappelle eine Bank nach einem Veruntreuungsskandal wieder auf den Pfad der Tugend zurückführen. Sprich, die lädierte Reputation wieder herstellen. Das habe rund fünf Jahre gedauert, sagte Lachappelle und nannte dabei auch drei für ihn ganz wichtige Erfahrungen in dieser Zeit.

Insignen der Macht

Erstens sei Führen in einer Krise verbunden mit einer «Hidden Agenda», weil man nicht immer allen alles sagen könne. Zweitens gehe es sehr lange, um die Reputation eines Unternehmens wieder herzustellen, und drittens liessen sich die technischen Abläufe zwar relativ rasch verbessern, doch der Kulturwandel in einer Firma müsse mit «harten Massnahmen» erkämpft werden, betonte Lachapelle. Im Fall von Raiffeisen erwartet er, dass die Wiederherstellung der Reputation weniger als fünf Jahre – wie bei der BKB – dauern werde.

Vorerst gehe es darum, die «Insignien der Macht» abzulegen, als Signal gegenüber der Belegschaft. Als «Insignien der Macht» bezeichnete Lachapelle (grosse) Büros, Autos, Chauffeure... Dafür brauche es einen klaren Code of Conduct.

Kein Büro

Der heutige Präsident von Raiffeisen Schweiz wies in diesem Zusammenhang darauf hin, dass er schon bei seinem Amtsantritt die Schlüssel für sein Büro zurückgegeben habe. Er brauche kein Büro – was schon bei der BKB der Fall gewesen sei, sagte er, er sei lieber mitten im Betrieb und an der Front. «In meinem Büro arbeiten jetzt sechs Leute», sagte er schmunzelnd.

Lachapelle will vor allem mit der Arbeitsgruppe «Reform 21» die Zukunft von Raiffeisen planen. Dieser Plan umfasst drei Punkte: Erstens die Definition einer neuen Corporate Governance, welche die Verantwortlichkeiten innerhalb der Konzernzentrale klar absteckt.

Zweitens die Definition des Leistungsumfangs, den die Raiffeisen Schweiz ihren Genossenschaftsbanken zur Verfügung stellen soll, und drittens eine klare Kontrolle der Kosten, die, wo nötig, noch gesenkt werden sollen.

Überprüfung der Beteiligungen

Im Rahmen des Strategieprozesses sei Raiffeisen Schweiz auch daran, die verschiedenen Beteiligungen, die das Unternehmen in den vergangenen Jahren eingegangen sei, zu überprüfen. Lachappelle räumte dabei ein, das Engagement beim Schweizer Derivate-Entwickler Leonteq zu reduzieren, einen gänzlich Ausstieg stellte er jedoch in Abrede.

Rückblickend sagte Lachapelle weiter, dass die Wachstums-, Diversifikations- und Beteiligungsstrategie der Raiffeisen Schweiz den Genossenschaftsbanken keinerlei Diversifikation gebracht habe, sondern nur dem Konzernsitz in St. Gallen genützt habe. Das will Lachapelle mit seiner Strategie ändern. «Ich möchte ein Geschäftsmodell entwickeln, das die Haupteinnahmequelle der Raiffeisenbanken, das Zinsdifferenzgeschäft, diversifiziert», sagte er.

Neuer CEO: bodenständig und unprätentiös

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Mit dem neuen CEO, Heinz Huber (Bild oben), klappe die Zusammenarbeit bereits sehr gut, sagte Lachapelle weiter. Er sei bodenständig, unprätentiös und komme als Macher bei den Beschäftigten an. Lachappelle ist insofern auch zuversichtlich, als das Problem von Raiffeisen eigentlich nur den Kern, also die Zentrale, betroffen habe. Die einzelnen Genossenschaftsbanken hätten nichts von ihrer Reputation eingebüsst. «Sie haben (in dieser Zeit) keinen einzigen Kunden verloren», unterstrich Lachapelle.

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