Während UBS-Chef Sergio Ermotti vor Monatsfrist noch vom schwierigsten Umfeld seit vielen Jahren klagte, frönt Credit-Suisse-CEO Tidjane Thiam einem unerwarteten Optimismus. Was ist geschehen?

Sergio Ermottis Botschaft vor Monatsfrist war unmissverständlich gewesen. An einer Bankenkonferenz der Konkurrentin Morgan Stanley im vergangenen März in London hatte der UBS-Chef erklärt: «Die Bedingungen in diesem Quartal waren so hart wie seit Jahren nicht mehr.» Ausserhalb der USA hätten sich sowohl die Fusions- als auch die Kapitalmarktvolumen deutlich abgeschwächt. Und aufgrund geringer Investorenaktivität sei auch der Wertschriftenhandel zurückgegangen, so der Bankmanager – Aussagen, die Fachleute ihm gleich als Gewinnwarnung auslegten.

Vor diesem Hintergrund lag es nahe, nicht allzu hohe Erwartungen in das Ergebnis der Credit Suisse (CS) im ersten Quartal 2019 zu setzen. Denn zumeist entwickeln sich die beiden Schweizer Grossbanken vor allem kurz- und mittelfristig ähnlich, sind sie doch den gleichen Rahmenbedigungen ausgesetzt. Umso überraschender fielen am Mittwoch nun die Zahlen der CS, die deutlich über den Erwartungen der Analysten zu liegen kamen: mehr Gewinn, tiefere Kosten und höhere Effizienz. 

Dynamik auf breiter Front

Das alles lässt sich durchaus auf die dreijährige Restrukturierungsphase unter CEO Tidjane Thiam zurückführen. Was aus Investorensicht aber weit mehr interessiert, das ist der Ausblick. Und in dieser Hinsicht legte der CS-Chef am Mittwoch einen bis dato kaum je gesehenen Optimismus hin. So sagte er unter anderem: «Die positive Dynamik, die wir gegen Ende des ersten Quartals verzeichneten, setzte sich im April auf breiter Front fort.»

Und: «Zwar bestehen weiterhin geopolitische und makroökonomische Bedenken, ihre Auswirkungen haben sich unserer Ansicht nach aber bereits abgeschwächt, und das Vertrauen der Kunden kehrt allmählich zurück», so der CS-Konzernchef weiter, «unsere Pipeline an Transaktionen im Vermögensverwaltungsgeschäft und im Investment Banking ist gut gefüllt, und die Bedingungen an unseren Endmärkten sind seit Jahresbeginn zunehmend günstiger geworden.»

Vor Journalisten räumte der CS-CEO am Mittwoch zwar ein, das der Jahresauftakt auch für ihn «ein Schock» gewesen sei. Doch am Ende gehe es im Banking darum, Risiken einzugehen – und das tue das Unternehmen in ausgewählten Bereichen, gab sich Thiam kämpferisch.

Pessimistische Fachleute

Im weiteren Verlauf des Jahres will Thiam seinen Fokus auf die weitere Steigerung der Renditen setzen und – vor allem – einen wachsenden Mehrwert für die Aktionäre generieren. Das sind überraschende Töne, in einem Umfeld, das Fachleute vor dem Hintergrund anhaltender Tiefst- oder Negativzinsen, abschwächender Wachstumsdynamik in der Welt und anhaltender Handelskonflikte zwischen den USA und China als eher schwierig beschreiben.

So auch UBS-Chef Ermotti. Oder wird er seine Meinung am (morgigen) Donnerstag anlässlich der Präsentation der Zahlen fürs erste Quartal 2019 revidieren? Gut möglich, dass die UBS in den ersten drei Monaten des laufenden Jahres mehr gelitten hat als die Credit Suisse; sie ist nicht nur deutlich grösser, sondern setzt noch konsequenter als die CS auf die Vermögensverwaltung (Wealth Management), einem Geschäftsbereich, der in den vergangenen sechs Monaten erheblichen Schwankungen ausgesetzt war und dessen Kunden sich an der Seitenlinie hielten.

Durch die Beraterbrille

Hinzu kommt, dass die Bank im Wachstumsmarkt Asien schon seit geraumer Zeit eine Schwächephase durchmacht, was sich nicht zuletzt auch in den rückläufigen Zahlen an Kundengeldern im Gesamtjahr 2018 manifestierte. 

Gut möglich, dass Thiam mit der Brille des einstigen McKinsey-Berater gelassener sieht als der Vollblutbanker Ermotti. Er hat ein dreijähriges Restrukturierungsprogramm initiiert und durchgepaukt. Analytisch kommt er zum Schluss: «Die Vorteile der Restrukturierung kommen nun zum Tragen: Wir verfügen über eine starke Kapitalbasis und konnten den Vorsteuergewinn das zehnte Quartal in Folge gegenüber dem Vorjahresquartal steigern.

Zudem komme der CS nun zu Gute, dass die Fixkosten über die letzten Jahre gesenkt worden seinen, erklärte Thiam an der Medienkonferenz. Auf diese Weise könne man Turbulenzen im Geschäft besser auffangen.

Stolze Vorgabe für die UBS

Und: «Auch unser Aktienrückkaufprogramm, das schon weit vorangeschritten ist, und die Rückkehr zur Ausschüttung einer nachhaltigen Bardividende sind Ausdruck unserer soliden Basis, von der aus wir weiter wachsen wollen. Wir sind davon überzeugt, dass unsere Strategie zur Erzielung eines profitablen, regelkonformen und qualitativ hochwertigen Wachstums langfristig einen Mehrwert für unsere Aktionärinnen und Aktionäre erzeugen wird», so der CS-Chef.

Man darf gespannt sein, mit welchen Schalmeinenklängen Ermotti am Donnerstag aufwarten wird, um neuen Zuspruch aus der Investorengemeinde zu finden. Der UBS-Konzerleiter ist gefordert. Die Vorgabe der CS ist hoch: Nach Thiams unerwartetem Optimusmus hat die Aktie um 2,5 Prozent an Wert gewonnen.

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