Das Schweizer Private Banking befindet sich auf dem Abstieg vom Gewinngipfel des vergangenen Jahres. Die anstehenden Ergebnisse der Schweizer Bluechip-Banken UBS, Credit Suisse und Julius Bär werden hier zum Wegweiser.

Bei seinem Auftritt vom vergangenen Mai hatte Philipp Rickenbacher (Bild unten), Chef der Privatbank Julius Bär, eine ungute Überraschung für sein Publikum bereit. Gelder seien beim Zürcher Traditionshaus abgeflossen, warnte der Bankmanager und bestätigte den Verdacht, dass die Verwerfungen an den Börsen den Schweizer Privatbanken zusetzen.

Ein ganzer Reigen

Julius Bär wird kommenden Montag nun den Ergebnisreigen der führenden Schweizer Vermögensverwaltungs-Banken eröffnen. Am Dienstag folgt die UBS mit ihrem Halbjahres-Resultat, gefolgt von der Credit Suisse (CS) am Mittwoch, während das Zürcher Investmenthaus Vontobel am Donnerstag berichten wird.

Der rückläufige Gewinn bei der ebenfalls börsenkotierten Konkurrentin EFG International hat bereits das Bild bestätigt, das Rickenbacker zwei Monate zuvor skizziert hatte – das Swiss Private Banking befindet sich auf dem Abstieg von den Rekordresultaten der Jahre 2020 und 2021.

Rickenbacher 500

(Bild: Julius Bär)

Musterschüler haben es schwer

Entsprechend gross ist das Potenzial für Enttäuschungen, und bekanntlich haben es vorherige Musterschüler da besonders schwer. Der UBS ist es im vergangenen April gelungen, das beste Erstquartals-Resultat seit der Finanzkrise auszuweisen. Damit übertraf die Marktführerin teils sogar die zuvor im Februar neu gesteckten Ziele; nun besteht die Gefahr, dass die Geschäftsleitung um CEO Ralph Hamers (Bild unten) diesbezüglich nächste Woche Kreide fressen muss.

Sowieso in einer ungemütlichen Lage findet sich die Erzrivalin CS. Das Institut hat für das zweite Quartal bereits einen neuerlichen Verlust angemeldet. Die Grossbank ist immer noch stark mit der Aufarbeitung hausgemachter Debakel beschäftigt und zeigte im ersten Quartal eine Besorgnis erregende operative Schwäche.

Massnahmen des Managements, die als kurzfristige Treiber hätten wirken können, sind seither ausgeblieben – die Führung um den angezählten CEO Thomas Gottstein (Bild ganz unten) und den Präsidenten Axel Lehmann hält sich strikt an die noch im Jahr 2021 festgelegte Unternehmensstrategie.

Hamers 503

(Bild: UBS)

Den richtigen Ton getroffen

Betrachtet man das selbstbewussten Auftreten der UBS-Führung und die Einsilbigkeit der CS-Manager, hat Rickenbacher vergangenen Mai wohl den richtigen Ton für das neue Umfeld gefunden. Damals verordnete er der selbsternannten «pure play»-Privatbank für die nächsten drei Jahr eine Fortsetzung des «profitablen Wachstums», welches er bei Julius Bär schon seit seinem Antritt 2019 in Angriff genommen hat.

Zusätzliche Einsparungen – auch beim Personal – sollen die hohen Ausgaben für Technologie abfedern. Insgesamt setzte der CEO die Wegmarken noch konserativer als drei Jahre zuvor. Von einem flamboyantem Private Banking ist das recht weit entfernt.

Doch bei den Marktbeobachtern kommt Rickenbacher damit offensichtlich an, selbst bei den besonders pessimistisch gestimmten Analysten der britischen Privatbank Barclays. In einem hierzulande viel beachteten Report haben diese die Aktie von Julius Bär mit «Gleichgewichten» bewertet, während sie bei den Titeln der UBS und der CS rundwegs zum Verkauf raten. Die UBS-Namen haben seit Jahresbeginn knapp 5 Prozent an Wert verloren, der Aktienkurs von Julius Bär ist um 27 Prozent gefallen, jener der CS um fast 40 Prozent.

Gottstein 500

(Bild: CS)

Viel zu optimistisch

Zu Julius Bär schreiben die Analysten, die Privatbank könne sich zwar dem Marktumfeld nicht entziehen. Was den Beobachtern aber gefällt, ist die vergleichsweise hohe Marge bei den wiederkehrenden Gebühren sowie die lockereren Vorgaben betreffend der Kapitalisierung, welche Bär gegenüber den Schweizer Grossbanken geniesst. Das alles mindere das Rückschlagspotenzial und damit die Gefahr von Enttäuschungen unter den Börsianern, finden sie.

Ganz anders die UBS. Barclays hält die Ertragsschätzungen der Kollegen für die grösste Privatbank der Welt für viel zu optimistisch. Die Experten verweisen darauf, dass das Volumen der verwalteten Vermögen besonders stark vom Marktgeschehen abhängt, und damit auch die Ertragsbasis. Auf der Kostenseite sehen sie nur geringen Spielraum, was den Freiraum, den sich die Grossbank in den letzten zwei Jahren erarbeitet hat, deutlich eingrenzt. So bezweifeln die Finanzprofis etwa, dass sich die UBS ab 2023 noch derart üppige Aktienrückkäufe leisten kann.

Schreckgespenst einer Kapitalerhöhung

Bei der CS fällt die Begründung für die Verlaufsempfehlung kurz aus: Das schwieriger werdende Umfeld falle mit den bankinternen Herausforderungen zusammen. Das Institut könne zwar gegensteuern, indem es etwa die Investmentbank weiter zurückbaue. Allerdings sei es auch möglich, dass sich das CS-Management weiter «durchwurstle».

Die Analysten beleben zudem eine Befürchtung wieder, welche vergangenen Mai die Runde machte. Medien spekulierten damals, die zweitgrösste Schweizer Bank in der zweiten Jahreshälfte bis zu 1 Milliarde Franken aufnehmen. Die Barclays-Banker gehen nun davon aus, dass die CS bereits in den nächsten zwölf Monaten eine Kapitalerhöhung nötig haben könnte – was eine weitere Verwässerung des bestehenden Aktienkapitals bedeutete.

Sanktionen gegen reiche Chinesen?

Gute Nachrichten sind das nicht, zumal die drei Schweizer Bluechip-Banken den Takt für die Branche vorgeben. Die Briten erwarten für das Swiss Private Banking in den nächsten Jahren tiefere Volumen, weniger Neugeld, einen Rückgang beim «Lending» mit Lombardkrediten sowie Margendruck. Ebenfalls zu Buche schlagen könnten «strukturelle» Abflüsse – eine Folge von geopolitischen Spannungen und Sanktionen gegen die reiche Kundschaft der hiesigen Privatbanken.

So rechnen die Barclays-Analysten vor, das mögliche Sanktionen Amerikas gegen reiche Chinesen, analog zu den russischen Oligarchen, verwaltete Vermögen von rund 500 Milliarden Dollar bei der UBS, die CS und Julius Bär tangieren könnten. Angesichts solcher Unwägbarkeiten die Grössen im Auge zu behalten, die man einigermassen beeinflussen kann – Kosten und Ertrag – ist für Bankchefs sicher eine Tugend.

War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
  • Ja, es gab keine andere, wirtschaftlich sinnvolle Alternative.
    26.39%
  • Nein, man hätte die Credit Suisse abwickeln sollen.
    19.19%
  • Nein, der Bund hätte die Credit Suisse übernehmen sollen.
    27.95%
  • Man hätte auch ausländische Banken als Käufer zulassen sollen.
    9.26%
  • Man hätte eine Lösung mit Schweizer Investoren suchen sollen.
    17.21%
pixel