Trotz Weckruf der Finma kommt die Konsolidierung unter den unabhängigen Vermögensverwaltern noch nicht in Gang. Der Tessiner Akteur Crossinvest will nun in Zürich auf ausgewählte Ziele zugehen, sagt der hiesige Niederlassungsleiter Claudio Pedrett zu finews.ch.

«Es ist erstaunlich, wie wenig Wellen die neue Finma-Unterstellung in der Branche bisher geworfen hat»: Das sagt Claudio Pedrett (Bild unten), der die Zürcher Niederlassung des Tessiner Vermögensverwalters Crossinvest anführt.

Gegenüber finews.ch kommt er damit auf den Elefanten zu sprechen, der für den grössten Teil der rund 2’000 unabhängigen Vermögensverwalter im Raum steht: Bis Ende 2022 müssen sie gemäss Finanzinstituts- und Finanzdienstleistungs-Gesetz (Finig und Fidleg) ein Lizenz-Gesuch bei der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht (Finma) einreichen und sich einer bewilligten Aufsichtsorganisationen (AO) unterstellen.

Ein Dutzend von Hunderten

Kürzlich hat die Behörde sich deswegen mit einem Weckruf an die Branche gewandt – bisher haben etwa erst ein Dutzend Firmen die neue Lizenz gelöst. Das Prozedere bis zur Einreichung des Bewilligungsgesuchs kann gut und gerne drei Viertel eines Jahres in Anspruch nehmen.

Die Uhr tickt also. Doch das Gros der unabhängigen Vermögensverwalter wartet zu, obschon sie nach 2022 aus dem Rennen zu fallen drohen. Natürlich gibt es noch einen Weg: Die Selbstständigkeit aufgeben und sich einem lizensierten, grösseren Akteur anschliessen. Entsprechend bringen sich Vermögensverwalter mit Kundengeldern über einer Milliarde Franken in Stellung, um sich mit Blick auf das neue regulatorische Umfeld gezielt zu verstärken, wie auch finews.ch berichtete.

Pedrett 500

Finanzinvestor mischt mit

Zu bekannten Konsolidieren wie der Zürcher Aquila-Gruppe oder Corum, die den Plattform-Ansatz pflegen, gesellen sich auch neue Kräfte. Seit vergangenen März ist auch in der Schweiz Cinerius aktiv, hinter dem Unternehmen steht der amerikanische Finanzinvestor Summit Partners. Ebenfalls Interesse an Übernahmen wird den grösseren Branchen-Teilnehmern nachgesagt, die in der Allianz Schweizer Vermögensverwalter (ASV) organisiert sind.

Auch Crossinvest Zürich, welche dieser Tage die begehrte Finma-Lizenz gelöst hat, möchte bei der erwarteten Konsolidierung aktiv mittun. Wie Pedrett erklärt, will er dazu in den nächsten Wochen auf ausgewählte Mitbewerber zugehen.

Interne Kontrollen aufbauen

Diese gehören zu den rund 280 unabhängigen Vermögensverwaltern in Zürich, die noch nicht der Finma unterstellt sind und die mit fünf oder weniger Mitarbeitenden geschäften. Es wird erwartet, dass für diese Akteure die Kosten des Antrags für die Lizenz sowie die Umsetzung der damit verbundenen Vorgaben nur schwer tragbar sein werden.

So müssen die Firmen unter anderem ein internes Kontrollsystem umsetzen, dem Kundenfront, Handel, Compliance und Risikomanagement angeschlossen sind. Das lässt sich zwar delegieren. Doch das Outsourcing – auch von anderen Aufgaben – wie es etwa die Finma als Lösung für kleinere Akteure vorschlägt, ist ebenfalls nicht gratis zu haben.

«Die Unterstellung kommt zu den Herausforderungen der allgemeinen Börsenlage, der Digitalisierung, des Generationenwechsels und des Margendrucks noch hinzu», beobachtet Pedrett. «Man könnte von einem perfekten Sturm für unabhängige Vermögensverwalter sprechen.»

Deutsches Exempel

Er gesellt sich dabei zum Lager der Beobachter, die in den nächsten Monaten und Jahren mit einem deutlichen Rückgang der Anzahl Anbieter am Schweizer Markt rechnen. Als Exempel dient dabei das nördliche Nachbarland: In Deutschland ist es im Rahmen von Mifid II schon vor Jahren zu einer Konsolidierung unter unabhängigen Vermögensverwalter gekommen. Von den Firmen blieben dort nur rund 10 Prozent übrig – wobei die Anzahl der in der Branche Beschäftigten nicht gross abgenommen hat.

«Es ist zu erwarten, dass nun auch die Zahl der unabhängigen Vermögensverwalter in der Schweiz wesentlich abnehmen dürfte», sagt Pedrett.

Wer als kleiner Vermögensverwalter Anschluss sucht, findet am Finanzplatz verschiedene Modelle vor: Jenes der Kostenteilung, wie es etwa die Zürcher Sound Capital betreibt. Dann das Outsourcing-Modell, das die Aquila Gruppe anbietet. Und schliesslich die Integration unter eine neue Gesellschaft und Marke, wie sie Crossinvest verfolgt.

Partner oder Angestellte

Die unabhängigen Vermögensverwalter können dabei die Kundenvermögen auf die Crossinvest-Plattform transferieren, treten in ein Anstellungsverhältnis oder beteiligen sich als Partner. In der Beratung der Kunden bleiben sie weitgehend frei, können aber auch das gesamte Angebot von Crossinvest verwenden. Dieses umfasst neben den nötigen Lizenzen etwa die digitale Portfolio-Verwaltungs-Lösung Assetmax sowie Unterstützung in Compliance und Risikomanagement. «Für den Fall einer überschaubaren, geplanten Beendigung der Geschäftstätigkeiten sind alternative Modelle angedacht», so der Leiter des Zürcher Büros. Dazu zählen auch Übernahmen.

Der vor gut dreissig Jahren gegründete Vermögensverwalter unterhält mittlerweile Niederlassungen in Lugano, Locarno und Zürich, wobei jede als eigene Gesellschaft lizensiert ist. Das Wachstum wird vorab über den Anschluss von Vermögensverwaltern und Private Bankern gesucht; mittlerweile betreut die Gruppe mit über 70 Mitarbeitenden Vermögen im Umfang von mehr als 3 Milliarden Franken.

Neuer Wettbewerb zeichnet sich ab

Gerät die bisher überaus träge Branchenstruktur aufgrund der Finma-Lizenz tatsächlich in Bewegung, dann werden die Tessiner allerdings nicht die einzigen sein, die nach anschlusswilligen Mitbewerbern suchen.

Das sieht auch Pedrett so: «Es ist anzunehmen, dass sich unter grösseren Akteuren ein Wettbewerb um die attraktivsten Übernahmeziele unter den unabhängigen Vermögensverwaltern entwickelt.»