Technologie, Daten und die Wissenschaften seien wichtig im Asset Management, aber grossartige Ideen kämen von klugen Köpfen, sagt Yves Guntern im Interview. 


Yves Guntern, wie definieren Sie Erfolg?

Anders als im Sport, wo Erfolg als Resultat eines Wettkampfs gemessen wird, sehe ich den Erfolg in Wirtschaftsfragen nicht so «schwarz-weiss». Auf dem Erfolgspfad kann man zwar Herausforderungen überwinden und wichtige Ziele erreichen, aber wirklicher Erfolg kann nur mit der Zeit erreicht werden.

Echter Erfolg kommt von der Fähigkeit, sich an ein ständig änderndes Umfeld anzupassen, in welchem sich einerseits die Technologie vorzu weiterentwickelt und in dem es anderseits notwendig ist, sowohl die Investoren als auch die Mitarbeiter zufrieden zu stellen.

Haben Sie jemals eine berufliche Entscheidung bereut?

Ich dachte es, aber dann wurde mir das Gegenteil bewiesen. An einem Punkt in meiner Karriere traf ich die Entscheidung, eine bequeme, interessante Position in einer sehr guten Bank zu verlassen, um eine aufregende neue Herausforderung abseits der ausgetretenen Pfade zu erhalten – dies in einer russischen Bank.

Obwohl es eine unglaubliche Erfahrung war, stellte ich diese Entscheidung im Nachhinein manchmal in Frage. Erst später wurde mir klar, dass diese Erfahrung einen positiven Einfluss auf das Erreichen meiner heutigen Position hatte. Ich bereue nichts, denn jede Entscheidung, die ich getroffen habe, hat meine Erfahrung bereichert.

Was macht Ihnen an Ihrem Job am meisten Spass, was am wenigsten?

Die Menschen und das schnelle Tempo in unserem Umfeld machen mir am meisten Spass. Unsere Branche zieht hochtalentierte Personen an, und ich schätze mich glücklich, mit vielen dieser interessanten Menschen in Kontakt zu kommen. Technologie, Daten und die Wissenschaften sind wichtig in unserem Geschäft, aber grossartige Ideen kommen von klugen Köpfen.

Der Erfolg von Millennium ist sehr stark mit der Fähigkeit verbunden, viele Talente für sich zu gewinnen und sie auf einen gemeinsamen Weg einzuschwören. Wir arbeiten in einem sehr anspruchsvollen und wettbewerbsintensiven Umfeld, aber es gelingt uns, eine hervorragende Atmosphäre zu schaffen, die unsere Motivation fördert. Teil eines Unternehmens zu sein, in dem Veränderungen die Norm sind und nicht die Ausnahme, spornt mich jeden Tag an.

Was ich am wenigsten mag ist der Umstand, dass die Ergebnisse unserer Tätigkeit bisweilen als etwas nicht Fassbares angesehen werden und meine Kinder haben immer noch Mühe zu verstehen, was ich tagtäglich tue. Glücklicherweise gibt es ausserhalb der Arbeit viele verschiedene Möglichkeiten, sich zu verbinden und konkretere Beiträge zu leisten.

Welchen Stellenwert haben soziale Medien bei Ihnen?

Es gibt viele positive Eigenschaften von Social Media, und ich nutze sie täglich – seien es Nachrichtenkanäle, Networking-Websites oder die unendlichen Informationsquellen im Internet. Mir gefällt die Idee, dass der Zugang zu sozialen Medien in den entwickelten Ländern kultur-, grenz-, sozialschichten- und generationenübergreifend ist.

Ich habe Accounts in sozialen Medien, dies nicht so sehr, weil ich mich für alle Inhalte interessiere, sondern eher, weil es mir Spass macht, die Entwicklung der Technologie zu verfolgen und zu sehen, wie sie unsere Gesellschaft transformiert. Natürlich bin ich auch besorgt über die Gefahren der Sucht, des Cyberbullying und der Desinformation – sprich: Fake News. Mit meiner Frau und meinen Kindern haben wir kürzlich beschlossen, diese Risiken als eine Familienangelegenheit zu betrachten, damit auch unsere Kinder den Anreiz haben, uns über die Gefahren, von denen sie hören, zu informieren.

Das gibt ihnen natürlich auch das Recht, Kommentare abzugeben, sollte ich etwa während des Essens zum Telefon greifen, um ein E-Mail zu beantworten.

Welches Buch lesen Sie gerade?

Ich habe soeben «L'Homme de Constantinople» fertig gelesen – ein Roman, der auf der wahren Geschichte von Calouste Gulbenkian basiert, dem Ölmagnaten und reichsten Mann der Welt Mitte des letzten Jahrhunderts. Der Autor JR Dos Santos ist vor allem durch sein Buch «Das Einstein-Rätsel» bekannt. Er schreibt Romane, die auf wissenschaftlichen und historischen Fakten aufbauen.

Ich finde es eine sehr unterhaltsame Art und Weise, mehr über faszinierende Themen zu erfahren. Ich lese auch regelmässig Biographien oder Themen zur persönlichen Entwicklung, beispielsweise auf Apps wie Koober, die Bücher in 20 Minuten zusammenfassen. Letzteres ist gut investierte Zeit, während man etwa auf das Einsteigen ins Flugzeug wartet.

Was machen Sie während einer Kurzreise, etwa von Genf nach Zürich?

Innerhalb der Schweiz reise ich nur mit dem Zug, und das meist in den frühen Morgen- oder Abendstunden. Es gibt dort meines Erachtens weniger Ablenkung als im Büro, und ich finde es eine gute Gelegenheit, um an Dingen zu arbeiten, für die ich normalerweise weniger Zeit hätte – so etwa Präsentationen oder Berichte schreiben und meine Mails zu bearbeiten. Die dreistündige Reise finde ich oft zu kurz!

Wofür sind Sie dankbar?

Ich bin dankbar für die Ausbildung, die ich erhalten habe. Sie hat mir die Werkzeuge gegeben, um mit einem Gefühl von Freiheit und Verantwortung zu wachsen. Ich bin auch dankbar für die Unterstützung, die ich von meiner Frau erhalte, und für die Arbeit, die sie zusätzlich zu ihrer beruflichen Verantwortung leistet, so dass ich mich voll und ganz auf meine Arbeit konzentrieren kann. Und schliesslich bin ich dankbar dafür, dass meine Familie und ich bei guter Gesundheit sind.

Wenn Sie ein Land aussuchen dürften: Wo würden Sie am liebsten leben und wieso?

Die Lebensqualität, die wir hier in der Schweiz haben, ist kaum zu übertreffen, aber wenn Sie andere Länder kennen, die Schweizer Stabilität und Demokratie, hohe Berge, ein mediterranes Klima und italienisches Essen als Nationalgericht bieten – dann würde mich dies schon interessieren!


Yves Guntern stiess 2017 zur «Alternative Investments»-Firma Millennium und agiert als CEO für die Schweiz. Er begann seine Karriere im Jahr 2000 bei MSCI, bevor er 2003 in das Team für alternative Anlagen der Union Bancaire Privée (UBP) wechselte. Von 2007 bis 2009 arbeitete er für eine russische Investmentbank, bevor er 2010 wieder zur UBP zurückkehrte, wo er Leiter der Abteilung für Alternative Investments wurde. Millennium ist ein globaler Investment Manager, der 1989 gegründet wurde, ein Vermögen von 40 Milliarden Dollar verwaltet und mehr als 3'000 Mitarbeiter in den USA, Europa und Asien beschäftigt. Als CEO von MCP Switzerland leitet Gutern die Portfolio Management-Aktivitäten von Millennium in Genf, Pfäffikon, Zug und Zürich.

Dieser Beitrag erscheint in Zusammenarbeit mit der Asset Management Platform.

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