Thomas Bossard: «Lässt sich Vertrauen digitalisieren?»

Die Schweizer Bankbranche ist in Bewegung – in einer Dynamik, die weit über Technologie hinausgeht. Neue Marktmodelle, veränderte Kundenerwartungen und regulatorischer Druck prägen den Kontext. Gleichzeitig erfordert Führung im Wealth Management, Menschen, Technologie und Vertrauen intelligent zu verbinden.

Dabei entwickeln viele Finanzinstitute komplexe Technologieprojekte. Doch im Kern geht es um eine Veränderung der Führungs-Mentalität, Neudeutsch auch Leadership-Mindset genannt – und um Fragen der Governance, der Ethik und der Identität. Technologie schafft zwar Optionen, doch letztlich ist es die Kultur, welche die Richtung bestimmt.

Mitarbeitende wollen heute ein «Warum»

Finanzinstitute brauchen heute weniger Manager des Tagesgeschäfts; stattdessen entstehen laufend neue Rollen und Funktionen: Chief Digital Officers, Head of Transformation oder Chief Customer Officers. Sie vereinen Fortschritt und Verantwortung und schaffen Brücken zwischen Technologie, Kultur und Markt. Doch die Mitarbeitenden wollen heute nicht nur einen Titel oder eine Funktion, sondern auch ein «Warum».

Dieses «Warum» hängt stark mit den Kundenerwartungen zusammen, die sich laufend verändern. Die Klientel von heute und morgen fordert Geschwindigkeit, Transparenz und digitale Zugänglichkeit, gleichzeitig sucht sie auch weiterhin Vertrauen. Vor diesem Hintergrund erwägen rund 70 Prozent der Erben beim Vermögensübertrag eine Neuorientierung in der Vermögensbetreuung.

Digitale Effizienz allein reicht nicht aus

Gleichzeitig verbringen viele Kundenberaterinnen und -berater bis zu 70 Prozent ihrer Zeit mit Aufgaben ohne direkten Ertragsbezug – ein erhebliches Produktivitätsdefizit in einem «People’s Business» wie die Vermögensverwaltung. WealthTech kann diese Lücke schliessen durch Automatisierung, digitale Workflows und gezielten Technologieeinsatz. Das schafft mehr Zeit für den direkten Kontakt mit der Kundschaft.

Digitale Effizienz allein reicht allerdings nicht aus. Entscheidend ist, wie glaubwürdig Finanzinstitute Vertrauen digitalisieren und wie sie Leadership, Kultur und Kundennähe verbinden. Im Kern geht es dabei um Human Capital und präziser um Human Wealth, also um den kollektiven Wert, der entsteht, wenn Kompetenz, Kultur, Leadership-Mindset und Governance zusammenwirken.

Die Kür leisten die Menschen

Hier kann die Schweiz mit verantwortungsvollem und zeitgemässem Wealth Management Massstäbe setzen. Technologie ist Pflicht; die Kür leisten die Menschen.


Thomas Bossard ist Gründungspartner sowie Practice Leader Asset- und Wealth Management von Stellar Executive Search und seit 2011 als Partner im Executive Search tätig. Dank seiner langjährigen Fach- und Führungserfahrung sowie seines Netzwerks in der Schweizer Finanzbranche zählt er heute zu den bekanntesten «Headhuntern» in seinem Metier. Darüber hinaus unterstützt er Unternehmen beim Aufbau neuer Geschäftsfelder, bei der Weiterentwicklung bestehender Strukturen sowie bei Nachfolgeregelungen.