Valiant-Präsident Jürg Bucher plant mit seinen Managern bereits die Zeit nach seiner Ära. Gegenüber finews.ch erklärt er, wie er sich treu bleiben konnte, und was ihn an der Raiffeisen-Affäre am meisten ärgert.


Herr Bucher, mit der Nomination von Ewald Burgener zum CEO von Valiant und jener von Markus Gygax zum Präsidenten haben Sie die Nachfolgeplanung bei der Regionalbank aufgegleist. Können Sie sich während Ihren zwei letzten Jahren an der Spitze des Verwaltungsrats nun zurücklehnen?

Die Personalauswahl ist tatsächlich eine von drei Königsdisziplinen des Verwaltungsrats. Jetzt beschäftigt uns die Suche nach einem neuen Finanzchef, der Ewald Burgener ersetzt. Sie sehen, ich lehne mich sicher nicht zurück. In knapp zwei Jahren möchte ich bei der Valiant ein geordnetes Haus auf festem Fundament hinterlassen.

Im Verwaltungsrat der Valiant sitzen mittlerweile ebenso viele Frauen wie Männer. Warum folgt Ihnen eigentlich keine Frau ins Präsidium nach?

Eine Präsidentin hätte ich mir persönlich gut vorstellen können. Doch unsere Situation ist so, dass wir mit Markus Gygax einen hochqualifizierten künftigen Verwaltungsrats-Präsidenten im Haus haben. Für die Kontinuität und Weiterentwicklung der Bank ist das eine ausgezeichnete Lösung. Sie dürfen nicht vergessen, dass Valiant Ende 2012 auf der Kippe stand. Das ist noch nicht so lange her.

Dennoch: Das Ticket Bucher-Gygax-Burgener klingt nach Seilschaft. Muss man das zum Wohl der Kontinuität schlucken?

Auf der Stufe Präsident setzten wir früh auf Kontinuität. Das war uns wichtig. Bei der Wahl des neuen CEO haben wir während vier Monaten intensiv und breit nach Kandidaten gesucht. Es hätte genauso gut ein Externer oder eine Externe das Rennen machen können. Ewald Burgener setzte sich durch, weil er von allen der Beste ist. Und nicht, weil er den Bucher und den Gygax gut kennt.

Die Turbulenzen zu Zeiten Ihres Antritts als Präsident gehören inzwischen der Vergangenheit an. Valiant spult solide die Vorgaben der Wachstumsstrategie 2020 ab. Oder trügt das Bild?

Es ist zweifellos so, dass uns bis 2020 noch grosse Herausforderungen erwarten. Punkto Kapitalisierung haben wir unsere Ziele erreicht. Bei der Eigenkapitalrendite sind wir jedoch noch nicht bei den 6 bis 8 Prozent angelangt, die wir anstreben.

«Wir haben uns zum Ziel gesetzt, einen Hypothekarkredit innert 30 Minuten abzuwickeln»

Auf der Ertragsseite gibt es deshalb noch einiges zu tun – also weiter profitabel zu wachsen und neue Ertragsquellen zu finden. Anderseits müssen wir auf der Kostenseite noch effizienter werden.

Das heisst, Sie wollen sparen.

In erster Linie versuchen wir, Prozesse einfacher zu gestalten und zu industrialisieren. So erneuern wir den grösseren Teil unserer Geschäftsstellen nach dem hybriden Modell, das persönliche Beratung vor Ort und digitale Angebote zusammenführt. Allein davon erhoffen wir uns ab 2022 Einsparungen von 4 Millionen Franken pro Jahr. Im Backoffice wiederum wollen wir etwa mit dem Projekt Kreditautobahn einen Hypothekarkredit innert 30 Minuten abwickeln können.

Ihre Manager messen das mit der Stoppuhr?

Ein halbe Stunde ist unsere Ambition. Das ist gar nicht so einfach und zeigt uns, wie kompliziert das Kerngeschäft im Retailbanking noch ist. Hätte die Automobilindustrie noch Prozesse wie wir Banken, würden wir wohl nicht in Hybriden und Elektroautos herumfahren.

Wenn ein Verwaltungsrat von Effizienzsteigerung spricht, läuten beim Personal die Alarmglocken. Kommt es zum Stellenabbau bei der Valiant?

Wir bauen um, wir bauen nicht ab. Aber es trifft zu, dass sich nicht alle Mitarbeitenden auf ihrer angestammten Position wiederfinden werden. Aufgrund des neuen Filialmodells brauchen wir einen verstärkten Kundendienst und eröffnen neben dem bestehenden Kundenzentrum in Gümligen im November eines in Biel. Ebenfalls steigt mit dem hybriden Modell der Beratungsbedarf, weshalb wir Mitarbeitende aus dem Transaktionsgeschäft zu Beratern ausbilden. Meiner Meinung trägt das dazu bei, dass sich die Leute weiterentwickeln können.

Macht sich der Verwaltungsrat schon Gedanken über die Zeit nach 2020?

Wir haben die ersten Diskussionen mit der Geschäftsleitung dazu aufgenommen. Das Ziel ist, mit dem neuen CEO in der zweiten Jahreshälfte 2019 die Strategie für die Zeit nach 2020 zu präsentieren.

«Der damalige Postfinance-Finanzchef Hansruedi Köng rief mich an. Er sagte: Es brennt!»

In den letzten Jahren haben wir Valiant saniert und wieder auf Wachstumskurs gebracht. Nun haben wir die Möglichkeit, uns neue Opportunitäten anzuschauen. Die zentrale Frage lautet: Wie verdienen wir im Retailbanking in fünf und mehr Jahren noch Geld?

Die vergangene Woche angekündigte Öffnung des Hypogeschäfts für Produkte von Dritten ist wohl eine Antwort auf diese Frage. Kann der Schritt als Eingeständnis verstanden werden, dass die Banken beim Neugeschäft im jetztigen Umfeld schlechtere Karten haben als etwa Versicherer und Pensionskassen?

Für Valiant ist das bei preissensitiven Kundinnen und Kunden sicher der Fall. Da wir unseren Fokus auf die Marge legen, können wir einige Geschäft nicht abschliessen, weil die Konkurrenten für unsere Verhältnisse viel zu tief offerieren. So verlieren wir die Kunden. Mit der Vergleichshypothek können wir auch diesen Kunden ein Angebot machen und sie nach Abschluss umfassend betreuen.

Fremde Hypotheken liegen nicht auf der Valiant-Bilanz. Bis zu welchem Limit können Sie zulassen, dass Ihnen diese wichtigen Ertragspfeiler wegfallen?

Wir testen hier ein Angebot, welches das gut funktionierende Geschäftsmodell von Valiant ergänzen soll und nicht umkrempelt. Wenn dieses vergleichende Angebot in der Ostschweiz funktioniert, entscheiden wir Schritt für Schritt über die Einführung in anderen Marktgebieten. Die klassische Hypothek im Bilanzgeschäft wird noch lange Zeit der wichtigste Ertragspfeiler von Valiant bleiben.

Neue Geschäftsmodelle bieten nicht nur Chancen, sondern auch Risiken. Die Subprime-Krise, die sich heuer zum zehnten Mal jährt, führte das eindrücklich vor Augen. Welche Gefahrenherde behalten Sie als Bankpräsident besonders im Auge?

Weiterhin gilt, dass man in Bezug auf die Komplexität von Produkten sehr vorsichtig sein muss. Eine ganz wichtige Forderung an die Bankenbranche bleibt die Transparenz: Banker müssen das anbieten, was sie selber verstehen, und was sie den Kunden erklären können. Ich erinnere mich übrigens noch lebhaft an den Lehman-Kollaps. Ich weilte gerade in Wien, als frühmorgens das Telefon ging und mich der heutige Postfinance-CEO und damalige Finanzchef, Hansruedi Köng, anrief. Er sagte: Es brennt!

Was geschah dann?

Welche Schweizer Privatbank bietet an der Börse nun das grösste Potenzial?
Welche Schweizer Privatbank bietet an der Börse nun das grösste Potenzial?
  • Julius Bär, weil der Kurs seit dem Signa-Debakel genügend gesunken ist.
    20.24%
  • Vontobel, weil das Unternehmen 2024 die Wende im Asset Management schaffen wird.
    8.76%
  • EFG International, weil die Bank keinerlei interne Probleme bekundet und stark wächst.
    14.89%
  • UBS, weil die Grossbank auch als Privatbank enormes Potenzial bietet.
    46.44%
  • Banque Cantonale Vaudoise, weil sie unter den Kantonalbanken ein grosses Private Banking anbietet.
    9.67%
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