Erneut stehen diverse Schweizer Privatbanken wegen des Geschäfts mit reichen Russen international am Pranger. Das Lavieren um dieses Business wird für die Branche immer gefährlicher.

Einmal mehr bringt ein Datenleck Schweizer Banken in peinliche Bedrängnis. Wie unter anderem die Zeitung «Tages-Anzeiger» (Artikel bezahlpflichtig) unter Berufung auf Daten des Westschweizer Fernsehsender «RTS» berichtete, sind ein hiesiger Vermögensverwalter und diverse namhafte Institute in Geldflüsse um die russische Oligarchen-Familie Ponomarenko sowie um den früheren russischen Minister für Information, Leonid Reiman, verwickelt.

Schweiz als Hub

Reiman gilt als Intimus von Russlands Präsidenten Wladimir Putin; laut einem international anerkannten Gericht soll er sich in den Nullerjahren an russischem Staatsvermögen bereichert haben. Alexander Ponomarenko ist nicht auf Sanktionslisten des Westens zu finden. Seinen Unternehmen wird aber vorgeworfen, Russlands Krieg gegen die Ukraine zu unterstützen.

Im Bericht des «Tages-Anzeiger» wurden die Bank Julius Bär, Lombard Odier, Pictet und Reyl (heute Reyl Intesa Sanpaolo) in Zusammenhang mit dem Datenleck erwähnt.

Zur Familie Ponomarenko heisst es, dass Zahlungen über verschiedene Familienmitglieder und diverse Länder liefen – so berichtete das deutsche Magazin «Spiegel» von Investitionen am Berliner Immobilienmarkt. Naheliegend ist, dass der Schweizer Offshore-Finanzplatz als «Hub» für die Transaktionen genutzt wurde.

Leck bei Zürcher Vermögensverwalter

Die geleakten Daten, auf die sich die Enthüllungen beziehen, stammen vom unabhängigen Schweizer Vermögensverwalter Finaport und wurden von Hackern ins Darknet gestellt; die mehr als 500’000 Dateien, die von 2003 bis Anfang 2023 reichen, wurden von «RTS», dem Recherche-Kollektiv «Organized Crime and Corruption Reporting Project» (OCCRP), «Le Monde» aus Frankreich, dem «Spiegel» und dem Sender «ZDF» in Deutschland, dem österreichischen «Der Standard» und der Schweizer TX Gruppe ausgewertet.

Finaport erklärte gegenüber dem «Spiegel», bei den Daten handle es sich um eine «willkürliche, nicht aktuelle und unvollständige Auswahl».

Dennoch sehen sich das Finanz-KMU und die genannten Schweizer Banken erneut ins Rampenlicht gezerrt in einem Geschäft, das seit dem Angriff Russlands auf die Ukraine im Februar 2021 als faktisch tot gilt. Dennoch scheint sich das Russen-Banking – das hierzulande mit Einschränkungen für nicht sanktionierte Personen mit EU- oder Schweizer Pass weiterhin erlaubt ist – hartnäckig zu halten.

Nur wenige offizielle Abschiede

Offiziell verabschiedet haben sich seit dem Angriffskriegs Russlands nur wenige Akteure wie etwa das Zürcher Investmenthaus Vontobel und der grosse unabhängige Vermögensverwalter Sound Capital; die Liechtensteiner VP Bank ist immer noch daran, ein Portfolio mit russischen Vermögen abzuwickeln. Die nun in den Berichten genannte Zürcher Privatbank Julius Bär hat offenbar im vergangenen Juli Kunden benachrichtigt, alle Geschäfte mit in Russland ansässigen Kunden einstellen. Dieses Wording würde aber noch einige Schlupflöcher offen lassen.

Denn das ist das Dilemma der Schweizer Privatbanker: Banking-Dienste für (nicht sanktionierte) Kunden mit so genanntem Russland-Konnex sind extrem lukrativ, wie eine Branchenkenner gegenüber finews.ch erklärte. Dies gerade deshalb, weil sie so schwierig geworden und selten angeboten werden. Am Ende darf aber jede Bank über ihren Risikoappetit befinden, und die Gefahren für die eigene Reputation gegen kurzfristige Ertragssteigerungen abwägen.

Vorstoss des Branchenverbands

Die Schweizerischen Bankiervereinigung (SBVg), die als Beraterin der Banken in dieser hoch politischen Frage eine wichtige Rolle spielt, sähe es mittlerweile lieber, dass die Schweiz einen härteren Kurs in Sachen Russland-Gelder fahren würde. So erklärte Verbandchef Roman Studer kürzlich gegenüber der «NZZ» (Artikel bezahlpflichtig), dass zumindest die SBVg einen Beitritt der Schweiz zur Taskforce der G-7-Staaten zur Umsetzung der Russland-Sanktionen nicht ablehnen würde.

«Aus Sicht der Bankiervereinigung sehe ich wenig Gründe, die gegen einen Beitritt sprechen. Wir haben uns in den vergangenen Monaten in direkten Gesprächen mit involvierten Parteien denn auch immer entsprechend geäussert», so Studer.

Dieser Einschätzung schloss sich nun auch FDP-Chef Thierry Burkart an. Er sehe keinen Grund, warum die Schweiz nicht beitreten sollte, sagte er in der SRF-Tagesschau am Mittwochabend. «Im Gegenteil: Wir hätten dort die Möglichkeit, unseren Standpunkt einzubringen und aufzuzeigen, dass wir schon sehr aktiv sind in dieser Angelegenheit.» Damit dürften sich die Chancen für einen Beitritt erhöht haben.

In den USA unter der Lupe

Das Problem des Lobbyisten: der Bundesrat sperrt sich weiterhin gegen einen Beitritt, und es ist nicht klar, ob auch die Branche geeint hinter einem solchen Entscheid stehen würde. Laut dem Verband setzen die Schweizer Banken die international koordinierten Sanktionen konsequent um.

Wie sich am Fall Ponomarenko erneut zeigt, nehmen die Reputationsrisiken für den Bankenplatz bei einer unklaren Linie im Russen-Banking weiter zu; ganz zu Schweigen vom handfesten Druck aus den USA, wo die Behörden die Umsetzung der Sanktionen bei einzelnen Schweizer Banken prüfen. Ohne offiziellen Ausstieg aus dem Russen-Banking wird die Branche deshalb höchst angreifbar bleiben.

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