Mark Branson, der oberste Aufseher über die Schweizer Finanzbranche hat diese in eindringlichen Worten vor Leichtsinn angesichts der Corona-Krise gewarnt. Mit wenig Erfolg.

Der Absturz hat historische Ausmasse: Angesichts der Coronavirus-Krise verloren die grössten Finanzkonzerne an der Schweizer Börse innerhalb weniger Wochen die Hälfte ihres Werts.

Damit gewannen die Aktien der Versicherer und Banken allerdings zumindest aus einem Gesichtspunkt an Attraktivität. Gemessen am Preis schienen die angekündigten Dividenden plötzlich enorm lukrativ – beim Rückversicherer Swiss Re betrug der Kurs teilweise nicht einmal mehr das Zehnfache der geplanten Dividende.

Mahnende Worte

Doch just die geplanten Ausschüttungen, welche für viele Anleger angesichts der Misere einen Lichtblick darstellen dürften, machen nun dem Regulator Sorgen. Mark Branson, der Chef der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht (Finma), mahnte die Branche angesichts der ungewissen Zukunft der Weltwirtschaft wiederholt zum vorsichtigen Umgang mit den eigenen Mitteln.

Dabei beschränkte er sich nicht auf die offiziellen Kanäle der Behörde, sondern wandte sich auch via «Neue Zürcher Zeitung» an die Branche. In einem Kommentar versuchte er den Managern ins Gewissen zu reden.

Banken und Versicherer unter Druck

«In der gegenwärtigen Situation mit volatilen Finanzmärkten und einer sich eintrübenden Weltwirtschaft werden sowohl Banken als auch Versicherungsunternehmen vermehrt den Druck auf ihre Kreditbücher und Investitionen spüren», schrieb Branson. «Starke Institutionen, die jetzt freiwillig ihre Ausschüttungen einschränken oder verschieben, werden im Interesse ihrer Kunden länger stark bleiben.»

Allein, die gemeinten Institute wollen von einem Verzicht auf die Dividendenausschüttung nichts wissen. Die Institute halten an ihren Plänen fest. So der Tenor der Rückmeldungen gegenüber finews.ch, wobei ein Umdenken im Fall einer Verschlimmerung der Situation natürlich nicht völlig ausgeschlossen werden kann.

«Heikle Sache»

Von den sechs befragten Unternehmen – UBS, Credit Suisse (CS), Julius Bär, Swiss Re, Zurich und Swiss Life – hat bisher noch keines Anstalten gemacht, die geplante Dividende auszusetzen. Während Swiss Re und Swiss Life auf bereits veröffentlichte Statements verwiesen, wurden andere deutlicher.

«Wir gehen mit einer sehr starken Kapitalbasis in diese Krise hinein und sind in der Lage, unsere Verpflichtungen in Bezug auf die Ausschüttung von Kapital zu erfüllen und auch die Wirtschaft zu unterstützen», sagte UBS-Chef Sergio Ermotti in einem Interview mit «Bloomberg TV». «Aber ich verstehe, dass das eine heikle Sache ist und dass jede Bank abwägen muss, was für die eigenen Stakeholder und Aktionäre am besten ist.»

Welle von Kreditausfällen

Im gleichen Interview warnte Ermotti vor einem «Stigma», welches einem Unternehmen anhaften könnte, das angesichts der Krise die Dividende aussetzt. Er weicht damit allerdings von der Position von Exponenten der Finanzbranche ausserhalb der Schweiz ab.

Selbst grosse Asset-Management-Unternehmen würden ein – vorläufiges – Ausbleiben von Dividenden hinnehmen, um im Gegenzug die Unternehmen langfristig gut gepolstert zu wissen, wie die «Financial Times» (Artikel bezahlpflichtig) schrieb. Ein Vertreter des amerikanischen Branchen-Giganten Fidelity warnte explizit vor einer Welle von Kreditausfällen, durch welche gerade Banken gefährdet seien.

Teilerfolg für Branson

Die CS, welche im Vergleich zur UBS einen relativ kleinen Teil ihres Gewinns ausschütten will, plant, an ihrer «nachhaltigen Dividendenpolitik» festzuhalten. Bei Julius Bär fühlt man sich derweil nicht angesprochen, da die Bank – welche keine KMU betreut – auch kein Geld im Zuge des Corona-Rettungspakets vom Staat bekomme.

Immerhin, einen Teilerfolg kann der eingebürgerte Brite Branson verbuchen: Alle Firmen in seinem Verantwortungsbereich haben ihre Aktienrückkaufprogramme ausgesetzt.

Machtlose Finma

Darüber hinaus bleiben der Finma und ihrem Direktor derweil nichts anderes übrig, als auf Argumente zu setzen. Solange die Banken und Versicherer die Kapitalvorschriften erfüllen, kann ihnen die Behörde nicht verbieten, einen Teil des Gewinns auszuschütten.

Beim Versicherer Zurich wären Bransons Ermahnungen ohnehin zu spät gekommen. Das Unternehmen führt schon nächste Woche die Generalversammlung durch, die Dividende von 20 Franken pro Aktie ist bereits traktandiert.

Zu spät für Massnahmen

«Ausgehend von dem was wir heute wissen, erwarten wir nicht, dass die Covid-19-Krise finanzielle Auswirkungen auf unser Unternehmen haben wird, die die Auszahlung der Dividende in Frage stellen würde», schrieb ein Sprecher des Unternehmens. «Wir sind weiterhin gut kapitalisiert und liegen für unsere Gruppe bequem über den aufsichtsrechtlichen Anforderungen.»

Sollten sich die hiesigen Finanzmanager in ihren Prognosen irren und durch die Krise unter die Kapitalanforderungen der Finma rutschen, würde dies ohnehin erst zu spät deutlich: Im ersten Quartal profitierten die Banken durch die hohen Handelsvolumina zumindest Teilweise sogar vom Crash, grosse Verluste wären also erst auf Ende Juni zu erwarten. 

Bis dahin werden die milliardenhohen Dividenden ausbezahlt sein und für allfällige Massnahmen wäre es zu spät. 

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