Gerhard Walde ist der Grandseigneur unter den Immobilienmaklern. Im Interview mit finews.ch sagt er, warum er hohe Immobilienpreise nicht mag und wo tatsächlich eine Blase zu platzen droht.


Herr Walde, Sie sind seit 34 Jahren als Immobilienmakler tätig. Wie hat sich das Geschäft in dieser Zeit verändert?

Grundsätzlich ist es immer noch gleich. Was sich allerdings verändert hat, ist der Anteil an Eigentümern, auch wenn man die genaue Quote nicht weiss. Nach dem letzten Stand waren es rund 30 Prozent. Mittlerweile liegen die Schätzungen zwischen 38,5 und 40 Prozent. Das heisst also, der Anteil der Immobilieneigentümer hat in letzten zehn bis zwölf Jahren einen enormen Sprung gemacht. Der Grund dafür ist vor allem der Boom bei den Eigentumswohnungen und damit wiederum die Zinssituation. Obwohl sich in den letzten zehn Jahren die Preise verdoppelt haben, ist es tendenziell immer noch günstiger zu kaufen, als zu mieten. Zumindest im unteren und mittleren Segment.

Im obersten Segment ist das also nicht mehr der Fall?

Wo ist das oberste Segment? Da gibt es starke lokale Unterschiede. In Uster ist vielleicht eine Wohnung für 1,5 bis 2 Millionen Franken schon im obersten Segment, in Küsnacht an der Goldküste sicher nicht. Zudem stellt sich die Frage: Was ist Luxus? Für eine Wohnung im Zürcher Kreis 1 sind 1,5 Millionen Franken nicht viel, aber wenn es nur ein Studio ist, ist das teuer.

Hat sich die Definition von Luxus verschoben? Gerade in Zürich und Umgebung können sich ja junge Leute ohne Vermögen auch eine normale Wohnung eigentlich nicht leisten.

Ja, einfach weil es zu schwierig ist, das entsprechende Eigenkapital aufzubringen. Aber eigentlich ist es ja vernünftig, auf die Tragbarkeit zu achten. Dass man 20 Prozent Eigenkapital bringen muss, ist vernünftig und richtig. Die 80 Prozent kann man sich angesichts der Zinssituation ja noch leisten, wenn man einen guten Lohn hat. Teilweise ist das sogar weniger als die Miete. Ob die Berechnung der Tragbarkeit auf der Basis von 5 Prozent noch richtig ist, ist eine politische Frage, bei der ich mich der Stimme enthalte.

Woran liegt es denn, dass die Preise so stark gestiegen sind?

Am mangelnden Angebot. Wenn das Angebot grösser wäre, wäre die Preisentwicklung nicht so weitergelaufen. Der Markt an Mietwohnungen wächst, das sieht man eindeutig. Die Mieten im oberen Segment sind unter Druck, und zwar nicht nur im Jura und in Turbenthal, sondern auch hier.

«Für uns sind hohe Preise nicht gut»

Beim Stockwerkeigentum an guten Lagen, nicht nur mit Seesicht, sondern auch an 2a-Lagen, gibt es kein Angebot. Wenn Sie eine normale Dreizimmerwohnung in der Stadt Zürich kaufen wollen, finden sie nicht viel. Darum sind die Preise hoch. Nicht nur wegen der tiefen Zinsen.

Warum ist das Angebot so knapp?

Wir haben keinen Boden und wir haben Anlagenotstand. Wegen den Minuszinsen flüchten Pensionskassen und alle anderen Anlagegefässe in Mietwohnungen, obwohl dort ein Überangebot herrscht. Nur ganz wenige setzen auf Stockwerkeigentum. Die Investoren wollen nicht verkaufen, sondern setzen auf langfristige Mieteinnahmen.

Ist diese Entwicklung für Sie gut?

Für uns sind hohe Preise nicht gut. Das ist ein Ammenmärchen. Man könnte meinen, Makler seien an hohen Preisen interessiert. Aber in Zürich sind wir glücklich mit einem Honorar zwischen 2 und 3 Prozent. Im Tessin oder im Welschland bekomme ich vielleicht 3 bis 4 Prozent. Im Ausland verdient man sogar bis zu 8 Prozent.

Weshalb ist es hier so viel weniger?

Die Branche hat sich kannibalisiert. Und eben: Als Makler bin ich nicht an einem hohen Preis interessiert. Was nützen mir 2 bis 3 Prozent von 4 Millionen, wenn ich nicht verkaufen kann? Ich hätte lieber mehrere Angebote von 3 Millionen. Aber die Verkäufer wollen möglichst hohe Preise und verlangen von uns natürlich, dass wir diese holen.

«Volumen und hohe Preise wäre wie Weihnachten»

Das ist unser Problem. Es gibt keinen Job, wo sie so extrem zwei Kunden mit divergierenden Interessen haben. Der Verkäufer will einen möglichst hohen Preis und das möglichst schnell. Der Käufer will einen tiefen Preis und sich für die Suche viel Zeit nehmen. Wir als Makler wollen möglichst viele Transaktionen und nicht möglichst hohe Preise. Ich kann nur mit Volumen leben. Wobei viel Volumen und hohe Preise natürlich wie Weihnachten wäre.

Gibt es bei Immobilien im ganz oberen Segment überhaupt genug potenzielle Käufer?

Jede Bestandesimmobilie ist ein Unikat. Architektur ist etwas sehr Individuelles, das entweder gefällt oder nicht. Am Anfang hat man vielleicht zehn Interessenten, aber vielleicht ist es manchen zu modern, anderen zu klassisch. Zudem müssen sich oft Frau und Mann einig sein, der Preis und der Ort müssen stimmen – da reduziert es sich wahnsinnig. Es ist nicht so, dass sich zehn Parteien um eine Immobilie schlagen. Aber für eine gute Immobilie an einer Toplage hat man schon immer noch zwei bis drei ernsthafte Interessenten.

Bei leeren Grundstücken ist das Interesse dementsprechend grösser?

Dort gibt es sicher einen ernsthafteren Wettbewerb, vorausgesetzt die Lage ist einfach top. Natürlich hängt es davon ab, in welcher Bauzone es liegt. Wenn es auf einem Plateau liegt, wo es vorne runter geht und man für immer unverbaubare Seesicht hat, sind den Phantasien fast keine Grenzen gesetzt, da ist die Luft nach oben offen.

«Von brutalem Abriss redet man nicht mehr»

Leere Grundstücke gibt es allerdings wirklich sehr wenig. Eher noch alte Häuser wo man dann «Rückbau» macht. Von brutalem Abriss redet man nicht mehr, auch wenn es sich genau darum handelt. Ist es irgendein Haus aus den fünfziger oder sechziger Jahren, das sich auch vernünftigerweise nicht zu renovieren lohnt? Oder etwas Kleines, wo die Bauzone mehr Nutzungsfläche zulässt?

Sind die Häuser grösser geworden?

Tendenziell schon. Wir reden immer von der berühmten Verdichtung, die immer noch zu wenig stattfindet. Ich bin ein Riesenfan von Verdichtung in der Stadt – und auch Orte wie Zollikon gehören eigentlich zur Stadt. Wenn sie mit einem Boot oder mit dem Schiff vom See auf beide Seiten schauen, dann ist im Vergleich mit anderen Städten immer noch alles unheimlich grün.

Was hindert uns denn daran, einfach 100 Meter weiter in die Höhe zu bauen?

War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
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