Der zweite Schweizer Finanzplatz will die weltweite Nummer eins im Geschäft mit nachhaltigen Investments werden. Doch zuerst müssen die Genfer Banken den Sprung über die Rhone schaffen.

«L'événement est complet» – das Haus ist voll, bedauern die Organisatoren. Am Anlass im Genfer Luxushotel Métropole gibt sich Ende September alles, was Rang und Namen im Genfer Finanzwesen hat, die Klinke in die Hand. Patrick Odier, Senior Partner des Traditionshauses Lombard Odier, wird referieren.

Der Finanzplatzpräsident Yves Mirabaud begrüsst das Publikum. Doch das Thema, das für einen derartigen Ansturm nobler Private Banker sorgt, überrascht: Der Abend steht ganz im Zeichen der Nachhaltigkeit.

«Finance durable: essor et impact sur la gestion de patrimoine» heisst der Slogan zum Event. Es geht demnach um den Einfluss nachhaltiger Investments auf die Königsdisziplin der Genfer Bankiers, die Vermögensverwaltung. Diesbezüglich rechnet man sich in der Calvinstadt grosse Chancen aus. Wie die Westschweizer Zeitung «Le Temps» unlängst berichtete, versteht sich der zweitgrösste Schweizer Bankenplatz als globales Zentrum der nachhaltigen Finanz. Nur, bemerkt das Blatt spitz, merke das abseits des Genfersees keiner.

Ganz hinten auf dem Index

Symptomatisch ist etwa, wie die Genfer Bank Syz dieser Tage über die Auflage einer Aktienanleihe berichtete, die von der Weltbank herausgegeben wird und die 17 Nachhaltgkeitsziele (SDG) der Uno für das Jahr 2030 unterstützt. In den Medien gefeiert wurde stattdessen die Zürcher Grossbank UBS, die gleichzeitig ein ähnliches Finanzprodukt lancierte.

Eine schwere Demütigung für die Genfer dürfte es ausserdem gewesen sein, dass die Stadt Anfang Jahres nur auf den hinteren Rängen des erstmals erstellten Global Green Finance Index landete – auf Platz 26 hinter Zürich (Platz 8) und Edinburgh (Platz 25).

Die Ironie an den Nachhaltigkeits-Ambitionen der Genfer Bankiers ist, dass sie rein quantitativ tatsächlich zu den weltweiten Leadern in diesem Geschäft zählen. Symbiotics, eine in der Rhonestadt angesiedelte Spezialistin für nachhaltige Investments, stellte 2017 fest, das die Schweiz und vorab Genf die mit Abstand führende Destination für Mikrofinanz-Fonds sei. Und die Branchenvereinigung Swiss Sustainable Finance (SSF) kam letzten Mai in einer Marktumfrage zum Schluss, dass sich das Volumen der in der Schweiz nachhaltig verwalteten Vermögen im vergangenen Jahr um 82 Prozent auf über 390 Milliarden Franken erhöht hatte.

Bauen für die Sichtbarkeit

Was Wunder, dass die Genfer jetzt mit Händen und Füssen versuchen, ihre «Visibilität» in jenem Feld zu steigern. Dazu, so der Glaube in der Rhonestadt, braucht es Infrastruktur.

Schon letzten April startete dazu der erste Schweizer Nachhaltigkeits-Hub, sinnigerweise im gleichen Gebäude wie Fusion, die älteste Fintechschmiede des Landes. Die vom Branchen-Netzwerk Sustainable Finance Geneva (SFG) zur Verfügung gestellte Fläche im Quartier de la Praille soll Nachhaltigkeits-Spezialisten aus dem Banking, Research, Handel, Fintech und Philantropie unter ein Dach bringen, wie auch finews.ch berichtete.

Soziale Börse geplant

Ebenfalls im Köcher der SFG befindet sich ein Börsenprojekt für Unternehmen mit sozialen Zielsetzungen, die «Swiss social stock exchange». Im Oktober findet zudem das Forum der Sustainable Stock Exchanges (SSE) in Genf Stadt. Die Organisation zählt 75 Börsen weltweit, die Nachhaltigkeits-Ziele bei ihren Emittenten fördern. Einziger Wermutstropfen: Die Schweizer Börse SIX macht nicht mit.

Vor allem aber müssen die Genfer Banker den grössten Trumpf clever ausspielen, der ihrem Finanzplatz exklusiv zur Verfügung steht: Die unmittelbare Nähe zu den Uno-Organisationen und zahlreichen NGO, die sich ebenfalls in der Calvinstadt angesiedelt haben. Traditionellerweise finden sich auf der linken Seite der Rhone die Finanzakteure, am rechten Ufer die Hilfswerke. Nun geht es für die Banken darum, Brücken über den Fluss zu werfen. Ohne dabei nass zu werden, versteht sich.

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