Die grösste Bank der Schweiz hadert seit geraumer Zeit mit ihrem Aktienkurs und legt nun mit ihrem Präsidenten die Marschrichtung vor, wie 2023 alles besser werden soll. Allerdings darf sie dabei eine Unbekannte nicht unterschätzen.

Trotz der nach wie vor gedrückten Stimmung in Europa haben die Finanzmärkte seit Jahresbeginn deutlich an Wert zugelegt. In der Schweiz beispielsweise legte der Swiss Performance Index (SPI) um 5,8 Prozent zu, was seit dem Jahr 2000 das zweitbeste Ergebnis darstellt. Einzig im Jahr 2013 stieg der SPI um 6,4 Prozent.

In diesem Kontext legte sogar die im vergangenen Jahr arg gebeutelte CS-Aktie um 13,1 Prozent zu, während die UBS es im selben Zeitraum auf 11,5 Prozent brachte.

Undankbare Anlegerinnen und Anleger

Gleichwohl ist UBS-Präsident Colm Kelleher mit der Bewertung der UBS-Aktie nach wie vor nicht zufrieden, wie er am vergangenen Wochenende – gegenüber der «Neuen Zürcher Zeitung» (Artikel bezahlpflichtig) – einmal mehr zum Ausdruck brachte. «Die Investoren sehen die UBS nicht als das, was wir sind», sagte er der Zeitung. Und präzisierte gleich: «Morgan Stanley etwa wird zwischen dem 1,4- und dem 2-fachen Buchwert gehandelt. Die UBS zum einfachen Buchwert. Es gibt keinen Grund, weshalb wir mit einem Abschlag zu amerikanischen Banken gehandelt werden.»

Tatsächlich steckt die UBS in einer Zwickmühle, gilt sie doch als die effizienteste Bank in Europa und ist gleichzeitig die grösste Vermögensverwalterin der Welt – mit namentlich einer sehr starken Präsenz in Asien und anderen Wachstumsmärkten. Doch honorieren die Anlegerinnen und Anleger dies nicht – oder zu wenig.

Der Motor ist anderswo

Insofern ist es interessant, dass Kelleher nun unmissverständlich erklärt hat, wie er die Attraktivität der UBS als Investment-Case nachhaltig steigern will. Eine massgebliche Rolle spielen dabei die USA, während die Schweiz als Wachstumsmarkt nicht mehr viel zu bieten hat, wie der UBS-Präsident im Interview einräumt: «Wir haben ein grossartiges Schweizer Kerngeschäft. Dieses stabilisiert das Schiff und hält es ruhig über Wasser. Aber der Motor ist anderswo. In einem Land mit 8,7 Millionen Einwohnern können wir das Geschäft per Definition nicht wesentlich ausbauen.»

Jenseits des Atlantiks ortet er umso mehr Wachstumspotenzial und vor allem einen Pool an institutionellen Investoren (Versicherungen, Pensionskassen, Anlagegesellschaften), die es noch intensiver zu bearbeiten gilt. «Wir müssen die institutionellen Investoren, insbesondere in den USA, dazu bringen, unsere Aktien zu kaufen. Ein wichtiger Schritt dazu ist auch, dass sich die amerikanischen Analysten vertieft mit uns befassen», so Kelleher.

Margenverbesserung in den USA

Bisher hat das noch kein UBS-Top-Manager so klar zu Protokoll gegeben: Die Wachstumsmärkte der UBS mit ihren Wurzeln in der Schweiz liegen in den USA und Asien; und die Investorenschaft muss sich weiter internationalisieren, namentlich jenseits des Atlantiks. Dort sieht Kelleher Handlungsbedarf, wenn er erklärt: «Wir entfalten in den USA noch nicht unser ganzes Potenzial. Wir müssen vor allem das Vermögensverwaltungsgeschäft zum Laufen bringen und dort eine Margenverbesserung erzielen.»

Damit setzt die UBS einmal mehr ihre Hoffnung zu einem grossen Teil auf die USA. Das hat sie in der Vergangenheit schon mehrmals getan – und bisweilen Schiffbruch erlitten. Mag sein, dass es diesmal mit einem an der Wall Street (Morgan Stanley) gestählten Präsidenten anders herauskommen könnte. Doch das braucht seine Zeit, soll eine Entwicklung tatsächlich nachhaltig sein.

Konkurrenz vom Paradeplatz

Allerdings sollten die Verantwortlichen bei der UBS nicht ausser Acht lassen, dass ihnen gerade aus der Schweiz eine neue und alte Konkurrenz erwachsen wird: die Credit Suisse (CS). Das mag derzeit noch etwas abwegig anmuten. Doch es ist klar, dass die CS nichts unversucht lassen wird, um die verlorenen Marktanteile zurückzugewinnen. Spätestens am 9. Februar 2023, wenn sie die dramatisch schlechten Zahlen von 2022 präsentiert, wird sie das Schlimmste hinter sich gebracht haben.

Dann dürfte das Rennen zwischen den beiden Schweizer Grossbank-Monumenten wieder offen sein; nach einigen Jahren der totalen Überlegenheit muss sich Kelleher folglich in diesem Jahr auf einen harten Wettbewerb mit der Konkurrentin vom Paradeplatz gefasst machen – vor allem in Asien und in anderen Wachstumsmärkten. Zumal er nicht die Absicht hat, die CS zu schlucken, wie er in besagtem Interview vom vergangenen Wochenende ausdrücklich betont hat: «Wir haben nicht den Wunsch, die Credit Suisse zu kaufen.»

War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
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