Dem untergetauchten Ex-Wirecard-Manager Jan Marsalek werden Geheimdienst-Kontakte nachgesagt. Das skandalumwitterte Fintech hat auch den deutschen Bundesnachrichtendienst bedient. Das birgt Zündstoff.

Jan Marsalek (Bild unten), der flüchtige frühere operationelle Leiter (COO) von Wirecard, hat allem Anschein nach ein Doppelleben geführt, in dem er auch Kontakte zu Geheimdiensten unterhielt. In Chat-Nachrichten brüstete er sich zuweilen mit Beziehungen zum US-Geheimdienst CIA, zum israelischen Mossad und anderen Nachrichtendiensten, wie das deutsche «Handelsblatt» (Artikel bezahlpflichtig) berichtete. Weiter behauptete er, das Gerücht, Wirecard stelle Kreditkarten für Agenten aus, sei «nicht ganz falsch».

Die Geheimdienst-Verbindungen geraten in Deutschland nun in den Fokus eines neu konstituierten Untersuchungsauschusses auf Bundesebene. Dieser soll am 29. Oktober seine Arbeit aufnehmen. Für Aufregung sorgt dabei der Fakt, dass Wirecard für den deutschen Auslandsgeheimdienst Zahlungen über knapp 22’000 Euro abgewickelt hat. Das geht aus einer Mitteilung der Bundesregierung hervor.

Flucht über Wien nach Moskau?

Nun fordern deutsche Politiker, dass der Ausschuss auch diesbezüglich Licht ins Dunkel bringt und untersucht, ob die Geheimdienst-Verbindungen nicht tiefer gehen. Dabei schwingt stets die Frage mit, warum Behörden und Aufsicht im Nachbarland das Fintech trotz zahlreichen Ungereimtheiten so lange gewähren liessen.

Wie auch finews.ch berichtete, ist beim einstigen Vorzeige-Fintech ein riesiger Buchhaltungs-Betrug aufgeflogen. In der Wirecard-Bilanz aufgeführte 1,9 Milliarden Euro existierten nicht. Dies führte unter anderem zur Verhaftung von Ex-CEO Markus Braun, nach dem untergetauchten Marsalek wird gefahndet. Wirecard befindet sich in Liquidation.

Laut dem «Handelsblatt» unterhielt Marsalek – wie Braun ein Österreicher – auch eine enge Beziehung zu einem Ex-Abteilungsleiter des österreichischen Inlandsgeheimdiensts. Mit ihm soll er sich am Tag seiner Entlassung bei Wirecard und dem Beginn seiner Flucht getroffen haben. Gegenüber der deutschen Zeitung bestritt der frühere Geheimdienstler, Marsalek geholfen zu haben.

Der frühere Wirecard-Manager soll sich aber vom Flughafen Vöslau-Kottingbrunn bei Wien aus zunächst nach Minsk in Weissrussland, später weiter nach Russland abgesetzt haben.

Marsalek 500

Markus Braun, Jan Marsalek. In der Mitte Wirecard-Produktchefin Susanne Steidl

Mutmassliche Russland-Connection

Den Blatt zufolge hält sich Marsalek nun auf einem Anwesen westlich von Moskau auf, unter der Obhut des russischen Auslandsgeheimdiensts.

Über die Russland-Connection des Österreichers wurde schon länger spekuliert. Die bei der Aufklärung des Skandals federführende britische Zeitung «Financial Times» hatte etwa berichtet, der Finanzexperte habe mit russischer Hilfe in Libyen eine 15'000 Mann starke Privatarmee aufstellen wollen, um die europäische Flüchtlingskrise zu beheben. Und weiter: Marsalek sei unter russischer Protektion in Krisen- und Kriegsgebiete in Tschetschenien und Syrien gereist.

Aktionsplan eingeleitet

Vom Untersuchungsausschuss in Deutschland sind nun weitere schrille Details in der Causa Wirecard zu erwarten. Die deutsche Regierung stellte am (gestrigen) Mittwoch einen Aktionsplan vor, der Konsequenzen aus dem Fall ziehen soll – inbesondere, was die Bilanzprüfung von deutschen Unternehmen betrifft. Ein Schlussstrich ist damit in der Affäre noch längst nicht gezogen.

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