Goldman Sachs überholt Schweizer Privatbanken

In der am Freitag publizierten Wealth-Management-Studie der Zürcher Research-Firma Fin21 schwingt Goldman Sachs obenaus und gilt in diesem Jahr als beste Schweizer Privatbank. Sie rangiert damit vor namhaften Geldhäusern wie Julius Bär, Pictet oder Lombard Odier.

Ranking 111 klein

(Quelle: Wealth-Management Study; zum Vergrössern, Tabelle anklicken)

Die vom Hochschuldozenten und Fin21-Gründer Christoph «Chris» Künzle bereits zum vierten Mal durchgeführte und wissenschaftlich abgestützte Studie beruht auf den publizierten Geschäftszahlen von insgesamt 69 Banken in der Schweiz. Geforscht hat er dabei nach vier Kriterien: Wachstum, Kapitalstärke, Effizienz und Prosperität (vgl. Studienergebnisse).

In der breiten Offentlichkeit wenig bekannt

Aus der Rangierung in diesen vier Kategorien resultiert die Siegerbank, wobei es eine Siegerin in der Kategorie «Privatbanken mit weniger als 20 Milliarden Franken an verwalteten Kundenvermögen» sowie mit «mehr als 20 Milliarden Franken» gibt, wie der Studie weiter zu entnehmen ist.

In den verschiedenen Ranglisten figurieren unterschiedlichste Finanzhäuser, die teilweise in der breiten Öffentlichkeit weniger bekannt sind, wie die Basler Scobag, die sowohl als effizienteste wie auch als bestkapitalisierte Bank der Schweiz abschneidet.

Top-Banken in Lugano, Genf und Zürich

Die Genfer Privatbank Mirabaud hat dieses Jahr am stärksten prosperiert, während gleich drei Tessiner Häuser, Banca del Ceresio, Credinvest Bank und BG Private Bank Spitzenplätze für sich beanspruchen konnten. Mit der MBaer Merchant Bank und der BZ Bank sind auch zwei Deutschschweizer Institute auf vordersten Rängen vertreten.

Noch interessanter sind indessen die Erkenntnisse, die sich aus dem umfangreichen Zahlenmaterial ableiten lassen. Dabei zeigt sich klar, dass das Geschäftsmodell «Swiss Private Banking» an seine Wachstumsgrenzen gelangt ist. Zwar profitierte die Branche von den günstigen Finanzmärkten, was zu einem Anstieg der verwalteten Kundengelder um knapp 10 Prozent auf beachtliche 8,7 Billionen Franken in der Schweiz und Liechtenstein führte. «Doch dieses Wachstum war weitgehend marktbasiert und nicht auf neue Zuflüsse zurückzuführen», wie Studienleiter Künzle feststellt.

Über das «alte Europa» hinaus

Tatsächlich ging der Zufluss an Neugeld im Jahresvergleich um mehr als 14 Prozent zurück. Das ist ein deutliches, wenn nicht alarmierendes Zeichen für eine zentrale Herausforderung der Finanzzentren Schweiz und Liechtenstein, neue Vermögen anzuziehen, die ganz offensichtlich heute anderswo – sprich in Singapur, Dubai und nach wie vor in den USA – entstehen respektive deponiert werden.

«Um ihre führende Position als Offshore-Zentren zu halten, müssen die Schweiz und Liechtenstein ihre globale Reichweite und ihre Akquisitionsfähigkeit über die traditionellen Kernmärkte des «alten Europas» hinaus stärken», betont Künzle. «Den Status quo zu bewahren, wird nicht genügen. Der zukünftige Erfolg hängt davon ab, neue Vermögensströme zu erschliessen und die Wachstumsdynamik im gesamten Ökosystem neu zu beleben.»

Steigende Personalkosten

Allerdings wird dies nicht einfach sein, zumal die Personalkosten der Schweizer Privatbanken insgesamt entweder gleich geblieben oder sogar gestiegen sind, wie aus der Studie weiter hervorgeht. Daraus lässt sich unschwer ableiten: Mit rückläufigem Neugeld und verändertem oder höherem Aufwand wird dem Geschäftsmodell «Swiss Private Banking» auf längere Sicht kein Erfolg beschieden sein.

Auf der operativen Ebene haben Kostendisziplin und Effizienzgewinne die Profitabilität gestützt. Das mittlere Kosten-Ertrags-Verhältnis verbesserte sich leicht auf unter 77 Prozent, doch dürfte diese Verbesserung vor allem einkommensgetrieben gewesen sein – begünstigt durch starke Märkte und weniger durch strukturelle Kostensenkungen. Steigende Personalkosten zeigen, dass der Kostendruck anhält und nachhaltige Effizienzgewinne weiterhin eine zentrale strategische Priorität bleiben.

Rückgang der internationalen Bedeutung

Die Fragilität der Schweizer Privatbanken-Branche bringt auch der emeritierte Zürcher Finanzprofessor Martin Janssen in seinem brillanten Vorwort zum Ausdruck, in welchem er klar feststellt: «Bemerkenswerte 66 Prozent der von den Schweizer Privatbanken verwalteten Kundenvermögen entfallen auf die UBS, was das enorme Gewicht der letzten Schweizer Grossbank verdeutlicht.»

Rechnet man zusätzlich die Depots weiterer «Schwergewichte» wie Pictet und Julius Bär aus dem Gesamtvolumen heraus, dürften die verbleibenden Institute im Durchschnitt gerade noch je rund 25 Milliarden Franken an Kundengeldern verwalten. Das ist eine vergleichsweise bescheidene Grösse, die den Rückgang der internationalen Bedeutung der Schweizer Banken weiter unterstreicht – ein Bild, das sich mit anderen Indikatoren wie dem «Financial Center Index» deckt.

Starke Bildungstradition

«In einer Welt, die schneller, mobiler und vermutlich dezentraler wird, stellen diese Veränderungen völlig neue Herausforderungen für Privatbanken dar. Das Wissen und die Vertrauenswürdigkeit der Bankmitarbeitenden werden schon bald durch Künstliche Intelligenz (KI) sowie durch die technischen, ökonomischen und kryptografischen Mechanismen der Blockchain ergänzt – wenn nicht teilweise ersetzt», so Professor Janssen. Da diese Form des Vertrauens institutionsunabhängig ist, steht sie allen offen. Das wird den internationalen Wettbewerb erheblich verschärfen.

«Banken tun gut daran, sich nicht nur auf dem Papier, sondern mit konkreten, umsetzbaren Projekten zu engagieren», sagt Janssen und betont: «Es gibt auch Grund zu Optimismus: Eine starke Bildungstradition und der Wille zur Innovation waren schon immer Stärken des Schweizer Finanzplatzes.»

Geldadel im Visier

GS Bahnhofstrasse 388

Neue Geschäftsräumlichkeiten von Goldman Sachs an der Bahnhofstrasse in Zürich (Bild: zvg)

Diese Feststellung kommt auch in der vorliegenden Studie zum Ausdruck: Der Schweizer Ableger von Goldman Sachs setzt in seinem «Offering» an sehr wohlhabende Kundinnen und Kunden (Ultra-High-Net-Worth-Individuals) ganz klar auf die Stärken des hiesigen Finanzplatzes und verbindet diese mit seinem umfassenden Angebot an Finanzdienstleistungen, die letzlich nur eine globale Universalbank liefern kann.

Unter diesen Prämissen erklärt sich auch das rekordhohe Neugeld-Wachstum der Bank in den vergangenen zwölf Monaten, was wiederum die hohen Personalkosten legitimiert.

Geschäftserwartungen in den nächsten Jahren

Unlängst bezog Goldman Sachs an der Zürcher Bahnhofstrasse neue Geschäftsräumlichkeiten, wie auch finews.ch berichtete. «Wir taten dies nicht aufgrund der Entwicklung in der Vergangenheit, sondern angesichts unserer Geschäftserwartungen in den nächsten Jahren», wie Länderchef Pascal Meinherz am Donnerstagabend an der Preisverleihung in Zürich betonte.