Viele Fintechs sind einst ausgezogen, um den Banken das Wasser abzugraben. Nun zeigt sich: Banken wie die UBS, die Credit Suisse, aber auch eine Postfinance, holen den vermeintlichen Feind ins Boot. Umgekehrt ist für viele Fintechs eine Bank die Rettung.

Es mutete an wie der Beginn einer neuen Ära: Die Schweizer Grossbank UBS hat beschlossen, in Startups zu investieren. Den Anfang gemacht hat vergangenen Juli eine Kooperation mit der Schweizer Immobilien-Service-Plattform Houzy. Es sollten weitere folgen..

Denn die Grossbank hat Ende Oktober verkündet, rund 200 Millionen Dollar in digitale Startups zu investieren, wie finews.ch damals berichtete. Insbesondere über den berühmten Venture Capital Fonds Anthemis, der von Sean Park gegründet wurde, einem Pionier in Sachen Fintech-Investments.

Credit Suisse und Postfinance preschen vor

Einige neue Beispiele für Kooperationen zwischen Banken und Fintechs gibt es dieser Tage aus der Innovationsplattform Kickstart zu vermelden, einem von Digitalswitzerland gegründeten Projekt, das sich an Tech-Startups aus aller Welt richtet und das ihnen beim Ankurbeln ihres Geschäfts helfen soll.

Da wäre zum Beispiel die Schweizer Postfinance, die zusammen mit dem Zürcher Impact-Investing-Fintech Yova das Kundenbedürfnis für nachhaltige Anlagelösungen testen will. Oder die Schweizer Grossbank Credit Suisse, die zusammen mit dem Tech-Startup Decentriq plant, gemeinsam Confidential Computing in den Bereichen Open Banking, Machine Learning und Daten-Ökosysteme anzuwenden. Auch die Postfinance hat eine Kooperation mit Decentriq gestartet. Dabei geht es um einen Prototypen  eines Schweizer Daten-Ökosystems.

Fintechs brauchen Geld

Diese Kooperationen dürften sich in der nächsten Zukunft noch deutlich vermehren. Und die Fintechs sind auch darauf angewiesen, wie ein neuer Bericht aus dem Hause Forrester bestätigt, einem international tätigen Beratungsunternehmen. Demzufolge wurde im laufenden Jahr massiv weniger in Fintechs investiert als in den Jahren zuvor. 

Konkret betrug die Fintech-Finanzierung im ersten Quartal dieses Jahres etwa 46 Prozent von dem, was sie im dritten Quartal 2019 gewesen war, während das zweite Quartal 2020 das schlechteste zweite Quartal war seit 2018. Im letzten Quartal blieben die Zahlen weiterhin flach. Zur Veranschaulichung: Investoren müssten dieses Jahr noch 20 Milliarden Dollar investieren, damit die Summe in etwa an die aus dem letzten Jahr herankommen könnte.

Corona sorgt für den Umschwung

Als Hauptgrund für die Schwäche ist natürlich die Coronavirus-Pandemie zu verorten, die für schwere wirtschaftliche Schäden gesorgt hat und noch sorgen wird. Das Virus hat aber nicht nur vielen Fintechs die Finanzierung lahmgelegt, sondern auch die Art der Startups verändert, die überhaupt noch Investitionen erhalten.

So haben laut Forrester die Unternehmen am meisten Mittel erhalten, die dazu beitragen, dass sich Verbraucher und Unternehmen bequemer an die neue Normalität anpassen können, vor die uns die Pandemie alle stellt.

Gut zeigt das die gewichtigste Investition des letzten Quartals, als das schwedische Payment-Fintech Klarna – ein digitaler Kreditgeber für Online-Shopper – 600 Millionen Dollar erhielt. Forrester geht folglich davon aus, dass der Anteil der Einzelhandelsumsätze, die dieses Jahr in Richtung online abgewandert sind, zwei- bis dreimal so hoch sein wird wie 2019.

Konsolidierung in Sicht

Auch der ganze Markt steht vor grossen Veränderungen. So lässt sich laut Forrester bereits heute prognostizieren, dass es im Fintech-Universum zu einer blutigen Konsolidierung kommen wird, wenn sich die finanzielle Situation nicht verbessert. Interessant ist auch der Umstand, dass nicht nur Finanzinstitute der alten Schule Fintech-Startups finanzieren und kaufen: Auch etablierte Fintechs mit einer vollen Kriegskasse lauern auf Investitions- oder Akquisitionsmöglichkeiten.

Laut Forrester führte zum Beispiel das Payment-Fintech Stripe im letzten Quartal eine Serie-A-Finanzierungsrunde im philippinischen Start-up-Unternehmen PayMongo an. Das Unternehmen bietet eine API-Lösung an, die in Websites und Apps integriert werden kann, so dass Zahlungen von Bankkarten und digitalen Wallets akzeptiert werden können.

PayPal - das wahrscheinlich älteste Fintech - investierte in Bolt, eine Cloud-basierte Plattform, die Checkout, Zahlung und Betrugsschutz in einem Produkt kombiniert, um es Einzelhändlern zu ermöglichen, besser mit dem unkomplizierten Einkaufserlebnis von Amazon zu konkurrieren.

Somit entwickelt sich ein Wettkampf der etablierten Fintechs und der Bankenwelt, um Technologien und Ökosysteme voranzutreiben.

War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
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