Digitale Lösungen ermöglichen eine wirksame und günstige Umsetzung von Regulierungsvorgaben und stärken so den Schweizer Finanzplatz, schreibt Richard Hess von der Bankiervereinigung.

Richard Hess 192Richard Hess ist Leiter Projekte Digitalisierung bei der Schweizerischen Bankiervereinigung

Hinter dem Schlagwort «Regtech» oder «Regulatory Technology» versteckt sich ein enormes Potential an Lösungen für die Digitalisierung des Regulierungsbereichs. Neben dem Regtech-Bericht des Bundes zeigen auch Initiativen im Markt wie die «RegTechtalks» oder die «Swiss RegTech 2018», dass das Thema hochaktuell ist. Als interessante Einführung in das Thema empfiehlt sich auch folgendes Experten-Interview. Fazit: Kommt Regtech flächendeckend zur Anwendung, verbessern sich Aufsicht und Compliance, und dies zu deutlich tieferen Kosten.

Hohe Compliance-Kosten

Im hochregulierten Finanzsektor sind Banken und andere Dienstleister ständig höheren regulatorischen Anforderungen ausgesetzt, mit entsprechenden Kostenfolgen für Risikomanagement und Compliance. Allein 2016 hat der Schweizer Finanzplatz mehr als 2 Milliarden Franken für Compliance ausgegeben. Dies entspricht rund 5 Prozent des Gesamtaufwands und 14 Prozent des Geschäftserfolgs.

Seit 2010 haben sich die jährlichen Gesamtkosten für Compliance dabei mehr als verdoppelt. Das entspricht einer durchschnittlichen Wachstumsrate von mehr als 12 Prozent pro Jahr. Ein Grossteil der Kosten fällt dabei auf die Themen «Bargeldumgang und Geldwäschereibestimmungen» und «Auslandskunden und Tax-Compliance» (Quelle: «Swiss Banking Report 2018», Studie von Professor Teodoro Cocca, im Auftrag des Zürcher Bankenverbands).

Grosses Potential

In Anbetracht dieses enormen Aufwands haben Lösungsansätze für die effiziente und konsequente Erfüllung von regulatorisch vorgegebenen Pflichten grosses Potential. Regtech erfasst und verwaltet einfache, wiederkehrende Fälle vollständig digital. Damit wird die Arbeit von Legal- und Compliance-Abteilungen deutlich verbessert, und die internen Compliance-Experten können sich auf die komplexeren Fragestellungen konzentrieren.

Nicht nur das Potenzial, intern die Effizienz zu steigern, ist wichtig. Genauso zentral ist die Qualitätsverbesserung der Compliance durch intelligente Analysen in Echtzeit und die geringere Fehleranfälligkeit. Hinzu kommt eine effizientere Zusammenarbeit mit den Aufsichtsbehörden.

Das Höchste der Gefühle

Doch leider zeigt sich, dass das Thema Regtech bei den Behörden und bei vielen Finanzinstituten in der Schweiz aktuell noch in den Anfängen steckt. Während in Grossbritannien bereits erste maschinenlesbare Regulierungen und ein durch einen Algorithmus getriebenes Regelwerk eingeführt werden, ist hierzulande schon die Übermittlung von Daten an die Schweizerische Nationalbank per E-Mail oder mittels Online-Meldesystemen das Höchste der Gefühle.

Angesichts der zunehmenden Regulierungsflut und erodierender Margen gibt es aber genug Anlass, das hier brachliegende Effizienzsteigerungspotential und die neuen Analysemöglichkeiten durch eine vollständige Digitalisierung auszuschöpfen. Nutzungsmöglichkeiten in den vier Bereichen Risikomanagement, regulatorisches Reporting, Kundenidentifizierung und Geldwäscherei sowie der übergreifenden Corporate Governance gibt es dabei zuhauf. Die Aufsichts- und Regulierungsbehörden sind gefordert, sich technologisch und organisatorisch bereit zu machen.

Einsatz lohnt sich

Regtech-Lösungen ermöglichen eine effiziente und wirksame Umsetzung von Regulierungsvorgaben und leisten damit einen wesentlichen Beitrag zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit des Schweizer Finanzplatzes. Die durch den Einsatz von technologischen Hilfsmitteln erzielten Verbesserungen dürfen nicht durch gleichzeitige Verschärfung der Regulierung wieder wettgemacht werden.

Im Gegenteil: Regulierung sollte so ausgestaltet sein, dass die Compliance sowohl banken- als auch aufsichtsseitig leicht zu digitalisieren ist. Nur dies ermöglicht eine digitale Regulierung, die allen nützt.