Die Bellevue Gruppe zieht einen Schlussstrich unter ihre Private-Banking-Pläne. Wie Recherchen von finews.ch ergeben haben, gibt es für die Bank Kaufinteressenten. Treibende Kraft hinter einem möglichen Deal ist Jürg Zeltner.

Die Bellevue Gruppe steht vor der nächsten grossen Umstrukturierung. Denn die in Küsnacht bei Zürich ansässige Vermögensverwaltungs-Gruppe will ihre Bank verkaufen, wie Recherchen von finews.ch ergeben haben.

Als potenzielle Käuferin nennen voneinander unabhängige Quellen die Luxemburger Gruppe KBL European Private Bankers. Das ist just jene Finanzgruppe, bei der Jürg Zeltner, der frühere Wealth-Management-Chef der UBS, kürzlich als CEO und Mitinhaber eingestiegen ist.

Strategischer Anpassungsbedarf

Wie es von mit den Verhandlungen vertrauten Personen weiter heisst, hat KBL bereits eine Due Diligence durchgeführt und ein Angebot für die Bank am Bellevue platziert. Beraten wird Bellevue vom Wirtschaftsprüfer PwC.

Bellevue schrieb in einem Statement, die Neupositionierung der Bank sei im aktuellen Umfeld sehr schwierig und entspreche noch nicht den Ambitionen von Verwaltungsrat und Geschäftsleitung. Es sei bereits kommuniziert worden, dass es bei der Bank strategischen Anpassungsbedarf gebe. «Entsprechend werden momentan verschiedene Optionen geprüft.»

Mit dem möglichen Entscheid, die Bank zu verkaufen, zieht Bellevue-CEO André Rüegg die Konsequenzen aus dem bislang unbefriedigend verlaufenen Versuch, einen Wealth Manager für vermögende Privatkunden und Unternehmer aufzubauen. Noch im vergangenen Februar hatte Rüegg zwar angekündigt, das Profil der Bank weiter schärfen zu wollen und für die Kunden ein «Haus der Ideen» aufzubauen, das exklusive Anlagemöglichkeiten bietet.

Frustriert nach Rückschritten

Vor zwei Wochen erst hatte die Bellevue Gruppe zudem den Kauf von Adbodmer angekündigt, einer auf Privatmarkt-Transaktionen spezialisierten Finanzboutique, die von Adriana Ospel-Bodmer, der Ehefrau von Ex-UBS-Präsident Marcel Ospel, gegründet worden war. Mit den Dienstleistungen von Adbodmer wolle man spezifisch Bellevue-Kunden die Möglichkeit für Co-Investitionen bieten.

Rüegg hatte sich im vergangenen Februar allerdings auch frustriert über die bisherigen Fortschritte der Bank am Bellevue und des Wealth Managements geäussert. Denn es waren 2018 vielmehr Rückschritte gewesen: Die Bank hatte einen doppelt so hoch wie budgetierten Verlust von knapp 8 Millionen Franken geschrieben und zudem Kundenvermögen verloren. Verwaltungsrat und Management waren hernach gezwungen, die Optionen zu prüfen.

Wir sind nicht mehr Bank

Dabei befand sich die Bank am Bellevue eigentlich im Wiederaufbau: 2017 hatte die Gruppe das in der Bank angesiedelte Brokerage und Corporate-Finance-Geschäft geschlossen und praktisch die ganze Belegschaft mit 25 Mitarbeitern entlassen. Die Bank an sich wollte Rüegg aber nicht schliessen, sondern mit einer kompletten Neuausrichtung das Wealth Management aufbauen. In der Folge holte er Thomas Pixner als CEO, sowie weiteres Personal.

Nun bricht der Bellevue-Chef die Übung ab. Zum Verkauf steht die Bank mit einer neuen, auf das Privatkundengeschäft ausgerichteten IT-Infrastruktur und knapp 2 Milliarden Franken an Kundenvermögen.

Zeltner noch nicht offiziell CEO

Mit KBL European Bankers steht ein Käufer bereit, der laut seinem designierten CEO Zeltner in Europa grosse Wachstumsambitionen hat. Kürzlich hatte KBL über seine britische Tochtergesellschaft Brown Shipley den Vermögensverwalter NW Brown & Co mit rund 1 Milliarde Pfund Kundenvermögen gekauft.

Im Gespräch mit finews.ch hatte Zeltner anlässlich seiner Berufung zum KBL-CEO durchblicken lassen, dass er eine Zürcher Privatbank als Akquisitionsobjekt im Auge habe.

Nun ist Zeltner als KBL-CEO zwar noch nicht offiziell im Amt. Doch soll er in die Bellevue-Transaktion bereits stark involviert sein, heisst es. 

Überschaubare Grösse

Bei KBL handelt es sich um ein Netzwerk von europäischen Privatbanken und Vermögensverwaltern in Luxemburg, Belgien, den Niederlanden, Deutschland, Spanien und Grossbritannien. Sie wird von der Al-Thani-Familie in Katar kontrolliert; Zeltner ist ebenfalls investiert und am Erfolg der Bankengruppe beteiligt.

Der frühere UBS-Topmanager dürfte weniger an den noch sehr überschaubaren Kundenvermögen der Bank am Bellevue interessiert sein, als an der Plattform, welche die Bank bietet.

Six-Beteiligung ist 45 Millionen wert

Dass die Bellevue Gruppe die Repositionierung ihrer Bank nun abbricht, könnte handfeste finanzielle Gründe haben. Denn in den Büchern der Bank steht die Beteiligung am Finanzinfrastruktur Dienstleister SIX mit rund 45 Millionen Franken. Dieses Kapital, hatte Rüegg gesagt, könnte die Bellevue Gruppe durchaus anders gebrauchen. Zudem bringe die SIX-Beteiligung strategisch nichts.

Mit dem Verkauf würde Bellevue auch einen effektiven Schlussstrich ziehen: Seit der geplatzten Fusion mit der Swissfirst Bank im Jahr 2006 ist die Finanzgruppe nie mehr richtig zur Ruhe gekommen. Die Bank am Bellevue war während des Aufbaus des Asset Managements zwar wichtig und der tragende Pfeiler der Gruppe gewesen.

Die Verhältnisse haben sich inzwischen gekehrt – Bellevue braucht seine Bank nicht mehr.

War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
  • Ja, es gab keine andere, wirtschaftlich sinnvolle Alternative.
    26.38%
  • Nein, man hätte die Credit Suisse abwickeln sollen.
    18.87%
  • Nein, der Bund hätte die Credit Suisse übernehmen sollen.
    28.15%
  • Man hätte auch ausländische Banken als Käufer zulassen sollen.
    8.99%
  • Man hätte eine Lösung mit Schweizer Investoren suchen sollen.
    17.6%
pixel