Ein Fintech-Startup zu gründen, ist eine grossartige Sache, zumal heute hunderte Millionen an Risikokapital in die Branche fliessen. Umso mehr sollten Unternehmer diese zehn Tipps Ernst nehmen.

Die spanische Grossbank Santander gehört in Europa zu jenen Finanzinstituten, die sehr früh das Potenzial in Fintech erkannt haben. Unter anderem hat Santander den Innoventures Fonds in London gegründet und mit 100 Millionen Dollar ausgestattet. Unter den Venture Partnern ist Pascal Bouvier (Bild), ein alter Hase im Bereich Venture Capital.

Pascal Bouvier

Seit 2014 ist Santander Innoventures aktiv und hat in der Zeit mit hunderten Fintechs zutun gehabt, in manche investiert und zahlreiche vielversprechende Geschäftsideen scheitern sehen. Hier sind Bouviers 10 Punkte, die ein Fintech in den Untergang führen.

1. Sie vergessen die Lizenzen und Bewilligungen

Viele Fintechs sehen sich als eigentliches Tech-Startup, dessen Kernaktivität das Programmieren von Software oder Algorithmen ist. Doch sobald diese im Bereich B2C, also für Endkunden, zur Anwendung kommen, braucht es Bewilligungen und Lizenzen.

Vielen brillanten Software-Ingenieuren mag es nicht bewusst sein, dass die Finanzbranche hoch reguliert ist. Wer das jeweilige Regulierungsumfeld nicht kennt, hat seine Hausaufgaben nicht gemacht – und verliert anschliessend enorm viel Zeit und Geld, das Versäumnis aufzuholen.

2. Sie denken nicht an den Aufwand, Investments von strategischen Partnern zu holen

Ein Fin- oder Insurtech, das Kapital von Banken oder Versicherungen holen will, muss sich bewusst sein, was dies bedeutet: Diese Investoren dürfen schlicht nichts dem Zufall oder in Unklarheit lassen, sonst haben sie ein regulatorisches Problem. Governance, Reporting, Informationsfluss und – natürlich – Lizenzen und Bewilligungen sind alles Themen, die hieb- und stichfest abgeklärt werden müssen. Zudem sollten sich Fintech-Unternehmer bewusst sein, dass solche Investoren einen ganz anderen Hintergrund bezüglich Unternehmenskultur haben.

3. Compliance als lästiges Übel betrachten

Die Regeln nicht einzuhalten, bedeutet oft das Todesurteil für ein Fintech. Der Regulator sieht es so: Stimmt die Compliance in einem Startup nicht, hat das Startup auch nicht die Absicht compliant zu werden. In entsprechendes Personal früh zu investieren, ist ein Schlüssel zur Zukunft.

4. Einen Risikokapitalgeber wählen, der von Fintech keine Ahnung hat

In jeder Branche und Industrie zählt eines: Erfahrung, Erfahrung und nochmals Erfahrung. Die Finanzindustrie ist in ihrer Komplexität keine Ausnahme dieser Regel. Risikokapitalgeber mit Finanzerfahrung sind darum unglaublich wertvoll.

5. Ein Fintech wie ein gewöhnliches Startup zu beurteilen

Ein sogenannter «Serial Entrepreneur», der sich nach einigen erfolgreich verlaufenen Startup-Gründungen nun im Fintech-Bereich versucht, wird auf eine Welt mit ihren eigenen Regeln treffen: Die Welt des Geldes.

Geld ist der Mittelpunkt einer hochregulierten und auch psychologisierten Dreiecksbeziehung zwischen Kunden, Banken und Regulatoren, in der die Interessen vielfach nicht übereinstimmen. Es ist unglaublich viel schwieriger einen unabhängigen digitalen Wealth Manager aufzubauen als einen Mode-Onlineshop.

6. Günstiger ist nicht gleich besser

Ein Treiber in der Digitalisierung der Finanzbranche ist der Zwang zu Kostensenkungen. Viele Fintechs glauben daher, dass sie mit besserer Technologie und günstigeren Preisen für Dienstleistungen und Produkte bereits gewonnen haben. Das funktioniert in den wenigsten Fällen.

Etablierte Banken sitzen aufgrund ihrer bereits existierenden Kundenbasis am deutlich längeren Hebel, einen Preiskrieg auf Dauer zu gewinnen.

7. Ein Patent bietet nicht den erhofften Schutz

Ein Fintech hat eine Technologie oder einen Software-Baustein entwickelt, den es als sein geistiges Eigentum betrachtet und darum schützen lassen will. Leider ist dies meistens sinnlos: Vielfach haben Konkurrenten in der Finanz- oder der Fintech-Branche bereits etwas Ähnliches in der Pipeline oder die entsprechende Technologie kann ohne viel Anstrengungen weiter optimiert werden – von anderen. Geistiges Eigentum ist keine Basis für ein Geschäftsmodell.

8. Der Payment-Bereich ist am einfachsten zu knacken – eben nicht

Der Bereich Payments – Bezahllösungen – bietet für Fintechs die tiefsten Eintrittshürden. Doch ist es der schwierigste Bereich, um erfolgreich zu sein. Denn hier geht es nicht darum, einem Kunden ein Produkt zu verkaufen. Im Bereich Payments müssen Nutzer, Händler und Banken überzeugt werden.

9. Die komplexe Gesetzesmaterie vergessen

Die Finanzwelt ist unglaublich komplex, was Regeln und Gesetze betrifft: Kapitalmarktgesetze, Kreditmarktgesetze, Konsumentenschutz, Schutz der Privatsphäre etc. In einem Fintech-Businessplan sollte diesen Aspekten viel Platz eingeräumt werden.

10. Die Gesetze der Ökonomie vergessen

Jeder Unternehmer weiss: Die Entwicklung der Wirtschaft und ihre Zyklen haben einen enormen Einfluss auf die Entwicklung des eigenen Geschäftes. Für Fintechs gilt dies besonders. Zum Beispiel Crowdlending-Plattformen: Viele Geschäftsideen von Fintechs sind aufgrund des tiefen Zinsumfeldes entstanden.

Was geschieht aber, wenn die Zinsen wieder ansteigen? Ist das Geschäftsmodell auch in diesem Zyklus noch konkurrenzfähig? Szenarien in das Geschäftsmodell einzuplanen, ist darum von enormer Wichtigkeit.

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