Es gehe nicht darum, ein bisschen Online- oder Mobile-Banking zu haben, so Serge Fehr im Interview. Sondern wenn es dem Kunden auf den digitalen Kanälen zu kompliziert werde, müsse er auf einen Knopf drücken können, damit er mit einem Mitarbeitenden verbunden werde, der helfen könne, sagt der Chef des Bereichs Wealth Management Clients bei der Credit Suisse.


Herr Fehr, vor einem Monat kam es in der Schweizer Universalbank der Credit Suisse zu einem Revirement. Welche Überlegungen führten dazu?

Eine ganze Reihe. Ein Ausgangspunkt war die Frage, wie wir im Schweizer Geschäft weiteres, signifikantes Wachstum generieren können. Dies auch vor dem Hintergrund, dass wir bewusst weniger Filialen haben als unsere Konkurrenten. Wir haben heute 120 Standorte, unsere Mitbewerber mehr als doppelt so viel oder gar ein Vielfaches. Gleichzeitig war uns klar, dass wir uns verstärkt mit dem fundamentalen Wandel des Kundenverhaltens auseinandersetzen müssen.

Nebst der Finanzkrise 2008, mit deren Auswirkungen die Banken bis heute beschäftigt sind, kam 2008 auch das iPhone auf den Markt. Das war der Beginn der Digitalisierungswelle. Doch die Reaktionen der Banken haben den dadurch ausgelösten Veränderungen in keiner Weise Rechnung getragen.

Weshalb?

Weil der Fokus vieler Banken ganz woanders lag. Zwar mag es Leute mit guten Ideen gegeben haben, aber man braucht auch die Mittel und die Überzeugungskraft zur Umsetzung.

Und mit dem neuen Geschäftsbereich Direct Banking unter der Führung von IT-Experte Mario Crameri wird nun alles anders?

Wir werden in Zukunft die Segmentierung viel stärker nach dem jeweiligen Verhalten der Kunden ausrichten und weniger nach deren Volumen. Die Kunden sollen selber wählen, wie sie mit uns als Bank kommunizieren wollen; ob sie den digitalen Kanal, also «High Tech», die persönliche Beratung, «High Touch», oder etwas dazwischen haben wollen. Das sind die Überlegungen hinter der jüngsten strategischen Ausrichtung. 

«Das ist wie der Checkup beim Arzt»

Mit Direct Banking entwickeln wir ein Leistungsversprechen für alle, die primär digital mit uns interagieren wollen – unabhängig davon, ob es sich dabei um rein digitale Kunden handelt oder um einen Multimillionär, der einfach nicht für alles seinen Kundenberater bemühen will.

Bei welchem Angebot ist eine digitale Lösung am dringendsten gefragt?

Für mich ganz klar: in der Vermögensplanung. Und die fängt nicht erst an, wenn man 55 Jahre alt und bis dahin vielleicht wohlhabend ist.

Sondern?

Eine Umfrage hat gezeigt, dass schon bei 23-Jährigen die grösste Sorge ist, wovon sie im Alter leben sollen. Hier wollen wir helfen. Doch «High Touch» funktioniert in diesem Fall nicht, da dies für die meisten jungen Kunden schlicht zu viel kostet. Einen Studenten mit einem Vermögensplaner sprechen zu lassen, macht darum selten Sinn, selbst wenn unser Angebot in diesem Bereich grossartig ist.

Ich mache das selber regelmässig. Das ist wie der Checkup beim Arzt – man geht einmal pro Jahr hin und weiss danach, ob alles in Ordnung ist.

Jede Studie scheint zu einem anderen Schluss zu kommen, was Bankkunden wirklich wollen.

Das sehe ich auch so. Letztlich weiss ich nicht, ob wir jemals vollständig verstehen werden, was unsere Kunden wollen – weil alle unterschiedliche Bedürfnisse mitbringen. Deshalb sollten wir auch aufhören, für sie zu entscheiden, sondern ihnen die Wahl überlassen, wie sie mit uns zusammenarbeiten möchten.

«Was passiert, wenn Sie weiter wie bisher mit Ihren Finanzen umgehen?»

Wir können vom Digipigi bis hin zur persönlichen Vorsorgeberatung alles abdecken. Jetzt arbeiten wir daran, einen noch grösseren Teil unseres Angebots digital verfügbar zu machen. Das müssen wir, denn die Veränderungen im Kundenverhalten werden im grossen Stil weitergehen. Kunden sollen selbst wählen können, wann sie welche Dienstleistungen wie nutzen wollen und auch nur dafür bezahlen müssen.

Die Leute sollen selber entscheiden? Die meisten Leute ändern ihr Verhalten nur sehr zögerlich. Wie gehen Sie das an?

Man muss den Kunden einfache, offene Fragen stellen. Zum Beispiel: «Was passiert, wenn Sie weiter wie bisher mit Ihren Finanzen umgehen?». Man sollte den Leuten keine Angst machen, sondern Neugierde auslösen und mögliche Probleme auf einfache Weise angehen.

Unsere Definition von exzellentem Service ist, den Kunden ein in finanziellen Belangen sorgenfreies Leben zu ermöglichen. Das ist unser Ziel und unser Job. Den Rest können wir nicht beeinflussen.

Eben sagten Sie, die Kunden liessen sich nicht mehr nach ihrem Vermögen segmentieren. Doch mit Ihrem Direct Banking haben Sie genau das getan. Weshalb?

War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
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