Für die UBS ist die Verpflichtung von Iqbal Khan als Wealth-Management-Chef ein Befreiungsschlag. Doch bei der Strategie dürfte er nur bedingt Spielraum haben.

Die Reaktion auf Iqbal Khans Wechsel zur UBS knüpft nahtlos an seinen Abschied bei der Credit Suisse (CS) vor weniger als zwei Monaten an: Auf einer Mitarbeiterversammlung wenige Tage nach seinem Rücktritt konnte er – bereits im Freizeitoutfit – in stürmischem Applaus baden.

Den Superstar-Status trägt Khan zu Recht: Während seiner Zeit als Chef der internationalen Vermögensverwaltung bei der CS lieferte er Jahr für Jahr steigende Erträge, steigende Vorsteuergewinne und mehr Umsatz mit jedem Franken verwalteten Vermögens.

Ein Händchen für Kunden

Dabei entpuppte sich der ausgebildete Wirtschaftsprüfer und frühere Finanzchef der CS-Vermögensverwaltung als Anführer, dessen Strahlkraft seinem – ebenfalls charismatischen – Vorgesetzten Tidjane Thiam wohl ein Dorn im Auge war. Auch für die reichen Kunden hatte er ein Händchen, wie die Nachrichtenagentur «Bloomberg» anekdotenreich illustrierte.

Bei der UBS hatte man ihn schon bald nach seinem Aufstieg zum Divisions-CEO auf dem Radar gehabt. Der damalige Wealth-Management-Chef Jürg Zeltner liess sich dem Vernehmen nach über jeden Mucks Khans auf dem Laufenden halten.

Hohe Erwartungen

Dementsprechend hoch sind nun die Erwartungen an den Schweizer mit pakistanischen Wurzeln. Bei der weltgrössten Vermögensverwalterin für reiche Kunden soll er in deren wichtigsten Einheit wiederholen, was ihm bei der CS gelungen ist.

«Beide sind starke Führungspersönlichkeiten mit hoher Sozialkompetenz und einer Erfolgsbilanz in ihrer vergangenen Tätigkeit» sagte UBS-CEO Sergio Ermotti in der Mitteilung vom Donnerstagmorgen über die Aufnahme von Khan und Suni Harford in die Konzernleitung. «Sie sind eine hervorragende Bereicherung für das Team und werden uns helfen, das Wachstum und die Profitabilität von UBS nachhaltig zu steigern.»

Strategie ist gesetzt

Wie frei Khan in der Gestaltung des Wachstums ist, muss sich allerdings weisen. Beim ersten Strategie-Update seit 2014 warteten Ermotti und sein damaliges Team letztes Jahr nicht mit grossen Änderungen auf.

Aus dem Abschiedsschreiben von Khans Vorgänger Martin Blessing an die Mitarbeiter, welches finews.ch vorliegt, lässt sich auch ableiten, woher das künftige Wachstum kommen soll: Die Basis für eine führende Position in China sei gelegt, schrieb dieser.

Ausserdem bezeichnete er ein Gemeinschaftsunternehmen mit Sumitomo Trust in Japan als «Blaupause» für die Bank. Allein in Europa herrsche noch Restrukturierungsbedarf.

Es kann nicht nur am fehlenden Charisma Blessings gelegen haben, dass er die Pferdestärken der UBS-Vermögensverwaltung nicht voll ausfahren konnte. Die Frage ist, ob Khan genug Leine bekommt, um diese klar definierte Strategie seines neuen Arbeitgebers in Frage stellen zu können.

Risikoscheue Kultur

Exemplarisch für die Unterschiede zwischen den Banken, deren Geschäftsmodell nahezu identisch ist, kann das Kreditgeschäft mit vermögenden Kunden gelten. In diesem Bereich war Khan bei der CS stolz auf die breite Angebotspalette.

So mauserten sich Darlehen unter seiner Führung schnell zur wichtigsten Ertragsquelle. Um dasselbe bei der UBS zu schaffen, muss er die gut 3'600 Kundenberater in seinem Bereich auf neue Produkte und Ziele einschwören – vor dem Hintergrund einer vergleichsweise risikoscheuen Unternehmenskultur.

Nachhaltige Leistung?

Hinzu kommt, dass sich in Khans Bereich bei der CS im ersten Halbjahr 2019 erstmals leicht stagnierende Tendenzen zeigten. Ob das Geschäftsmodell auch angesichts erneut sinkender Zinsen und einer möglichen Verlangsamung des Wirtschaftswachstums noch funktioniert, muss sich zeigen.

Doch vorerst ist sein Wechsel zur grösseren Konkurrentin für Khan vor allem eine Chance. Gelingt es ihm, bei der UBS-Vermögensverwaltung für Wachstum zu sorgen und diese wieder zu dem Lieblingskind der Investoren zu machen, das sie noch vor wenigen Jahren war, ist ihm als Nachfolger von Ermotti ein Platz im Schweizer Finanz-Olymp so gut wie sicher.

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