Die Uhr für die unabhängigen Vermögensverwalter in der Schweiz tickt, seit Jahresbeginn sind neue Verordnungen in Kraft. Manche Akteure machen sich bereit, um aus der erwarteten Konsolidierungswelle als Sieger hervorzugehen.

Stefan Bucher ist ein umtriebiger Unternehmer. Vor rund 18 Jahren gründete er die Corum Vermögensverwaltung in Zürich. Inzwischen kontrolliert Bucher ein kleines Finanzimperium, das bis nach Australien reicht.

Mit Swic-Gateway (Swic steht für Swiss Invest Coin) will Bucher in die Tokenisierung von Fonds und anderen Finanzprodukten einsteigen. Die Beteiligung an einem Broker in Australien soll Vertriebsmöglichkeiten im Raum Asien-Pazifik ermöglichen. Beteiligt ist er auch an Samuel Haas & Partner, einem Family Office für Profisportler. Die Fondsinformations-Plattform Swiss Fund Platform gehört der Corum Holding, wie auch das Beratungsunternehmen Rocum.

Für die meisten heisst es: Höhere Kosten

Mit verwalteten Vermögen wohl jenseits der Milliardengrenze gehört Corum nicht zu den Vermögensverwaltern, die sich aufgrund der seit Jahresbeginn geltenden Fidleg-Finig-Verordnung Sorgen machen müsste. Dies im Gegenteil zu den über 2'500 unabhängigen Vermögensverwaltern in der Schweiz, die im Durchschnitt drei Mitarbeiter zählen und rund 200 Millionen Franken Kundengelder verwalten.

Für diese bedeutet die neue Regulierung vor allem: höhere Komplexität und höhere Kosten. So hoch, dass eine profitable Weiterführung des Geschäftes in Frage gestellt sein wird. Auch die demografische Struktur der Branche lässt den Schluss zu, dass eine Konsolidierungswelle vor allem die Klein- und Kleinstvermögensverwalter wegschwemmen wird.

Vermögensverwalter unters Dach holen

Oder in die Arme von «Konsolidierern» wie Corum. Denn eine weitere von Bucher im vergangenen Jahr gegründete Unternehmung ist die Corum Wealth Management Platform. Kurz gesagt, will diese möglichst viele unabhängige Vermögensverwalter unter einem Dach vereinen, ihnen Services und Dienstleistungen anbieten, damit sie unter den regulatorischen und weiteren Marktanforderungen weiter bestehen können.

Corum ist nicht der einzige Player in diesem Markt, der Umwälzungen Chancen sieht. Die Vermögensverwaltungs-Gruppe Aquila bietet ähnliche Strukturen, andere Vermögensverwalter betätigen sich als Käufer im Markt.

Fred wiederum ist ein Projekt von Avalor, Marcuard und Swisspartners, in welches sie die nicht für den Kundenkontakt relevanten Aktivitäten und strenger regulierten Tätigkeiten eingebracht haben. Fred steht auch anderen Vermögensverwaltern offen.

Frei wählbare Module

Corum will den Mitbewerbern das bieten, was intern bereits vorhanden ist und mit geringerem Aufwand geteilt werden kann – gegen eine Gebühr. Grundsätzlich bietet Corum Module an, welche frei gewählt werden können: Aus dem Bereich Regulatorien (Risikomanagement/Compliance), dem Backoffice (Portfoliomanagement, Wertschriftenbuchhaltung) sowie der IT und der Office-Infrastruktur.

Wie Thomas Tietz, CEO der Corum-Plattform im Gespräch mit finews.ch bekräftigt, läuft das Onboarding bereits. «Wir haben aus Zürich und der Deutschschweiz sowie dem Tessin bereits ein Dutzend Zusagen erhalten. Wir gehen von einem Onboarding von 25 bis 50 Vermögensverwalter auf unsere Plattform bis 2022 aus, sehen aber jetzt schon, dass es mehr werden.» Für 2020 hat Tietz das gesteckte Ziel bereits erreicht.

Mehrkosten von 1'000 Franken pro Kunde

Corum geht davon aus, dass die neuen Regularien einen Vermögensverwalter rund 1'000 Franken pro Kunde kosten – womit die Profitabilität von Klienten mit weniger als 1 Million Franken Vermögen stark in Frage gestellt wird. Viele Vermögensverwalter haben bereits ihren Legal- und Compliance-Bereich ausgelagert. Da die Kundenanforderungen steigen, benötigen viele eine modernere IT-Infrastruktur. Ein Portfoliomanagement- und Dokumentationssystem kostet allein mehrere Zehntausend Franken im Jahr.

Die Idee von Corum ist, all diese Services deutlich günstiger anzubieten – und von Skaleneffekten zu profitieren.

Eine Art «Bad Bank» für Risikokunden

Vermögensverwalter haben zudem die Möglichkeit, sich ganz unters Corum-Dach zu begeben oder mit der eigenen Unternehmung selbständig zu bleiben und Corum einen bestimmten Anteil des Erlöses abzugeben. Beide Möglichkeiten beinhalten die Buchung aller Kunden auf der Corum-Plattform sowie die Inanspruchnahme aller Corum-Leistungen.

Ein Problem der Branche sind Kunden, die ihre Gelder weiterhin nicht versteuern. Dafür plant Corum in eine Art «Bad Bank». «Wir haben für dieses mögliche Problem eine Lösung bereit: Wir werden mit Fach-Spezialisten aus den Bereichen Legal, Steuer und Compliance risikobehaftete Kunden genau analysieren, die notwendigen KYC-Checks durchführen und die Vermögen entsprechend regularisieren», so Tietz.

Rechtsfolgen wären happig

Die Zeit sei eindeutig reif für solche Lösungen. «Mit dem Inkrafttreten der Fidleg-Finig-Verordnung zum Jahresbeginn tickt die Uhr für die unabhängigen Vermögensverwalter», sagt der Plattform-Experte. «Sie müssen sich bis Ende Juni entscheiden, ob sie ihre Tätigkeit und Unternehmen selbständig fortführen möchten und dies der Finma melden.» Die Umsetzung muss dann bis Ende 2022 erfolgen. Einen Ausweg gibt für die Vermögensverwalter nicht mehr.

Die Rechtsfolgen lassen keinen Raum für Zweifel: Die Strafbestimmungen bei der Verletzung von Verhaltensregeln und Vorschriften im Finanzdienstleistungs-Gesetz sehen Bussen von bis zu 500'000 Franken vor.