Franklin Templeton: Zürcher Geheimtreffen der Blockchain-Giganten

Es war eine aussergewöhnlich exklusive Runde, die sich Anfang Juni zur Mittagszeit im Zürcher Hotel Storchen versammelte: Die Spitzen von zwölf führenden Blockchain-Unternehmen der Schweiz folgten der Einladung von Jenny Johnson, Chefin des US-Vermögensverwalters Franklin Templeton. Johnson reiste eigens für das Treffen aus New York an. 

Die wichtigste Bedingung für das Treffen: absolute Vertraulichkeit. Es gibt kein offizielles Memo, kein Protokoll. Es habe sich um einen informellen Austausch unter Branchenführern gehandelt, betont Christian Leger, Schweiz-Chef von Franklin Templeton gegenüber finews.ch.  

Zentrales Thema des Treffens war der Trend zu Tokenisierung von Vermögenswerten. 

Weltweit erster Investmentfonds

Franklin Templeton ist in diesem Bereich sehr aktiv – im Aufbau einer Blockchain-Infrastruktur sowie auch beim Lancieren von Produkten.

Im Jahr 2021 brachte das Unternehmen den weltweit ersten Investmentfonds auf den Markt, der eine öffentliche Blockchain-Technologie für die Transaktionsabwicklung nutzt. Die Firma bildet ein traditionelles Anlageprodukt, in diesem Fall einen Geldmarktfonds, auf Blockchain-Netzwerken ab und ermöglicht die Ausgabe digitaler Token, die reale Fondsanteile repräsentieren. Ein Anteil des Franklin OnChain U.S. Government Money Fund (FOBXX) entspricht einem Benji-Token.

Während Benji, die Kurzbezeichnung für diesen Fonds, für US-Anleger aufgelegt wurde, brachte das Unternehmen im Februar dieses Jahres auch eine UCITS-Benji-Version auf den Markt. Auch hier war der Franklin OnChain U.S. Government Money Fund (FTOCF) eine Premiere. Er ist das erste vollständig tokenisierte UCITS-Produkt auf einer öffentlichen Blockchain, für das die Firma eine eigene Blockchain-Abwicklung in Luxemburg installiert hat, die Benji-Plattform. 

Jenny Johnson macht Druck

Seit ihrem Amtsantritt 2020 treibt Johnson das Thema Tokenisierung konsequent voran. Sie ist überzeugt, dass diese Technologie die Vermögensverwaltung schon in wenigen Jahren grundlegend verändern wird. 

Mit rund 50 Inhouse-Experten und der zentralen Benji-Plattform tritt Franklin Templeton in der Blockchain-Industrie stark in Erscheinung. Das Unternehmen ist ausserdem als Node-Validator tätig, d.h., es beteiligt sich an der Validierung von Kryptotransaktionen auf derzeit 12 Blockchains. 

Darüber hinaus managt es einen Risikokapitalfonds mit Anlagen in das Blockchain-Ökosystem und berät zu Investitionen in Kryptowährungen.

Finanzplatz Schweiz nimmt führende Rolle ein 

Dass das Gipfeltreffen in Zürich stattfand, ist nicht weiter überraschend. Die Schweiz gilt als einer der weltweit fortschrittlichsten und am stärksten integrierten Märkte für digitale Vermögenswerte. Sie beheimatet internationale Player wie Ethereum, Cosmos (Interchain Foundation), Solana, Aave oder 21Shares und fördert gezielt die Zusammenarbeit im Web3-Sektor. Die Marktkapitalisierung der hier ansässigen Plattformen wird auf einen Milliardenbetrag geschätzt – ebenso wie das in der Schweiz gehaltene Bitcoin-Vermögen.

Traditionelle und dezentrale Finanzsysteme (TradFi und DeFi) verschmelzen zunehmend. Viele Schweizer Banken haben die Digitalisierung anfangs zögerlich behandelt und damit Opportunitätskosten in Kauf genommen. Inzwischen holen sie auf: Die Mehrheit arbeitet an digitalen Infrastrukturen, erste Institute emittieren tokenisierte Produkte. Gleichzeitig kooperieren DeFi-Unternehmen verstärkt mit klassischen Finanzakteuren und expandieren international – insbesondere in Richtung Naher Osten und Asien.

Franklin Templeton arbeitet weltweit an den Schnittstellen zwischen TradFi und DeFi. Nach der Einführung von Benji in den USA und Europa folgt nun Singapur. Im Mai erhielt das Unternehmen die behördliche Genehmigung der Monetary Authority of Singapore für die Auflegung des Franklin OnChain U.S. Dollar Short-Term Money Market Fund, dem ersten tokenisierten Fonds, der Privatanlegern in Singapur zugänglich ist.

Noch Stillschweigen zu Schweiz-Plänen 

Und wie sehen die konkreten Pläne für die Schweiz aus? 

«Über konkrete Pläne in der Schweiz sprechen wir derzeit noch nicht öffentlich», sagt Christian Leger. «Aber die Tokenisierung ist ein langfristiger Prozess. Wir stehen eher noch am Anfang – und wir verfolgen ihn konsequent. Die Schweiz wird dabei immer eine zentrale Rolle spielen.»