Die Wahl von Heinz Huber zum künftigen Chef der Raiffeisen-Zentrale ist eine Überraschung – und das Signal, dass an der Spitze der Genossenschaftsbank bald ganz andere Qualitäten gefragt sind als zuvor.

Der designierte CEO von Raiffeisen Schweiz heisst Heinz Huber: Die Ernennung des bisherigen Chefs der Thurgauer Kantonalbank (TKB) am (heutigen) Donnerstag dürfte die meisten Beobachter überrascht haben. Gerechnet hatte man mit einer Führungskraft mit Grossbanken-Erfahrung und mit Namen, die im Swiss Banking schon einen gut hörbaren Klang haben.

Das alles trifft auf den 54-jährigen Huber nicht zu, auch wenn er durchaus viel Erfahrung in den neuen Top-Job mitbringt, wie auch finews.ch berichtete. Mit Huber, so macht es vielmehr den Anschein, bricht Raiffeisen ganz bewusst mit flamboyanten Führungsprofilen der Vergangenheit.

Der perfekte Mann fürs Wachstum

Das war vor knapp 20 Jahren noch ganz anders. 1999 suchte die Raiffeisen-Führung rund um den abtretenden Zentraldirektor des Schweizerischen Verbandes der Raiffeisenbanken Felix Walker just einen Chef, welcher die Genossenschaftsbanken in eine neue Ära führen sollte. Der ebenso umtriebige wie ehrgeizige ehemalige Investmentbanker Pierin Vincenz (Bild unten) schien diesem Profil perfekt zu entsprechen.

Vincenz 500

Vincenz brachte die «Bauernbanken» von einst auf Touren. Bis zu einem Abschied als CEO im Jahr 2015 avancierte Raiffeisen zum besten Brand im Swiss Banking, stiess in die Städte vor, wurde Marktführer im Hypogeschäft und baute mit der Notenstein La Roche Privatbank und dem Fondshaus Vescore auch noch einen Vermögensverwaltungs-Arm auf.

Hinzu kamen diverse Beteiligungen in Startups, über die Vincenz schliesslich stolperte: Raiffeisen verklagte den Ex-Chef wegen ungetreuer Geschäftsführung. Anfang 2018 wanderte der einst landauf, landab gefeierte Bündner zeitweilig in Untersuchungshaft und wartet nun auf die Anklage der Zürcher Staatsanwaltschaft.

Rücktritt unter Druck

Patrik Gisel (Bild unten), Vincenz’ langjähriger Vize, musste Anfang November unter Druck zurücktreten. Er hatte mit dem Verkauf von Notenstein und Vescore bereits einen Teil des überdehnten Raiffeisen-Imperiums zurückgebaut, blieb aber in seinem Führungsstil letztlich in der Ära Vincenz verhaftet.

Mit Huber wählt der Verwaltungsrat von Raiffeisen Schweiz erstmals wieder bewusst ein ganz neues CEO-Profil – und scheinbar das eines Anti-Vincenz.

Brachte es letzterer noch fertig, als Chef der Service-Zentrale in St. Gallen die ganze Gruppe sozusagen von unten herauf zu lenken, wird das für den künftigen CEO von Raiffeisen Schweiz nicht mehr möglich sein. Die Delegierten der 200 Schweizer Raffeisenbanken haben auch diesen November wieder klar gemacht, dass sie mehr Mitsprache fordern und Raiffeisen Schweiz klar als Dienstleisterin der Gruppe positioniert sehen wollen.

Gisel 500

Mehr Macht der Basis

Sinnigerweise war es Anfang 2018 der Vincenz-Vorgänger Walker, der öffentliche betonte, dass «das tragende Fundament der Raiffeisen die regionalen Genossenschaften» seien und dass diese Basis wieder mehr Einfluss brauche.

Huber dürfte sich mit solchen Forderungen gut zurechtfinden, lenkte er doch schon die TKB im Auftrag des staatlichen Eigners. Auch sonst passt sein Profil zu den gegenwärtigen Herausforderungen bei Raiffeisen. Seine IT-Kenntnisse können der Gruppe bei der mit Pannen behafteten Migration auf die neue Avaloq-Plattform dienlich sein. Zudem: Huber hatte 2014 mitgeholfen, die TKB an die Börse zu führen. Diese Kenntnisse werden helfen, wenn Raiffeisen die Umwandlung in eine Aktiengesellschaft prüft, wie es die Aufsicht fordert.

Schluss mit der Hypothekenbolzerei?

Die wichtigste Herausforderung liegt indes im Kerngeschäft der Gruppe: der Vergabe von Hypotheken. Hier ist Raiffeisen in der letzten Dekade über Markt gewachsen und mit 18 Prozent Anteil der Platzhirsch.

Wenn die Zinswende kommt – und das könnte Beobachtern zufolge in den nächsten Monaten der Fall sein – drohen dem Schweizer Immobilienmarkt Turbulenzen. Davon wird auch Raiffeisen betroffen sein. Und die Frage stellt sich, ob Retailbanking-Spezialist Huber nach der Hypothekenbolzerei von Vincenz & Co. als erstes fest auf die Bremse treten muss.

War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
  • Ja, es gab keine andere, wirtschaftlich sinnvolle Alternative.
    26.58%
  • Nein, man hätte die Credit Suisse abwickeln sollen.
    18.86%
  • Nein, der Bund hätte die Credit Suisse übernehmen sollen.
    27.98%
  • Man hätte auch ausländische Banken als Käufer zulassen sollen.
    9.04%
  • Man hätte eine Lösung mit Schweizer Investoren suchen sollen.
    17.54%
pixel