Die Wahl des neuen Raiffeisen-Präsidenten ist nur noch Formsache. Nun gilt es, einen CEO zu finden. In dieser Ausgangslage keine einfache Aufgabe. 

Am Samstag sollen die Delegierten der Raiffeisen-Genossenschaftsbanken Guy Lachappelle, CEO der Basler Kantonalbank, zum neuen Präsidenten wählen. Damit ist immerhin die Hälfte des Personalproblems der Bank so gut wie gelöst.

Danach wird sich der Fokus auf die Nachfolge von CEO Patrik Gisel verschieben. Dieser hat schon im Juli seinen Rücktritt angekündigt, bis Ende Jahr soll der Ersatz bereitstehen.

Schwerwiegende Mängel

Die neuen Chefs der Bank übernehmen ein Chaos: Die Machenschaften des früheren CEO Pierin Vincenz werden intern und von der Staatsanwaltschaft untersucht.

Gleichzeitig verlangt die Finma von der Bank strukturelle Anpassungen, nachdem sie in einer Untersuchung «schwerwiegende Mängel» bei der Corporate Governance festgestellt hat. Da ist es nur natürlich, dass Lachappelle angekündigt hat, ein sehr aktiver Präsident sein zu wollen; zu Beginn arbeitet er im Vollzeitpensum.

Machtkonzentration unter Vincenz

Der CEO einer rivalisierenden Bank illustrierte den Job des Raiffeisen-Chef einst auf einem Bierdeckel: Der Chef in St. Gallen sitzt am Spitz einer umgedrehten Pyramide und trägt die Erwartungen und die Verantwortung von 246 Genossenschaftsbanken, deren Dienstleister er ist. 

Gisels Vorgänger Vincenz drehte dieses Verhältnis um, er zentralisierte die Macht am Hauptsitz. Mit einem Plan namens «Fokus 2021» sollen die einzelnen Institute nun wieder mehr Entscheidungsmacht und Autonomie zurückgewinnen.

Die Kombination aus einem übermächtigen Präsidenten und der vermehrten Dezentralisierung nehmen dem CEO-Posten einiges an Prestige. Immerhin stimmt die Bezahlung: Gisel trug letztes Jahr 1,8 Millionen Franken nach Hause.

Erfahrung im «Maschinenraum»

Die neue Ausgangslage als besseres Backoffice der regionalen Raiffeisenbanken beeinflusst auch das Pflichtenheft der neuen operativen Führung in St. Gallen. Jemand mit Erfahrung im «Maschinenraum» einer Bank würde sich gut machen.

Die erst kürzlich frei gewordene Operativchefin der Credit Suisse Schweiz, Dagmar Kamber-Borens, möchte den Job allerdings nicht, wie aus ihrem Umfeld zu hören ist.

Kurze Kandidaten-Liste

Wer sonst könnte an der Stelle interessiert sein? Die Liste ist erstaunlich kurz, wie Recherchen von finews.ch zeigen. Immerhin sollte ein CEO einer systemrelevanten Bank die entsprechende Erfahrung mitbringen. Zugleich will wohl so mancher Exponent einer Grossbank nicht in die zweite Liga absteigen.

Karin Oertli

Der frühere UBS-Schweiz-Chef Lukas Gähwiler wäre zum Beispiel ein idealer Kandidat. Doch jemand von diesem Kaliber würde kaum an den gleichaltrigen Lachappelle berichten wollen, der zudem keine Grossbankenerfahrung mitbringt.

Mehr Kritik, weniger Lohn

Stattdessen liegt nun der Fokus auf Leuten wie Karin Oertli  (Bild oben) von der UBS oder Peter Hinder, der sich seine Sporen ebenfalls dort ab verdiente und heute bei der Deutschen Bank ist.

Doch die Exponenten der Grossbanken lassen sich nicht leicht überzeugen. Bei Raiffeisen stehen mehr Kritik, genauere Beobachtung einem geringeren Lohn und weniger Prestige gegenüber.

Verwaltungsrat unter Druck

Auf der Liste der Headhunter dürften auch Daniel Salzmann, CEO der Luzerner Kantonalbank, und Markus Gygax, der Chef der Valiant, landen. Beiden fehlt allerdings die Erfahrung bei einem systemrelevanten Institut.

Ebenfalls ein möglicher Kandidat ist John Haefelfinger (Bild unten), der seit zwei Jahren der Basellandschaftlichen Kantonalbank vorsteht. Der ehemalige Credit-Suisse-Manager hat sich dort einen guten Ruf erarbeitet. 

John haefelfinger

So oder so steht der Verwaltungsrat der Raiffeisen unter Druck, die Führungsmannschaft zu erneuern. Auch wenn Gisel gegebenenfalls noch bis zum Amtsantritt eines Nachfolgers bleiben könnte: durch seine Nähe zu Vincenz und seine Fehltritte seit der Übernahme hat er sich selbst aus dem Rennen genommen.

 

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