Lange dominierten die globalen Banken grosse Teile der Wirtschaft. Mit der Coronakrise hat sich dies schlagartig verändert. Eine andere Spezies der Hochfinanz vereinigt immer mehr Macht auf sich.

Bis vor drei Monaten schien alles noch seinen gewohnten Gang zu nehmen: Nach einem fantastischen Börsenjahr 2019 strotzten die global tätigen Banken nur so vor Kraft. Allen voran die US-Institute wie J.P. Morgan, Bank of America, Citi oder Goldman Sachs. Mit ihren Gewinnen und ihrer Marktkapitalisierung übertrafen sie die europäischen Banken um ein Mehrfaches und konnten so auch ihren Top-Leuten exorbitante Saläre zahlen.

Diese Übermacht hatte zur Folge, dass diese Banken über ihre vielschichtigen Tätigkeiten einen grossen Einfluss auf andere Firmen nahmen; indem sie diese bei Fusionen und Übernahmen (Mergers & Acquisitions, M&A) berieten, sie an die Börse brachten (Initial Public Offering, IPO) oder ihnen über komplexe Finanzkonstrukte Kredite gewährten. Damit war der Einfluss der Grossbanken enorm.

Gewinne halbiert

Mit der globalen Coronakrise, die besonders in den USA nun ihren Tribut fordert, hat sich diese scheinbar unbezwingbare Dominanz in nur drei Monaten grundlegend verändert. Die Quartalsgewinne der Finanzinstitute haben sich halbiert. Der Grund: Die einstmals hochprofitablen Banken mussten ihren Rückstellungen und Abschreibungen für Kredite überdurchschnittlich erhöhen, und angesichts der drohenden Mega-Rezession in den meisten Teilen dieser Welt dürfte auch ihre Profitabilität in den nächsten Monaten weiter schwinden. Damit ist ihr Einfluss massiv gesunken. 

Nun ist es aber nicht so, dass dadurch ein Vakuum entstehen wäre, oder dass damit die Phalanx der Hochfinanz gebrochen würde. Im Gegenteil. Anstelle der Giga-Banken sind neue Akteure ins Spiel gekommen: die Mitglieder im Billionen-Club. Gemeint ist damit eine Handvoll Asset Manager, die sich im Gegensatz zu den Banken auf eine einzige Disziplin spezialisiert haben: auf das Investment-Management respektive auf die Verwaltung von ganz grossen Geldsummen – Billionen eben, die sie mit ihrem Know-how in die Firmenwelt investieren.

Massiver Einfluss

Die Rede ist von Firmen wie Vanguard, Blackrock, State Street und Fidelity, die Billionen von Dollar verwalten. Blackrock allein bringt es beispielsweise auf fast 6 Billionen Dollar. Zwar sind sie reine Investment-Manager, verzichten also auf alle übrigen Bankgeschäfte, doch ist ihr Einfluss deswegen nicht geringer.

Im Gegenteil. Die knapp 30 grössten Asset Manager der Welt vereinigen gut 60 Prozent aller in Fonds und anderen Anlageprodukten investierten Gelder von rund 100 Billionen Dollar, wie neuste Zahlen des Research-Unternehmens Flowspring illustrieren. Das heisst auch, dass diese Investment-Firmen als Aktionäre einen riesigen Einfluss auf die Unternehmenswelt haben.

Forderungen und Drohungen

Das macht sich in jüngster Zeit zunehmend bemerkbar. Blackrock oder State Street forderten diverse Unternehmenschefs explizit auf, ihre Lohnpolitik zu überdenken oder eine nachhaltige Firmenpolitik zu betreiben und dabei die ESG-Kriterien (Umwelt, Sozialverträglichkeit, Aufsichtsstrukturen) zu berücksichtigen. Sollten sie diesen Forderungen nicht nachkommen, droht ihnen mit dem Ausstieg eines Grossaktionärs ein Reputationsproblem und letztlich ein Kurseinbruch.

Der Anspruch auf Nachhaltigkeit, der sich bei vielen Investoren als Conditio-sine-qua-non durchsetzt, beschert den Asset Managern spätestens seit dem Ausbruch der Coronakrise enorme Mittelzuflüsse, zumal sie dieses Segment massiv ausbauen. Tiefe Gebühren aufgrund der erzielten Skaleneffekte sowie die Einsicht, dass aktive Investmentmanager auf lange Sicht einen Index nicht schlagen, sind weitere Gründe für den Aufstieg der Asset Manager.

Immer mehr in immer weniger Händen

Indem sie aufgrund ihrer schieren Grösse noch gehörig an der Gebührenschraube drehen und so die Margen zusätzlich verengen, drücken sie kleinere Konkurrenten sukzessive aus dem Rennen. Im vergangenen Jahr ging Fidelity sogar dazu über, loyalen Kunden über die Zeit sinkende Gebühren zu gewähren oder für manche Fonds gar keine Kommission mehr zu verlangen.

Die Folge davon ist eine epochale Konsolidierung, die zuletzt beispielsweise mit der Übernahme der Oppenheimer Funds durch Invesco oder derzeit mit dem Kauf von Legg Mason durch Franklin Templeton für Schlagzeilen sorgt. Der Trend ist klar: Auf die Übermacht der Banken folgt nun die Ära der Asset Manager, wobei die Losung die gleiche bleibt: Immer mehr in immer weniger «Händen».

Auf den hinteren Rängen

Doch wo bleiben die Schweizer Asset Manager? Marktführer ist eine Bank respektive das UBS Asset Management, das rund 750 Milliarden Franken verwaltet. Damit bringt es das Institut im internationalen Vergleich auf Platz 22, wie Zahlen von Investments & Pensions Europe (IPE) zeigen. Das Asset Management der Credit Suisse rangiert noch weiter abgeschlagen auf Rang 54 mit 370 Milliarden Franken; das Swiss Life Asset Management mit knapp 230 Milliarden Franken auf Platz 80. 

Reine Asset Manager gibt es in der Schweiz zwar auch. Doch spielen sie eine untergeordnete Rolle. Sie sind spezialisiert auf gewisse Themen und Branchen wie Wandeanleihen (Fisch Asset Management, Aganola) oder auf Biotech- und Medizinaltechnik (Bellevue Asset Management, HBM Healthcare Investments) oder auf Privatmarktanlagen wie die Zuger Partners Group. Das Bestreiben, den Asset-Management-Standort Schweiz zielgerichtet auszubauen, hat folglich noch einiges Potenzial. Eine gewisse Krisenresistenz haben die Schweizer Akteure in den vergangenen Monaten zumindest bewiesen.

 

 

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