Notenbanken: 2026 könnte es zum grossen Auseinanderdriften kommen

Vergleichsweise einfach sind die von den Ökonomen formulierten Erwartungen für die Schweizer Wirtschaft im Jahr 2026. Sowohl das Seco als auch das KOF Institut rechnen mit einem Wachstum des Bruttoinlandprodukts (BIP) von 1,1 Prozent. Dies bei einer tiefen Inflation von 0,3 Prozent und einer steigenden Arbeitslosigkeit auf 3,1 Prozent.

Für die Schweizerische Nationalbank (SNB) würde das weder das Abdriften in den Bereich der negativen Zinsen nötig machen, noch Spielraum bieten für Zinssteigerungen. Für Negativzinsen müsste schon eine massive Verschlechterung des Konjunkturumfelds eintreten.

Das SNB-Direktorium hatte mehrfach darauf hingewiesen, dass die bereits vorgenommenen, frühzeitigen Zinssenkungen die Geldpolitik expansiv halten und die Wirtschaft stützen. Der sogenannte «Zoll-Deal» mit den USA hat die Abwärtsrisiken deutlich verringert und dürfte die Konjunktur stützen.

Setzt sich Frankenstärke fort?

Überraschungen könnte es von Seiten der Währungen geben. Zwar rechnen viele Volkswirte mit einer Fortsetzung der Frankenstärke und einem weiter schwachen Dollar. Die Attraktivität des Franken könnte aber abnehmen, wenn sich die Wirtschaft in der EU spürbar belebt. Auch die höheren EZB-Zinsen dürften den Druck begrenzen.

Die EZB hat an ihrer letzten Sitzung des Jahres am 18. Dezember die Zinsen wie erwartet unverändert bei 2,0 Prozent belassen. Dabei wurde jedoch die Inflationserwartung leicht angehoben. Für 2026 rechnen die Volkswirte des Eurosystems mit einer Inflation von 1,9 Prozent nach 2,2 Prozent 2025. Das Wirtschaftswachstum dürfte höher ausfallen als in den September-Projektionen angenommen, getragen vor allem durch die Binnennachfrage. Das Wachstum wurde für 2025 auf 1,4 Prozent, für 2026 auf 1,2 Prozent und für 2027 auf 1,4 Prozent nach oben revidiert.

«Wir haben die Erwartung an die Aktivität angehoben, aber auch die Inflationserwartung», sagte EZB-Präsidentin Christine Lagarde (Bild unten).

ECB President Christine Lagarde explains the Governing Council's monetary policy decisions and answers questions from journalists at the Governing Council press conference held on 18 December 2025 at 14:45 CET in Frankfurt am Main. The President is joined on stage by Vice President Luis De Guindos and Head of Communications at the ECB Wolfgang Proissl.

Christine Lagarde. (Bild: EZB)

Im kommenden Jahr wird bei der EZB auch die Lagarde-Nachfolge Thema sein. Ihre Amtszeit läuft zwar erst Ende Oktober 2027 aus, doch das Gerangel um die Neubesetzung dürfte spätestens im Herbst des kommenden Jahres beginnen. Nach dem ersten EZB-Chef, dem Niederländer Wim Duisenberg, dem «Whatever it takes»-Präsidenten Mario Draghi und der Französin Lagarde könnte die Wahl diesmal auf einen oder eine Deutsche fallen. Das wäre dann etwa der Präsident der Bundesbank Joachim Nagel. Vor einigen Wochen hatte sich auch Direktoriumsmitglied Isabel Schnabel selbst ins Spiel gebracht –, ein äusserst ungewöhnlicher Schritt. «Wenn ich gefragt würde, stünde ich bereit», hatte sie in einem Interview gesagt.

Gegen eine deutsche Besetzung sprechen aber ebenfalls einige Fakten. Mit EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und der Chefin der EZB-Bankenaufsicht Claudia Buch sind bereits wichtige Posten von dem Land besetzt. Als weitere mögliche Kandidaten werden auch der ehemalige Chef der Banco de España Hernández de Cos genannt oder der langjährige niederländische Notenbankchef Klaas Knot.

Auch bei der US-Notenbank Federal Reserve ist die Entscheidung um die Nachfolge von Jerome Powell (Bild unten) noch nicht gefallen. Derzeit gilt der Trump-Vertraute Kevin Hassett als wahrscheinlichster Kandidat. Um zum Fed-Präsidenten berufen werden zu können, muss er erst einmal in den Gouverneursrat aufgenommen werden. Fraglich ist zudem, ob Powell mit seinem Amtsende im Mai auch als Gouverneur zurücktritt. Ebenfalls im Rennen sind das ehemalige FOMC-Direktoriumsmitglied Kevin Warsh und das aktuelle Direktoriumsmitglied Christopher Waller

Uneinigkeit im Offenmarktausschuss

Bis zu einer endgültigen Entscheidung könnten die Personalthemen in den USA für Unruhe sorgen. Die Finanzmärkte mögen bekanntlich keine Überraschungen oder Unklarheit. Das macht auch die Reaktion auf den jüngsten Entscheid deutlich. Die Zinssenkung um 0,25 Prozentpunkte auf eine Spanne von 3,5 bis 3,75 Prozent an sich war dabei kaum Thema. Für Schlagzeilen sorgte vielmehr die Uneinigkeit im Offenmarktausschuss (FOMC). Drei der insgesamt zwölf Mitglieder hatten gegen die Senkung votiert. Einer war für einen grossen Zinsschritt um gleich 50 Basispunkte eingetreten und zwei für eine Beibehaltung.

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Jerome Powell. (Bild: Screenshot Federal Reserve)

Eines ist sicher. Unter dem Powell-Nachfolger wird die Diskussion um die Unabhängigkeit der Notenbank weitergehen. Dass Präsident Donald Trump mehr Einfluss in der Geldpolitik ausüben will, hat er wiederholt und lautstark deutlich gemacht.

Die Prognosen der Volkswirte rechnen in den USA zum überwiegenden Teil mit zwei weiteren Senkungen. Die Datenlücke durch den Shutdown im Herbst dürfte bald wieder überwunden sein. Zuletzt hatten die teils nachgereichten Arbeitsmarktdaten, die BIP-Entwicklung und die Inflation diese Sicht unterstützt.

Briten weiter auf Senkungspfad

Vergleichsweise klar ist die Situation bei der Bank of England. Die schwache Wirtschaft, sinkende Inflation und ein abflauendes Lohnwachstum dürften auch im neuen Jahr die Weichen für weitere Senkungen stellen. Im Dezember wurden die Zinsen um 25 Basispunkte auf 3,75 Prozent gedrückt. Die Entscheidung in dem neunköpfigen Gremium fiel mit fünf zu vier jedoch denkbar knapp aus.

BoE-Chef Andrew Bailey hatte dabei insbesondere der Teuerung ein hohes Gewicht eingeräumt. Die Verbraucherpreise wiesen im November einen Anstieg von 3,2 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat aus, nach noch 3,6 Prozent im Oktober.

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(Grafik UPB)

Japaner haben ihren eigenen Zyklus

Die Bank of Japan (BoJ) hat ihren Leitzins auf den höchsten Stand seit 30 Jahren angehoben und weitere Zinserhöhungen angekündigt. Der geldpolitische Ausschuss unter dem Vorsitz von Gouverneur Kazuo Ueda hat den Zinssatz einstimmig um einen Viertelprozentpunkt auf 0,75 Prozent angehoben.

Die Zentralbank verwies auf die steigende Wahrscheinlichkeit, dass sich die Konjunkturprognose bewahrheiten wird. Die Daten würden ein solides Lohnwachstum und nachlassende Risiken durch US-Zölle zeigen. Die Zinsänderung war erwartet worden.

Die BOJ hat deutlich gemacht, dass der Zinserhöhungszyklus fortgesetzt wird. Sie werde die Kreditkosten weiter anheben, wenn sich ihre Konjunkturprognose als zutreffend herausstellt. Zudem steige die zugrundeliegende Inflation weiterhin moderat.