Mit der Einstellung des Star-Analysten Huw van Steenis gelang der UBS ein Coup. In seiner ersten öffentlichen Äusserung zeigt er sich bereits als streitbarer Vertreter der Grossbank.

Huw van Steenis bewegt sich in der Stratosphäre der englischen Gesellschaft: Seine Diplome hat er vom Trinity College in Oxford und der französischen Elite-Schmiede Insead, seine Frau Camilla Cavendish hat als Baronin einen Platz im britischen Oberhaus auf Lebenszeit.

Der knapp 50-Jährige hat sich in einer langen Karriere bei US-Investmentbanken als Star-Aktienanalyst etabliert. Als er vor drei Jahren – gerade rechtzeitig vor dem Inkrafttreten der EU-Finanzrichtlinie Mifid II – in die Asset-Management-Branche wechselte, nahm dies die renommierte britische Zeitung «Financial Times» gar zum Anlass für einen Artikel über das Schwächeln der Bankbranche.

Zukunft der Finanzbranche

Seit Anfang dieser Woche arbeitet van Steenis wieder bei einer Bank, wie auch finews.ch berichtete: Von seinem letzten – eigens für ihn geschaffenen – Job bei der Bank of England (BOE) wechselte er zur Schweizer Grossbank UBS, wo er als Berater des CEO, Verantwortlicher für Investor Relations und Vorsitz eines neuen Komitees für Nachhaltigkeit amtet. Unter BOE-Gouverneur Mark Carney veröffentlichte er vergangenen Juni einen Bericht über die Zukunft der Finanzbranche

Dass ihm CEO Sergio Ermotti eine grössere Rolle zugedacht hat, als nur seinen früheren Analysten-Kollegen die Zahlen der Bank zu erklären, wurde letzten Sonntag deutlich: Am Tag vor seinem offiziellen Start bei der UBS erklärte er – wieder in der «Financial Times», dem globalen Leitmedium der Wirtschaftskapitäne – weshalb sich die Notenbanker mit ihrer Tiefzinspolitik auf dem Holzweg befinden.

Die morschen Knochen der Wirtschaft

In seinem Artikel vergleicht van Steenis die unkonventionelle Geldpolitik der letzten Jahre mit der Einnahme von Steroiden zwecks Muskelaufbau. Kurzfristig erziele man damit gute Resultate, über längere Zeit würden allerdings die Knochen morsch, so der Brite mit Master-Diplom in Politik, Philosophie und Volkswirtschaft.

Durch ihre geschwächte Profitabilität stehe den Banken zum Beispiel weniger Geld zur Verfügung, um technologisch aufzurüsten. Dadurch erhöht sich das Risiko durch Cyber-Attacken, die gar die Stabilität des Finanzsystems gefährden könnten.

Kauf von Bank-Anleihen als Lösung?

Eine effektivere Methode, um die Kreditvergabe und damit die Wirtschaft anzukurbeln, wäre dem frisch gebackenen UBS-Banker zufolge der Kauf von Bank-Anleihen durch die Zentralbanken, wodurch anstelle der Erträge die Finanzierungskosten sinken würden. So könnten auch die Pensionskassen vor noch tieferen Zinsen bewahrt werden – womit den Sparern mehr Geld zum Ausgeben bliebe.

Es ist unwahrscheinlich, dass van Steenis’ Artikel die Entscheidung der Schweizerischen Nationalbank (SNB) über eine mögliche weitere Zinssenkung beeinflussen kann. Sein Einstand als intellektueller Kritiker an der Geldpolitik deutet allerdings darauf hin, dass sich die UBS künftig noch lauter gegen die unliebsame Politik der Negativzinsen zur Wehr setzen will.

Unverdächtiger Kritiker

Ermotti hat in der Vergangenheit verschiedentlich die Negativzinsen der SNB kritisiert. Der Tessiner wird allerdings im Unterschied zu van Steenis nicht seit Jahren von den Medien als Vordenker der Finanzbranche beweihräuchert.

Dementsprechend unterstellten ihm Kommentatoren gern Eigennutz. Er wolle von der schwachen Leistung der UBS ablenken, hiess es. Diesem Verdacht ist van Steenis als neuer Vordenker der UBS nicht ausgesetzt.

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