Mit ihrer Bank ist die Bellevue Gruppe noch lange nicht dort, wo sie hin will. Doch die Verlustbringerin hat eine Trumpfkarte in der Hand. Nur spielen kann sie sie nicht.

«Frustrierend», «inakzeptabel» – Bellevue-CEO André Rüegg nahm am (heutigen) Dienstag kein Blatt vor den Mund, um das Ergebnis vom Jahr 2018 der Bank am Bellevue zu kommentieren. Mit 8 Millionen Franken war der Verlust doppelt so hoch wie budgetiert. Ausserdem flossen Kundengelder ab. 

Dabei sollte die Bank am Bellevue, nach einem schmerzhaften Abschied vom Brokerage-Geschäft seit zwei Jahren auf Wealth Management ausgerichtet, vor allem eins: wachsen.

Daseinsberechtigung noch erbringen

Um das zu erreichen, will Rüegg das Profil der Bank weiter schärfen. Ein «Haus der Ideen» solle sie werden und Kunden mitexklusiven Investitionsmöglichkeiten anlocken, so genannten «Club Deals».

Doch die Bank am Bellevue – an der Finma-Lizenz wollte Rüegg nämlich unbedingt festhalten – muss ihre Daseinsberechtigung noch erbringen. Und helfen kann dabei ein Asset, welches insbesondere im vergangenen Jahr seinen Wert für die Bellevue Gruppe offenbarte: Die Beteiligung an der SIX Gruppe.

Aufwertungsgewinn nur in den Büchern

Diese steht inzwischen mit einem Wert von knapp 45 Millionen Franken in den Büchern der Finanzgruppe, die ihren Sitz in Küsnacht ZH hat. Das ist knapp doppelt so viel wie vor einem Jahr. Der Grund ist der Verkauf von Payment Services an die französische Wordline, die bei der SIX einen ungefähren Buchgewinn von 2,7 Milliarden Franken einbrachte. Bellevue ist einer der rund 130 SIX-Aktionäre, und mit 1,175 Prozent beteiligt.

Eigentlich hat die Bank am Bellevue 2018 durch den Aufwertungsgewinn also einen Gewinnsprung von über 22 Millionen Franken gemacht. Doch die Buchhaltungsregeln verhindern, dass der buchhalterische Wert auch tatsächlich in die Gewinn- und Verlustrechnung einfliesst.

Dividenden sind willkommen

Die SIX-Beteiligung ist für den Cash-Flow der noch in der Startup-Phase steckenden Bank dennoch wichtig, wie Rüegg ausführte. Denn sie bringt Dividenden und namentlich aus dem Barbetrag der Worldline-Transaktion dürfe eine Sonderdividende erwartet werden; Rüegg schätzt diesen irgendwo im tiefen einstelligen Millionenbereich. Geld, das direkt dem Gewinn der Bank zugerechnet wird und insofern rascher zum Breakeven verhilft.

Doch Rüegg locken vor allem die 45 Millionen Franken, welche die SIX-Beteiligung wert ist. «Wir könnten das Kapital für anderes brauchen», sagte er und sprach damit auch mögliche Akquisitionen im Bereich Private Equity an, die derzeit geprüft würden. Strategisch bringe die Beteiligung, die noch aus der Gründerzeit der früher auf das Brokerage spezialisierten Bank stammt, nichts.

Verkaufen wollen, aber wie?

Die Bellevue Gruppe ist in Bezug auf ihre SIX-Beteiligung in einer Situation, welche einst die Band «The Eagles» in ihrem legendären Song «Hotel California» beschrieben hat: «You can check-out any time you like, but you can never leave!»

Rüegg sagte nämlich weiter, ein Ausstieg aus der SIX wäre erstrebenswert. Doch korrigierte ihn der anwesende Verwaltungsrats-Präsident Thomas von Planta mit der vorsichtigeren Aussage: «Wir denken über die Position nach.»

Hohe Hürde

Der Grund für die Diplomatie: Die Bellevue-Gruppe hat kaum Chancen, aus der Beteiligung auszusteigen. Dafür sorgt ein Aktionärsbindungsvertrag, der für einen einzelnen verkaufswilligen Aktionär eine sehr hohe Hürde darstellt. Erstens braucht es für einen Verkauf eine hohe Zustimmungsrate aus dem Aktionärs-Pool. Zweitens muss der Käufer praktisch einer der bestehenden Aktionäre sein.

Denn die SIX hat nur Teilhaber, welche auch ihre Infrastruktur nutzen. Die Crux für Bellevue wäre im Falle sich realisierender Veräusserungspläne: Der Käufer, also eine in der Schweiz tätige Bank, muss belegen, dass ihr vergrösserter Anteil sich auch durch eine entsprechend ausgeweitete Nutzung der SIX-Infrastruktur rechtfertigt.

Damit ist der Kreis der potenziellen Käufer bereits sehr überschaubar: Die beiden Grossbanken UBS und Credit Suisse, oder allenfalls auch ein Institut, das ohnehin Anrecht auf eine höhere SIX-Beteiligung hätte.

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