Hubert Keller ist seit Anfang Jahr der alleinige Primus inter pares unter den Teilhabern von Lombard Odier. Wenn er seine Sache gut mache, werde man keine Veränderung in der Art spüren, wie die Genfer Privatbank geführt wird, sagt er im Interview mit finews.ch.


Herr Keller, das Jahr 2022 hat bei Lombard Odier Spuren beim Gewinn sowie den verwalteten Vermögen hinterlassen – das Geschäft reagiert sehr sensitiv auf die Börsenlage. Umgekehrt müsste die Gruppe nun fulminant ins angebrochene Jahr gestartet sein, oder?

Es trifft zu, dass sich die Märkte zumindest im vergangenen Januar günstig entwickelt haben. Wir sind für die nächsten 18 bis 24 Monate nun vorsichtig optimistisch, wobei ich das Wort Vorsichtig unterstreichen würde. Wir erwarten eine weiterhin restriktive Notenbank-Politik im Jahr 2023, was für volatile Börsen sorgen dürfte.

Damit wird Ihr Start als Senior Partner herausfordernd. Sein Anfang Jahr nehmen Sie die Rolle des Primus inter pares unter den Teilhabern von Lombard Odier alleine wahr. Wo werden Sie beim Unternehmen Zeichen setzen?

Unser Governance-Modell ist eine Partnerschaft, in der unsere sechs geschäftsführenden Teilhaber gemeinsam Eigentümer und Leiter der Bank sind.

«Es geht uns nicht um das Wie, sondern um das Was»

Wir treffen unsere Entscheidungen einstimmig. Als Senior Partner bin ich für die Moderation der Entscheidfindung im Partnergremium zuständig. Zudem werde ich die Gruppe vermehrt nach aussen hin repräsentieren.

Aber jede Führungsperson bringt doch ihren eigenen Stil mit, nicht?

(lacht) Ich hoffe, dass mein Stil der Lombard-Oder-Stil ist! Ich bin nun seit 17 Jahren Managing Partner und somit mit der Kultur und den Werten der Bank sehr vertraut. Wenn ich meine Sache gut mache, wird man keine Veränderung in der Art spüren, wie dieses Unternehmen geführt wird. Ein persönliches Anliegen ist mir die Nachhaltigkeit, die bereits fester Bestandteil der Strategie von Lombard Odier ist. Als deren Botschafter werde ich künftig auch auftreten.

Diesbezüglich findet im Finanzwesen gerade eine Art Backlash statt – Vermögensverwaltung-Riesen wie das US-Fondshaus Vanguard verabschieden sich aus Klima-Allianzen oder buchstabieren bei ihrem Engagement zurück. Spüren Sie dies bei Lombard Odier?

Überhaupt nicht. Wir haben für uns ganz klar definiert, was Nachhaltigkeit bedeutet: Performance, Performance, Performance und nochmals Performance! Zudem geht es uns nicht um das Wie – das ist der Kern der aktuellen ESG-Diskussion – sondern vielmehr darum, was die Unternehmen tatsächlich tun, um die enormen neuen Gewinnmöglichkeiten zu nutzen, die sich aus dem ökologischen Wandel ergeben.

«Wenn sich die Gelder unserer Kundschaft gut entwickeln, geht es auch uns gut»

Beide Botschaften können wir unseren Kunden gut vermitteln, und wir investieren stark in die Thematik. Auch im schwierigen letzten Jahr haben wir drei neue Fonds lanciert.

Die Gruppe registrierte 2022 rund 3 Milliarden Franken an Neugeld, gemessen an 300 Milliarden Franken an Kundenvermögen. Sind Sie damit zufrieden?

Unsere Strategie beinhaltet vier Prioritäten: Neben dem Angebot an nachhaltigen Produkten, dem Ausbau im Bereich Privatmarkt-Anlagen und Investitionen in unsere Technologieplattform ist dies das organische Wachstum. Entsprechend zentral ist für uns das Neugeld, das wir von bestehenden und neuen Kunden gewinnen. Hier haben wir in den vergangenen Jahren ansehnliche Werte verzeichnet.

Die Ertragskraft von Lombard Odier hängt sehr stark von den verwalteten Vermögen ab, was sich 2022 zumindest als Achillesferse für Sie erwies. Fühlen Sie sich wohl mit dieser Abhängigkeit?

Wir haben uns dafür entschieden, ein fokussiertes Geschäftsmodell zu betreiben. Wir möchten unser Geld primär mit der Beratung und der Verwaltung der Vermögen unserer Kunden verdienen. Dies führt zu einer Harmonisierung der Interessen – wenn sich die Gelder unserer Kundschaft gut entwickeln, geht es auch uns gut. Die mehr als 200-jährige Geschichte von Lombard Odier sagt uns, dass dieses Geschäftsmodell funktioniert.

Sie sind ein Vertreter des Asset Management. Wird dieses bei Lombard Odier künftig an Bedeutung gewinnen?

Wir schlüsseln die Erträge des Geschäfts mit Institutionellen und Privatkunden nicht gesondert auf. Die Wachstumsansätze sind jedoch unterschiedlich. Während wir im Private Banking vor allem über die Akquisition von mehr Kundengeldern zulegen, bieten im Asset Management die Lancierung neuer Produkte, die Skalierung bestehender Angebote sowie der Zugang neuer Kunden Möglichkeiten zum Wachstum.

Wird Lombard Odier zu einem Investmenthaus, wie dies Vontobel in Zürich für sich in Anspruch nimmt?

Investments sind bereits seit unserer Gründung im Jahre 1796 unsere raison d’être.

«Ob weitere Berater den Weg von der Credit Suisse zu uns finden, wird sich weisen»

Wir sehen uns daher als Investmenthaus. Allerdings betreiben wir das Private Banking und das Asset Management schon seit Dekaden als unsere zwei Hauptstandbeine. An diesem Modell möchten wir festhalten.

Im Private Banking ist Lombard Odier im vergangenen Jahr auch in der Schweiz mit dem Engagement diverser Kundenberater aufgefallen. Welchen Vorgaben folgen Sie hier?

Wir haben 2022 unter den Strich 64 neue Stellen geschaffen. Es ist jeweils unsere Ambition, pro Jahr 30 bis 60 neue Kundenberater zu engagieren. Wir sind hier nach Plan unterwegs.

Mehrere Private Banker wechselten von der kriselnden Konkurrentin Credit Suisse zu Ihnen. Werden Ihnen noch weitere Kollegen von der Grossbank folgen?

Ich möchte festhalten, dass die gegenwärtige Lage der Credit Suisse weder für deren Angestellte, die Kunden noch für den Schweizer Bankenplatz erspriesslich ist.

«In Asien wollen wir explizit in den jeweiligen Heimmärkten Fuss fassen»

Es entspricht aber der Erfahrung, dass in einer solchen Situation Kunden und Mitarbeitende manchmal die Bank wechseln. Ob weitere Berater den Weg von der Credit Suisse zu uns finden, wird sich weisen.

Lombard Odier erweitert ja nicht nur in der Schweiz die Reichweite, sondern auch in fernen Regionen wie Asien. Dort ist die Gruppe kürzlich eine Partnerschaft mit der japanischen Bank Mizuho eingegangen. Was ist das Kalkül dahinter?

In dieser Region wollen wir nicht nur Offshore-Kunden bedienen, sondern explizit in den jeweiligen Heimmärkten Fuss fassen. Dazu arbeiten wir mit örtlichen Partnerbanken zusammen – wir liefern ihnen ein umfassendes, auf die Bedürfnisse ihrer inländischen Kunden zugeschnittenes Anlageangebot. Solche Partnerschaften unterhalten wir bereits in Thailand, den Philippinen, Indonesien, Taiwan und nun mit Mizuho in Japan.


Huber Keller amtet seit Anfang 2023 als alleiniger Senior Managing Partner der Teilhaber-geführten Privatbank Lombard Odier. Er sitzt seit 2006 im Partnergremium und wirkte bis 2020 als Chef von Lombard Odier Investment Managers (LOIM), dem Fondsarm des Instituts. Die Genfer Gruppe verwaltete per Ende vergangenen Jahres mit 2’718 Mitarbeitenden in 25 Geschäftsstellen weltweit Kundenvermögen von insgesamt 300 Milliarden Franken. 2022 erzielte Lombard Odier einen Gewinn 243 Millionen Franken, ein Minus von 10 Prozent zum Vorjahr.

War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
  • Ja, es gab keine andere, wirtschaftlich sinnvolle Alternative.
    26.49%
  • Nein, man hätte die Credit Suisse abwickeln sollen.
    18.97%
  • Nein, der Bund hätte die Credit Suisse übernehmen sollen.
    27.97%
  • Man hätte auch ausländische Banken als Käufer zulassen sollen.
    8.96%
  • Man hätte eine Lösung mit Schweizer Investoren suchen sollen.
    17.6%
pixel