Schon zum zweiten Mal innert weniger Jahre ist Brian Chin bei der Credit Suisse offenbar der Mann der Stunde. Sein Debut im Investmentbanking vor einigen Jahren liess nicht unbedingt darauf schliessen.

Mit nur 43 Jahren könnte Brian Chin bald ganz oben bei der Credit Suisse (CS) ankommen. Wie finews.ch früher berichtete, gehen Fachleute davon aus, dass der Finanzkonzern anlässlich der Semesterzahlen vom morgigen Donnerstag die beiden Investmentbank-Sparten zusammenlegen könnte: Der Handel (Global Markets) und das Firmenberatung- und Kapitalmarkt-Geschäft (IBCM) kämen dabei wieder unter ein Dach – nachdem Ex-Chef Tidjane Thiam die zwei Sparten 2015 angeordnet hatte.

Wie die Agentur «Bloomberg» urteilte, kommt die Restrukturierung einem Sieg Chins gleich. Obwohl zurzeit völlig offen ist, wer die fusionierte Investmentbank führen könnte, werden ihm dafür offenbar die besten Chancen attestiert.

Vom Handy absorbiert

Treffen die Spekulation zu, wäre der Amerikaner bei der CS innert vier Jahren schon zum zweiten Mal der Mann der Stunde: 2016 wurde Chin überraschend zum Handelschef befördert, nachdem die Bank im Geschäft mit Kreditpapieren Abschreiber von mehr als 1 Milliarde Dollar hatte erleiden müssen – und Chins Vorgänger, Timothy O’Hara, recht unsanft aus dem Institut bugsiert wurde.

Seither hält Chin die Fäden in der Hand und sorgt mit dafür, dass sich diese Division vom Sorgenkind zum Ertragstreiber gewandelt hat. Eine Arbeit, die ihn offenbar pausenlos auf Trab hielt: An Bilanzkonferenzen in Zürich, bei denen das CS-Management jeweils artig in der ersten Reihe sitzt und dem CEO lauscht, ist Chin nicht selten mit seinem Mobiltelefon beschäftigt.

Schwestersparte überrundet

Ähnlich wie bei anderen Grossbanken erlebt der CS-Handel in der derzeitigen Coronakrise ein Hoch. Während der Nettoertrag der Schwestersparte IBCM im ersten Quartal 2020 zum Vorjahr um 47 Prozent einbrach, legte die Kennzahl bei Global Markets um 14 Prozent zu. Der Vorsteuergewinn stieg sogar um 21 Prozent.

Damit konnte sich Chin seither beim Chef sehen lassen. Genauso wie Thomas Gottstein, der seit vergangenem Februar die Leitung des Grossbank inne hat, ist Chin von Haus aus Investmentbanker – und ein Geschöpf Thiams. Letzterer hatte es sich zur Gewohnheit gemacht, junge Hoffnungsträger bei der Bank über die Köpfe von gestandenen Managern in die Geschäftsleitung zu befördern; damit verpflichtete er diese wohl auch zu einer gewissen Loyalität.

Im Zentrum der Verluste

Dennoch überraschte Chins Beförderung ins Top-Management der CS im Jahr 2016 besonders. Denn damals galt der Jungbanker, der plötzlich die nach Personalbestand zweitgrösste Division der Grossbank anführen durfte, als unbeschriebenes Blatt.

Mehr noch: Als Leiter des Bereichs für Verbriefungs-Produkte stand er im Zentrum der Abschreiber, die seinem damaligen Chef O’Hara Kopf und Kragen kosteten. Laut CS-Finanzberichten entfielen mindestens 261 Millionen Dollar an Wertberichtigungen auf Chins Securitized-Product-Einheit.

Doch das stand damals seiner Karriere nicht im Weg, Chin wurde sozusagen vom Saulus zum Paulus. Nun darf man am Donnerstag auf einen weiteren Sprung nach oben gespannt sein.

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