Das Geschäft mit Kryptowährungen ist innert kürzester Zeit zu einem Milliarden-Business angeschwollen. Die Schweiz spielt darin eine Schlüsselrolle. Das ist gefährlich, da den Regulatoren die Kontrolle entglitten ist.

Mittlerweile gibt es unzählige Kryptowährungen, die täglich über so genannte Initial Coin Offerings (ICO) auf den Markt respektive unter die Käufer gelangen. Allein im laufenden Jahr haben findige Krypto-Entwickler bereits mehr als zwei Milliarden Dollar damit eingenommen.

Es scheint, als ob alle Welt den Krypto-Boom reitet. So hat der Chef einer Düsseldorfer Werbeagentur, der früher als Regionalpolitiker tätig war, in wenigen Tagen 14 Millionen Dollar aufgenommen – indem er Anlegern sogenannte Token namens Dimcoin via einer Stiftung in Singapur verkaufte.

Acht ICO an einem Tag

Das Crowdfunding für solche ICO ist förmlich explodiert und erinnert an den Goldrausch von Alaska im 19. Jahrhundert oder an den ersten Internet-Boom am Ende des 20. Jahrhunderts. Ein Twitter-Nutzer, der den ICO-Markt beobachtet, zählte am vergangenen Dienstag allein acht ICO.

Warnungen über Blasenbildungen sprechen Fachleute fast so regelmässig aus, wie andere ICO lancieren. So hat das Researchunternehmen Autonomous die gegenwärtige «Token Mania» mit dem Dotcom-Boom vor knapp 20 Jahren verglichen und die gleichen Symptome einer Blasenbildung festgestellt.

Gut 600 Millionen Dollar in der Schweiz

Die Schweiz, Heimat von Kryptowährungs-Stiftungen wie Ethereum oder Bancor, spielt beim ICO-Boom ganz vorne mit. Neue Kryptowährungen für mehr als 600 Millionen Dollar sind innert kürzester Zeit lanciert und verkauft worden – für Geschäfts- und Plattformideen, deren Werthaltigkeit sich erst noch erweisen muss.

Einen Rekord stellte Tezos auf, ein amerikanisches Unternehmen, das über eine eigens gegründete Schweizer Stiftung für 232 Millionen Dollar den «Tezzie» an Investoren verkauft hat, wie finews.ch berichtete.

Zug als Zentrum der Blockchain-Entwicklung

«Die Schweiz ist dank ihrer langen Tradition der Neutralität, Stabilität und als internationaler Standort für Schiedsgerichte prädestiniert, einen bedeutenden Marktanteil der Krypto-Ökonomie einzufangen», sagt Luzius Meisser, Mitgründer der Bitcoin Association Schweiz.

Das lässt sich leicht belegen: Zug hat sich als «Crypto Valley» weltweit einen Namen als Zentrum für die Entwicklung von Blockchain-Anwendungen gemacht und ist damit sehr früh auf den Kryptowährungs-Schnellzug aufgesprungen.

Kürzlich hat eine Gruppe von Investoren und Unternehmern eine Art WEF für Krypto-Finanz angkündigt. In St. Moritz wollen sich im kommenden Januar führenden Köpfe der Blockchain- und Krypto-Welt ein Stelldichein geben – unmittelbar vor dem international vielbeachteten Weltwirtschaftsforum (WEF) in Davos.

Gefährliche Investments – ein Schneeballsystem?

Während der Boom immer weitere Blüten treibt, fehlen indessen auch die Warner nicht: So sieht sich der legendäre Investor Howard Marks angesichts des nicht abreissenden Stroms neuer Kryptowährungen und rasanter Wertsteigerungen an ein Schneeballsystem erinnert.

Russland hat diese Woche den Verkauf neuer Kryptowährungen über ICO an Kleinanleger kurzerhand verboten, da es sich dabei um «sehr gefährliche Investments» handle. Damit sind Regulatoren erst jetzt auf den Plan getreten.

Anfällig für Betrug

Die US-Börsenaufsicht SEC hat gerade einmal vor gut einem Monat die sogenannten Tokens, also bei einem ICO angebotenen Kryptowährungseinheiten, als Anlageinstrumente klassifiziert. Theoretisch sollten US-Privatanleger keinen Zugang zu ICO haben. Doch die Kontrollen gestalten sich schwierig.

Die Finanzaufsichtsbehörde MAS in Singapur folgte der SEC und stellte ein Regelwerk für ICO auf, das auch detaillierte Warnungen für Anleger beinhaltet. In Kürze: Token-Angebote seien anfälliger für Betrug als andere Investments, und sie seien hoch spekulativ. Die Geschäftsmodelle würden oftmals scheitern, und Kryptowährungen würden auch für Geldwäscherei und Terrorfinanzierung genutzt. 

In Südkorea veröffentlichte die dortige Aufsichtsbehörde eine ähnliche Warnung.

Was macht die Finma?

In der Schweiz ist die Finma bislang nicht auf den Plan getreten. Sie hat es dabei belassen, einen Überblick darüber zu geben, was Kryptowährungen überhaupt sind. Im Kern müssen sich die Regulatoren damit auseinandersetzen, ob die Token Anlageprodukte wie Aktien oder Anleihen sind, oder ob sie eine eigene Kategorie für die Aufsicht bilden.

Die Schwierigkeit liegt darin, dass Token virtuell sind und über die ICO digital angeboten werden – sich also in einem rechtsfreien Raum bewegen. Anbieter von Token haben in der Schweiz und in Liechtenstein Stiftungen gegründet, womit sie ihr Geschäft ausserhalb der eigentlichen Finanzaufsicht betreiben können. Ein Umstand, der gemäss Beobachtern irgendwann auch ausländische Steuerbehörden interessieren wird.

Windige Unternehmer

Die Risiken für Anleger, bei ICO über den Tisch gezogen zu werden, steigen beim weiter anschwellenden Boom: Die SEC warnte kürzlich erneut, dass Firmen mittels falscher ICO ihre Aktienkurse manipulierten.

Für windige Unternehmer sind ICO tatsächlich ein probater Weg, Geld zu machen, zumal die Aufsichtsbehörden schlafen. Sogar Anbieter von «echten» ICO lassen Käufer manchmal im Dunkeln über ihre Identität oder kassieren über versteckte Gebühren ab.

Vor Hackern keineswegs sicher

Tatsächlich ist die noch recht junge Geschichte der Kryptowährungen schon reich an Beispielen von Diebstahl und Betrug. Schlagzeilen machten im vergangenen Jahr jene Hacker, die DAO knackten, eine Art Spinoff von Etherum und Venture-Capital-Fonds. Die Hacker stahlen Token im Wert von 50 Millionen Dollar.

«Viele ICO verzichten auf Cyber-Sicherheitsmassnahmen und stellen für potenzielle Anleger eine Gefahr dar», sagt Daniel Diemers von der Beratungsgesellschaft PwC. Selbst die Krypto-Wallets oder -Schliessfächer, in denen Anleger ihre Token aufbewahren können, sind vor Hackern keineswegs sicher.

Finma hat noch keine Stellung bezogen

Die Schweiz hat sich früh als Standort für virtuelle Banken und digitale Tresore positioniert, während Kontrollen und Aufsicht bislang kaum greifen. Die Finma hat zu den boomenden ICO noch keinerlei Stellung bezogen. Sie hat weder Anleger gewarnt, noch irgendwelche Regulierungsmassnahmen eingeleitet.

Sie beaufsichtigt zwar Finanzintermediäre und hat strenge Vergaberegeln für Banklizenzen erlassen. Doch Unternehmen wie Tezos, die via Schweiz an eine virtuelle Anlagen im Wert von mehr als 200 Millionen Dollar an Investoren verkauft haben, erscheinen bislang nicht auf dem Radar der Finma.

Ruf der Schweiz steht auf dem Spiel

Das Vorgehen der Finma richtet sich entlang jenem des Financial Stability Boards (FSB) aus, der Supra-Regulierungsbehörde, die in der Finanzkrise zur Stabilisierung des Systems ins Leben gerufen worden war. Dieses FSB hat zwar die Existenz von digitalen Währungen anerkannt, aber bislang noch keine Zeichen von sich gegeben, wie sie diese zu regulieren gedenkt.

In der Schweiz haben sogar Bundesräte schon die Werbetrommel für Blockchain-Technologien und Kryptowährungen gerüht, umso mehr steht nun der Ruf unseres Landes auf dem Spiel.

 

 

 

 

 

Welche Schweizer Privatbank bietet an der Börse nun das grösste Potenzial?
Welche Schweizer Privatbank bietet an der Börse nun das grösste Potenzial?
  • Julius Bär, weil der Kurs seit dem Signa-Debakel genügend gesunken ist.
    20.29%
  • Vontobel, weil das Unternehmen 2024 die Wende im Asset Management schaffen wird.
    8.79%
  • EFG International, weil die Bank keinerlei interne Probleme bekundet und stark wächst.
    14.9%
  • UBS, weil die Grossbank auch als Privatbank enormes Potenzial bietet.
    46.36%
  • Banque Cantonale Vaudoise, weil sie unter den Kantonalbanken ein grosses Private Banking anbietet.
    9.65%
pixel