Weil die letzten drei Jahre bei der Genfer Bankensoftware-Schmiede Temenos viel Goodwill zerstört hätten, fordert der aktivistische Aktionär Petrus Advisers eine sofortige Radikalkur und Köpferollen.

Knapp einen Monat, nachdem Temenos von enttäuschenden Quartalszahlen an der Börse abgestraft worden ist, zieht der unlängst eingestiegene neue Minderheitsaktionär Petrus Advisers die Daumenschrauben an. In einem Brief an die Geschäftsleitung des Genfer Unternehmens fordert er, der Bankensoftware-Hersteller müsse möglichst bis zum Februar 2023 einen glaubwürdigen Geschäftsplan vorlegen.

Der für seine aktivistische Haltung bekannte Neuaktionär drückt aber nicht nur bei der Neuausrichtung der Unternehmensstrategie aufs Tempo. Petrus entzieht auch Konzernchef Max Chuard und Verwaltungsratspräsidenten Andreas Andreades das Vertrauen, fordert er doch das Führungsduo zum sofortigen Rücktritt auf.

Kampf mit harten Bandagen

Begründet wird das Köpferollen im Brief mit deutlichen Worten: «Offensichtlich hat Ihr CEO uns ins Gesicht gelogen». Denn der überforderte Chuard habe dem Aktionär einige Wochen vor der scharfen Gewinnwarnung noch versichert, dass «grundsätzlich alles in Ordnung und auf dem richtigen Weg» sei. Falls dies keine Lüge gewesen sei, habe Chuard Mitte September immer noch keine Ahnung über die Richtung des Geschäfts gehabt – was für den Aktionär ebenfalls nicht akzeptabel ist.

Andreades wiederum müsse wegen einer dürftigen Erfolgsbilanz seinen Sessel als Verwaltungsratspräsident freimachen. Seine Rolle als De-facto-Entscheidungsträger mache es Temenos schwer, erstklassige Talente anzuziehen und zu halten.

Kreisende Aasgeier

Die Geduld verloren hat Petrus offensichtlich aber auch, weil die beiden Manager «jahrelang schamlos ihre Taschen gefüllt» hätten und jetzt wie «Aasgeier» über dem am Kapitalmarkt angeschlagenen Unternehmen Ruf des Unternehmens kreisen würden.

Zum Einstieg bei Temenos hatte Petrus-Partner Till Hufnagel gegenüber finews.ch noch erklärt, dass Temenos sehr gut aufgestellt sei. Allerdings könne das Management keine handfesten Fortschritte bei der Umsetzung weiterer ambitiöser Ziele vorweisen. Petrus begleitet bei seinen Engagements die Unternehmen im Schnitt rund vier bis fünf Jahre.

Temenos sieht Fortschritte

Die Softwareschmiede erklärte auf Anfrage von finews.ch, dass die jährliche Strategie derzeit wie angekündigt überprüft wird. Die Umstellung auf ein Abonnementsmodell (SaaS) schreite gut voran, wie die jüngsten Vertragsabschlüsse zeigen würden. Die Unternehmensspitze konzentriert sich gemäss eigenen Angaben derzeit auf die Lösung der Probleme bei der Vertriebsabwicklung, wie sie in den Ergebnissen des letzten Quartals hervorgehoben wurden. Im Übrigen begrüsst Temenos den Dialog und das Engagement mit allen Aktionären.