Ein US-Ehepaar bricht mit der Lancierung einer neuen Kryptowährung in der Schweiz alle Rekorde. Dabei nutzen die Entwickler das hiesige Stiftungswesen zu ihren Gunsten aus. Das sorgt für Kritik.

Im Januar 2009 kamen die ersten Bitcoins in Umlauf. Heute, keine zehn Jahre später, liegt die Marktkapitalisierung der Kryptowährung der ersten Stunde bei mehr als 45 Milliarden Dollar.

Mit dem Kursanstieg von Bitcoin explodierte auch die Anzahl der Kryptowährungen – inzwischen sind es rund 800. Sie tragen Namen wie Ether, Litecoin, NAM oder Ripple, um die bekannteren unter ihnen zu nennen. Und nun steht eine weitere Digitalwährung vor der Taufe.

Den Namen «Tezzie» soll der Neuling tragen. Er ist die Schöpfung von Arthur (Bild oben) und Kathleen Breitman (Bild unten). Quant-Trader Arthur, ein Mathematik- und Computer-Superhirn hat das Programm der neuen Kryptowährung geschrieben. Kathleen ist eine Absolventin der renommierten Universität Cornell und ehemalige Mitarbeiterin beim Hedgefonds Bridgewater, Accenture und dem Blockchain-Konsortium R3.

Neue Rekordmarke gesetzt

Die beiden scheffeln derzeit Millionen dank eines eilig eingeleiteten Manövers in der Schweiz, genauer im «Cryptovalley» Zug – der Heimat von Bitcoin und Ether.

Die forsche Vorgehensweise des Paars sorgt in der Kryptoszene an den Ufern des Zugersees für Aufsehen. So haben die Breitmans in den USA Dynamic Ledger Solutions (DLS) gegründet – ein Unternehmen, das die Technologie hinter dem Tezzie für sich beansprucht. Doch aktuell existiert diese noch gar nicht.

Nichtsdestotrotz brachte eine Anfang Juli durchgeführte Finanzierungsrunde (Initial Coin Offering, ICO) rund 232 Millionen Dollar ein – dies ist bislang der höchste Betrag in der laufenden ICO-Welle und in der noch jungen Geschichte der Kryptowährungen. 

Ein Rekord aber, der laut einem Bericht des amerikanischen Wirtschaftsmagazins «Forbes» wohl nicht lange halten wird, angesichts der weltumspannenden Begeisterung rund um die vielversprechenden Kryptowährungen.

ICO sind «tickende Zeitbomben»

Dieser Hype ruft zuweilen auch Kritiker auf den Plan. Charles Hoskinson, Mitgründer des Netzwerkes Ethereum, bezeichnete ICOs in einem «Bloomberg»-Bericht kürzlich als «tickende Zeitbomben». Die Menschen liessen sich vom schnellen Geld blenden. Und letzte Woche warnte die US-Aufsichtsbehörde SEC vor Schwindeleien im Zusammenhang mit Kryptowährungen und kündigte entsprechende Regulierungen an.

Die Regulierung wird aber das Rekord-ICO des Tezzie nicht tangieren, das Anfang Juli über die Bühne ging. Ungewöhnlich war, dass das ICO nicht an einen Maximalbetrag geknüpft war. Und dies ist nicht die einzige Besonderheit.

Zug als Hub

Die Breitmans haben die Tezos Stiftung in Zug gegründet, mehrere Wochen vor dem eigentlichen ICO. Die Stiftung ist zuständig für die Verwaltung der zugeflossenen Millionen und für die Zuteilung der bei einem ICO üblichen Tokens.

Solche Tokens dienen als eine Art Währung für das Projekt, das mit ihnen finanziert wird. Investoren erhalten in dem Fall also die Möglichkeit, frühzeitig in eine Kryptowährung zu investieren, die eigentlich noch gar nicht verfügbar ist. Wenn das Projekt Erfolg hat, dann sollte auch der Wert des Tokens über den ursprünglichen Ausgabepreis steigen.

Monetas-Gründer im Stiftungsrat

Die Zuger Anwaltskanzlei MME setzte die Stiftung auf. Branchenkennern zufolge ist MME die erste Adresse für Anbieter von Kryptowährungen. 14 Anwälte beschäftigen sich dem Vernehmen nach einzig und allein um Projekte im Zusammenhang mit den vielversprechenden Digitalwährungen.

MME hat drei Stiftungsräte als Aufseher berufen, wovon einer hierzulande bestens bekannt ist. Es ist Johann Gevers, der Vater der Digitalwährung Monetas.

Mit an Bord sind auch der Computer-Spezialist und Unternehmer Diego Pons und Guido Schmitz-Krummacher, ein deutsch-stämmiger Anwalt und Geschäftsmann, der in diversen Verwaltungsräten sitzt, mitunter in der Bprotocol Foundation. Diese äufnete einen Monat vor dem Tezos-ICO rund 147 Millionen Dollar.

Behörden stecken in Evaluationsphase

Mit dem Tezzie-Code in der Hand orchestriert die Tezos-Stiftung nun die weiteren Schritte. Die Organisation soll der Eidgenössischen Stiftungsaufsicht ESA unterstellt werden, so der Plan. Das Problem: Der in Bern ansässige Aufseher hat weder mit der Regulierung von Tezos begonnen, noch entschieden, den ICO genauer unter die Lupe zu nehmen. 

«Das Organ für die Überwachung von Stiftungen ist derzeit am Evaluieren von diversen Lösungen hinsichtlich der Kontrolle (der Tezos Stiftung). Vor diesem Hintergrund habe man die Stiftung aufgefordert, mit der Finma Kontakt aufzunehmen», erklärte die ESA gegenüber finews.ch

Diesen Aussagen widerspricht Thomas Linder, Steuerspezialist und Partner bei MME. Man habe eine Zusicherung von der ESA erhalten, wonach die Transaktion geprüft werde und dies sei auch schriftlich dokumentiert. finews.ch durfte die Dokumente allerdings nicht einsehen. Linder macht dafür rechtliche Gründe geltend.

Finma wird kontaktiert

Auch die Finma kann wenig Licht in die Sache bringen. Die Tezos Stiftung verfüge über keine Lizenz, sagte Finma-Sprecher gegenüber finews.ch. Ob eine Lizenz notwendig sei, hänge von der Tätigkeit der Finanzunternehmen ab und müsse von Fall zu Fall neu beurteilt werden. Man kommentiere laufende oder hängige Verfahren nicht, hiess es weiter.

Klar ist: Als Non-Profit-Unternehmen braucht Tezos eigentlich keine Lizenz. Dennoch plane die Tesos Stifung, mit der Finma in Kontakt zu treten, so Linder. 

20 Millionen Dollar auf einen Schlag

Bei genauerem Hinsehen sollte Tezos hingegen reguliert werden. Denn die Zuger Stiftung plant, ihren Eignern einen 8,5 prozentigen Anteil am 232-Millionen-Dollar schweren ICO auszuzahlen. Die Breitmans würden so 20 Millionen Dollar auf einen Schlag einstreichen. Weitere nicht namentlich bekannte Aktionäre von DLS bekämen 10 Prozent der zu vergebenden Tokens.

Steuerspezialist Linder rechtfertigt die Auszahlungen mit einer mehrjährigen Entwicklungsarbeit, die hinter dem «Tezzie» stecke. Und es handle sich dabei um eine vergleichsweise ausgereifte Kryptowährung.

Ein Hort für den schnellen Gewinn?

Mit über 13'000 an der Zahl, gilt die Schweiz als Paradies für Stiftungen. Bei den meisten handelt es sich um Non-Profit-Organisationen. Kürzlich hat der Kryptowährungs-Anbieter Ethereum ebenso eine Schweizer Stiftung gegründet.

Tezos geht mit seiner Stiftung nun aber einen Schritt weiter und versucht, die lasche Aufsicht in der Schweiz zu seinen Gunsten zu nutzen. Derweil versucht die Schweizer Finanzszene, ihr Image als Anlaufstelle für Schwarzgeld definitiv abzustreifen. Nun läuft sie Gefahr, sich einen Namen für das schnelle Geld mit Kryptowährungen zu machen.

Dies zumindest befürchtet Urs Bernegger, Ex-Banker und Fintech-Unternehmer. «Es ist eine Sache, die Idee hinter Kryptowährungen zu befürworten. Aber es kann nicht angehen, regulatorische Lücken zu nutzen, um schnell Gewinne zu realisieren, ohne dabei Jobs zu schaffen oder Know-how in die Schweiz zu bringen.»

Nichts Illegales

Klar ist: In der Schweiz domizilierte Stiftungen für den Zweck der Kapitalbeschaffung oder der Gewinnverteilung zu gründen, ist nicht illegal. DLS und Tezos haben ihre Pläne für potentielle Investoren denn auch öffentlich gemacht.

Tezos habe zum einen eine Stiftung als Rechtsform gewählt aufgrund der liberalen Haltung der Schweiz gegenüber Kryptowährungen. Zum anderen biete das Schweizer Stiftungswesen den Vorteil, dass sich der Stiftungszweck kaum mehr verändern liesse, so Linder.

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