Nach einem Jahrzehnt des Hin und Her steht für die UBS nächste Woche das Urteil im Berufungsprozess in Frankreich an. Damit könnte sich eine Front für die Bank schliessen – es bleiben jedoch diverse Problemzonen, wie die Auflistung von finews.ch zeigt.

Vergangenen September war offenbar ein Richter krank geworden – und das für die UBS eminent wichtige Urteil des Tribunal de Grande Instance im Pariser Berufungsprozess wurde vertagt. Am 13. Dezember nach 13 Uhr – als praktisch zur «High Noon»-Zeit – wird der Richterspruch im Steuerstreit mit Frankreich nun erwartet. Weiterhin geht es um Strafen in Milliardenhöhe. Anzunehmen ist, dass sich das Juristenteam der Bank vor Ort sich als erstes zum Ausgang äussert.

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In dem vergangenen März abgeschlossenen Prozess bezichtigte die französische Staatsanwaltschaft die Schweizer Grossbank des Steuerbetrugs, der Geldwäsche und der unerlaubten Akquise von Kunden auf französischem Staatsgebiet. Die Ankläger fordern entsprechend eine Busse von mindestens 2 Milliarden Euro. Der französische Staat machte zudem Schadenersatz in der Höhe von 1 Milliarde Euro geltend.

Das ist weniger als die 4,5 Milliarden Euro Busse, zu der die Bank im Februar 2019 in der ersten Instanz verdonnert worden war. Die UBS bestreitet jeglich Schuld; sie hat für den Fall «nur» 450 Millionen Euro zurückgelegt. Hinzu kommt eine Kaution von 1 Milliarde Euro, welche das Geldhaus zuvor schon blockieren musste.

1. Ein weiteres Frankreich?

Die potenziell noch schmerzhaftere Nebenwirkung könnte sein, dass UBS wegen Geldwäsche verurteilt wird – die weltgrösste Privatbank gäbe damit kein gutes Bild ab. Noch wichtiger ist, dass eine Verurteilung unerwartete Nebenwirkungen in anderen Weltregionen zeitigen könnte: Pensionsfonds aus den USA oder grosse institutionelle Kunden in Asien sähen sich allenfalls gezwungen, ihre Geschäfte mit der UBS zu überdenken.

Das «französische» Problem könnte in anderer Form theoretisch in jedem der grösseren europäischen Märkte der UBS auftreten. Vor kurzem hat die UBS eine ähnliche Untersuchung in Belgien mit einer vergleichsweise milden Summe von 49 Millionen Euro beigelegt.

Die Grossbank führt die Untersuchungen in Zusammenhang mit dem grenzüberschreitendem Private Banking an prominenter Stelle im Geschäftsbericht auf – die Frage ist, ob andere Länder die UBS (oder andere Schweizer Banken) so hartnäckig verfolgen würden wie die Pariser Staatsanwälte.

Ein europäischer Staat hat dies bereits getan: Italien verhängte im September 2020 eine Geldstrafe in Höhe von 1,5 Millionen Euro gegen die UBS, gegen die das Institut umgehend Berufung eingelegt hat, wie es im Jahresbericht ihrer Europabank UBS Europe mitteilte. Mehrere derzeitige und ehemalige Mitarbeiter in Italien sowie die italienische Niederlassung sind demnach Gegenstand von Straf- und Verwaltungsverfahren, so die Bank.

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Banca d'Italia (Bild: Shutterstock)

2. Ramsch-Hypotheken drücken immer noch

Nach Frankreich drohen der UBS jedoch ausserhalb von Europa, in den USA, die happigsten Rechtsrisiken. In den Staaten werden die Schweizer nach wie vor beschuldigt, Anleger durch den Verkauf von verbrieften Hypothekar-Krediten (RMBS), die in der Finanzkrise von 2008 «toxisch» wurden, geschädigt zu haben. Ein wichtiger Teil der Rechtfertigung der Schweizer Bank besteht in dem Hinweis, dass sie kein grosser Emittent solcher Papiere war, und dass sie selbst Schäden durch die Instrumente der Krisenzeit erlitten hat. Dennoch drohen auch hier Milliardenkosten.

Es wird nicht damit gerechnet, dass der Fall in nächster Zeit vor Gericht verhandelt wird – möglicherweise wird er sogar aussergerichtlich beigelegt. Die UBS hat einen ungenannten Betrag für eine mögliche Geldstrafe zurückgelegt.

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3. Archegos mit möglichem Nachspiel

Die Finanzkrise liegt bereits weit zurück in der öffentlichen Wahrnehmung. Erst vergangenen Frühling hat die UBS mindestens 860 Millionen Dollar verloren, als die vom einstigen Hedgefonds-Manager Bill Hwang (Bild unten) geleitete New Yorker Finanzfirma Archegos Capital zusammenbrach. Verglichen mit den mehr als 5 Milliarden Dollar, welche die Lokalrivalin Credit Suisse (CS) mit Archegos bisher verloren hat, ist das ein Klacks – aber dennoch bemerkenswert für die UBS, die weitaus konservativer organisiert ist als ihr Lokalrivale.

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Die Bank hat sich für die Archegos-Verluste entschuldigt, und es ist nicht zu erwarten, dass sie sich der gleichen intensiven Selbstmedikation unterziehen wird wie die CS, die einen vernichtenden Bericht von externen Prüfern veröffentlichte. Die UBS wird jedoch wahrscheinlich Klarheit darüber schaffen, wie Archegos den beträchtlichen Schaden anrichten konnte.

Da zudem auch die US-Aufsichtsbehörden untersuchen, wie die Archegos einen Grossteil der Wall Street derart in Mitleidenschaft ziehen konnte, drohen auch der UBS möglicherweise höhere Kapitalanforderungen für das Prime-Brokerage-Geschäft mit Finanzinvestoren – ein Schicksal, das der CS erspart bleibt, da sie sich aus diesem Geschäft ganz zurückzieht.

4. Ausverkauf in San Juan

UBS sieht sich mit einer Reihe von Klagen von Anlegern konfrontiert, die ihr Geld mit Anleihen des US-Inselterritoriums Puerto Rico verloren haben. Dies, nachdem die Papiere bei einem grossen «Ausverkauf» rund 3 Milliarden Dollar an Wert verloren hatten. Den Bankern wird vorgeworfen, ihre treuhänderische Pflicht gegenüber den Kunden vernachlässigt zu haben.

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San Juan, Puerto Rico (Bild: Shutterstock)

Der frühere UBS-Chef Sergio Ermotti räumte 2018 gegenüber dem amerikanischen TV-Sender «CNBC» ein, dass die UBS hier «einiges hätte besser machen können». Die Angelegenheit ist für die UBS finanziell weniger einschneidend als Frankreich oder RMBS, da die meisten Rechtsstreitigkeiten individuell behandelt werden und die Beträge vergleichsweise gering sind.

5. Marktmanipulationen selber angezeigt

Eine acht Jahre alte Untersuchung darüber, wie UBS und andere globale Investmentbanken angeblich Devisenmärkte manipuliert oder Absprachen über Libor-Zinssätze getroffen haben, stellt den umfangreichsten Teil der Prozessrisiken der Schweizer Bank dar, ist aber für die Aktionäre des Instituts wenig bedeutend.

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Bank of England (Image: Shutterstock)

Dies deshalb, weil sich die UBS selber anzeigte und mit den Behörden kooperierte. Im Gegenzu erhielt das Institut eine mildere Behandlung und in einigen Fällen sogar volle Straffreiheit zugestanden. Die Vergleiche werden weiterhin in verschiedenen Gerichtsbarkeiten wie Hongkong, den USA und Singapur geschlossen. In der Schweiz anerkennt die Wettbewerbskommission (Weko) die volle Immunität der UBS nicht an.

6. Risikobehaftete Schlüsselstelle

Weiter schwebt über der Grossbank das Damoklesschwert, dass gegen Konzernchef Ralph Hamers (Bild unten) Anklage wegen Geldwäscherei erhoben werden könnte. Dies mit Blick auf sein früheres Amt als Chef der niederländischen Grossbank ING – Investorenvertreter fordern dort, einen eigentlich abgeschlossenen Fallkomplex beim Institut neu aufzurollen. Eine Voruntersuchung der niederländischen Staatsanwaltschaft dazu läuft.

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(Image: Keystone) 

Doch sowohl die Bank als auch ihr langjähriger Chefjurist Markus Diethelm, der die Angelegenheit gleichsam «exklusiv» auch nach seiner Ablösung durch Barbara Levi im vergangenen Monat weiterführt, werden nicht aufatmen, bis die drohende Anklage gebannt ist.

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