In der zweiten Hälfte des kommenden Jahres könnte sich der Stau bei Fusionen und Übernahmen endlich lösen. Doch bei Börsengängen gibt es auch Gegenkräfte, erklären Investmentbanker der amerikanischen Citigroup.

Die amerikanische Grossbank Citigroup rechnet in den kommenden Monaten wieder mit mehr Aktivitäten im Investmentbanking. Die makroökonomische Unsicherheit, ausgelöst durch den Ukraine-Krieg, die Inflation und die Unterbrechung der Lieferketten, habe viele Deals in Europa und den USA in der Schwebe gehalten. Dies, sagte Holger Knittel, bei Citi Leiter der Abteilung für Fusionen und Übernahmen (M&A) im deutschsprachigen Europa, jüngst vor Medienvertretern in Zürich.

Obwohl sich die Verlangsamung des Transaktionsflusses in den nächsten Quartalen noch fortsetzen dürfte, könnte sich die Kluft verringern, wenn sich die makroökonomische Situation im nächsten Jahr stabilisiert, sagte Valery Barrier, Co-Leiter Aktien-Kapitalmarkttransaktionen in Europa, Nahost und Afrika (Emea). Das würde demnach für mehr Börsengänge (IPO) sprechen, nachdem solche Transaktionen in den vergangenen Monaten auch in der Schweiz praktisch eingefroren sind.

Privatmarkt erhält oftmals Vorrang

Mit der verbesserten Stabilität könnten die Börsengänge, die in Europa in diesem Jahr im Vergleich zum Vorjahr um 70 Prozent zurückgegangen sind, in der zweiten Jahreshälfte 2023 sogar wieder ansteigen. Dies, da es einen Nachholbedarf gebe, der sich realisieren liesse, so der Kapitalmarkt-Experte.

Gleichzeitig, erklärte der Citi-Banker, werde der Trend, dass Unternehmen einen IPO hinauszögern oder abwarten, wahrscheinlich anhalten. «Die Investorenbasis für private Minderheits-Platzierungen von Kapitalbeteiligungen hat an Struktur gewonnen, und sie verfügt über besser definierte Prozesse», sagte Barrier.

Im Vergleich zum vergangenen Jahr, das eines der besten für die Aktienmärkte gewesen sei, seien die Gewinnerwartungen der Unternehmen für 2023 bereits gesunken, berichtete er aus der Praxis. Dies, da die Anleger zurzeit nicht wüssten, wie sich die Inflation, die makroökonomischen Aussichten und die Energiepreise auf die Geschäftsmodelle der Unternehmen auswirken», sagte M&A-Experte Knittel. Und es gebe noch Spielraum für weitere Herabstufungen der Gewinnschätzungen.

Markt funktioniert nicht mehr

In diesem unsicheren Klima «klafft eine Lücke zwischen dem, was Unternehmen nach Meinung der Verkäufer wert sind, und dem, was die Käufer bereit sind zu zahlen». Das führt laut Knittel zu einer Verlangsamung der Transaktionen. Verschärft werde die Situation im Bereich Leveraged Finance durch die begrenzte Anzahl von Käufern, die in der Lage seien, solche Geschäfte zu finanzieren. Das habe zur Folge, dass es für Leveraged Finance keinen voll funktionsfähigen Markt gebe. Unter Leveraged Finance versteht man mit Fremdkapital finanzierte Übernahmen, wie sie typischerweise Finanzinvestoren durchführen.

Die Geschwindigkeit, mit der sich das Investitionsumfeld in diesem Jahr verändert hat, ist laut Barrier zum Teil für diese «Unzulänglichkeit» bei Leveraged Finance verantwortlich. «Bei einigen Unternehmen sind die Aktienkurse seit Jahresbeginn um 50 Prozent eingebrochen.» Zudem verwies er auf die Geschwindigkeit, mit der die Zentralbanken die Zinserhöhungen vorantreiben.

Wenn sich der Staub gelegt hat

Die Citigroup scheint sich auf einen Aufschwung im Investmentbanking einzustellen. Zudem wurde hier die Führungsebene zuletzt mit Patrick Frowein von der Deutschen Bank und Jens Welter von der Grossbank Credit Suisse personell verstärkt.

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