Ich nahm den nächsten Flieger zurück und war bereits am Mittag im Treasury der Postfinance. Das waren sehr eindrückliche Vorgänge, damals.

Zu den grossen Gewinnern der Finanzkrise in der Schweiz zählte die Postfinance – unter Ihrer Leitung als CEO avancierte das Institut zu einem Goldesel fürs Mutterhaus Post. Erstaunt es Sie, dass der Bundesrat nun mit der Aufhebung des Kreditverbots der Postbank zu Hilfe eilen muss?

Der Bundesrat hat – endlich – die Forderungen der Postfinance erhört. Dem ist eine saubere Auslegeordnung vorangegangen, die allerdings schon viel früher hätte erfolgen sollen.

«Der Entscheid des Bundesrats ist ein Schritt in die richtige Richtung.»

Ich habe bereits 2005 die Aufhebung des Kreditverbots verbunden mit einer Teilprivatisierung an den Bund herangetragen. Das Argument heute wie damals ist: Ein Unternehmen, das nicht breit genug aufgestellt ist, kann viel eher Schlagseite erhalten. Von einer Finanzkrise war damals natürlich keine Rede, geschweige denn von Negativzinsen.

Sie zeigen Sympathien für den Entscheid. Doch als Valiant-Präsident müssten Sie eigentlich gegen den Eintritt eines grossen Konkurrenten in den Hypothekenmarkt sein, oder?

Nur weil ich von Gelb zu Lila wechselte, hat sich meine Meinung nicht geändert. Es wäre völlig unglaubwürdig, wenn ich mich jetzt gegen die Aufhebung des Kreditverbots stellen würde. Ich finde: Der Entscheid des Bundesrats ist ein Schritt in die richtige Richtung. Nur weil die Postfinance in mehreren Jahren einige wenige Prozente des Hypothekenmarkts an sich ziehen könnte, mag ich als Valiant-Präsident nicht in Panik ausbrechen. Die Herausforderungen durch die Digitalisierung und der Preiskampf bei den Hypotheken seitens Versicherer und Pensionskassen machen den Retailbanken viel stärker zu schaffen. Und das Vollprivatisierungs-Argument der mehrheitlich staatlichen Kantonalbanken zieht auch nicht.

Die Postfinance ist nicht die einzige Schweizer Grossbank, die Schlagzeilen macht. Raiffeisen befindet sich wegen der Affäre um ihren Ex-Chef in schweren Turbulenzen. Mit Pierin Vincenz leisteten Sie sich als Postfinance-CEO einen freundschaftlichen Schlagabtausch. Was hat die Vincenz-Affäre bei Ihnen persönlich ausgelöst?

Es ist schlimm, was bei Raiffeisen geschehen ist. Das war ein Versagen auf der ganzen Linie. Die Governance hat überhaupt nicht funktioniert. Die Bankengruppe wird meiner Meinung nach mehrere Jahre brauchen, bis sie wieder ins Gleichgewicht kommt.

«Jetzt heisst es jetzt wieder: Typisch Banker»

Was ganz schlecht ist: Der Image-Schaden, den Raiffeisen erlitten hat, trifft die ganze Finanzbranche.

Wie das?

Wir sehen in unseren regelmässigen Untersuchungen zu den Banken-Brands, dass Raiffeisen an Image eingebüsst hat – aber die gesamte Branche ebenfalls. Das ärgert mich – dass wir in Geiselhaft des Skandals geraten und es jetzt wieder heisst: «Typisch Banker.»

Bei der Raiffeisen Schweiz steht eine grosse Erneuerung der Führung an. Ihr CEO Markus Gygax wird als Kandidat für den Chefposten gehandelt. Kommt Ihre Nachfolgeplanung doch noch durcheinander?

Sie können davon ausgesehen, dass Markus Gygax und ich das Thema miteinander besprochen haben. Allerdings war das eine kurze Diskussion. Er hat sich klar für die Rolle als künftiger Valiant-Präsident entschieden. Da können ihn alle Schalmeienklänge aus der Ostschweiz nicht umstimmen.

An der Valiant-Generalversammlung vom vergangenen Mai haben Sie die Bedeutung von moralisch korrektem Verhalten im Banking unterstrichen. Spricht die Affäre Vincenz dafür, dass im Banking Kontrolle doch besser ist als Vertrauen?

Nein, das sehe ich nicht so. Es braucht klare Regeln für den Umgang in der Bank und mit den Kunden. Wer gegen die Regeln verstösst, muss zur Rechenschaft gezogen werden, das ist klar.

«Die Kehrseite davon ist, dass man auf einige Annehmlichkeiten verzichten muss»

Die Regeln müssen transparent begründet werden und sind von den Vorgesetzten vorzuleben. Jeden Mitarbeitenden in der ganzen Schweiz zu überwachen, das ist unmöglich.

Sie haben sich in Ihrer Karriere den Ruf eines harten, aber integren Managers verschafft. Wie ist es Ihnen gelungen, die Fallstricke zu umgehen?

Vielleicht hatte ich ein wenig Glück? Ich versuchte in meiner Karriere stets, mir selber treu zu bleiben. Damit bin ich sehr gut gefahren. Zudem frage ich regelmässig mein nächstes Umfeld um Rat – und höre gut zu, wenn die Antwort kritisch ist. Die Kehrseite davon ist, dass man auf einige reizvolle Opportunitäten und Annehmlichkeiten verzichten muss. Sowieso muss man an der Spitze eines Grossunternehmens jeden Tag und jede Stunde damit rechnen, dass etwas schiefgeht. Dann gibt es nur eins: Die ganze Verantwortung übernehmen und informieren, so weit es geht.

Und das tun Sie sich nun zwei weitere Jahre an? Der Verwaltungsrat machte für Sie extra eine Ausnahme bei der Alterslimite.

Das Valiant-Mandat macht mir Freude. Ich bin einer, der gerne gestaltet, und das fällt einem mit der ausgezeichneten Crew im Verwaltungsrat und der Geschäftsleitung leicht. Als mich der Verwaltungsrat bezüglich der Verlängerung anfragte, habe ich mir das gut überlegt. Ursprünglich wollte ich ja 2018 aufhören.

Als ich mich dann dafür entschied, war für mich klar, dass die Arbeitsbelastung nicht zunehmen darf. Deshalb gebe ich nun mein Mandat als Stiftungsratspräsident von Kunstmuseum Bern und Zentrum Paul Klee Ende Monat ab.


Jürg Bucher hat die Präsidentschaft der Bank Valiant 2012 inmitten schwerer Turbulenzen übernommen. Nach einer Verlängerung seiner Amtszeit wird der 71-jährige Berner Volkwirt der Regionalbank noch bis 2020 vorstehen. Bucher hat ein lange Karriere bei Staatsbetrieben hinter sich. Er half mit, die Aufspaltung der PTT in Swisscom und Schweizerische Post zu vollziehen. Von 2003 an war er als CEO der Posttochter Postfinance teils des Post-Managements; 2009 übernahm er die Leitung des gesamten Konzerns.

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