Comeback der SRG am Kapitalmarkt in stürmischen Zeiten

Die Schweizerische Radio- und Fernsehgesellschaft (SRG) kehrt nach langer Absenz an den Kapitalmarkt zurück. Sie hat am Montag Investorengespräche unter der Ägide der beiden designierten Lead Manager UBS und Zürcher Kantonalbank (ZKB) geführt. Die siebenjährige Anleihe über 100 Millionen Franken soll am Dienstag lanciert werden und dient der Refinanzierung kurzfristiger Verbindlichkeiten. Ihre letzte Anleihe hatte die SRG im Jahr 2008 zurückgezahlt.

Interessant ist es, wie die ZKB und die Schweizer Ratingagentur Fedafin die Qualität des einer breiten Öffentlichkeit bestens bekannten grössten Schweizer Medienhauses mit einem Umsatz von rund 1,5 Milliarden Franken und gut 7'100 Mitarbeitern jährlich einschätzen.

Bedeutungsverlust der traditionellen Medien

Die als Verein organisierte SRG erfüllt einen Leistungsauftrag des Bundes, der auf der Bundesverfassung, dem Radio- und Fernsehgesetz samt der entsprechenden Verordnung sowie der Bundeskonzession basiert. Sie finanziert sich zur Hauptsache aus der obligatorischen Medienabgabe.

Die Zürcher Staatsbank stuft die SRG mit BBB (Ausblick stabil) ein. Bonitätsexpertin Carolin Pompetzki weist in ihrer Analyse auf den sich rasant verändernden Medienkonsum hin. Dieser habe dazu geführt, dass traditionelle Medien wie die SRG an Bedeutung verloren hätten, was sich in der sinkenden Reichweite der SRG auf den linearen Kanälen widerspiegle. «Die Abstimmung über die Halbierungsinitiative 2026 wird Aufschluss darüber geben, wie stark die SRG in der Bevölkerung verankert ist», hält Pompetzki fest und erwähnt in diesem Zusammenhang auch das laufende Transformationsprogramm «Enavant SRG SSR» mit Sparzielen.

Halbierungsinitiative mit Ratingklasse vereinbar

Die SRG verfolge keinen Gewinnzweck und strebe ein ausgeglichenes Jahresergebnis an, habe aber in den letzten Jahren einen operativen Cashflow erwirtschaftet, mit dem sie ihre Investitionen mehrheitlich aus eigener Kraft finanzieren konnte. Selbst bei einer Annahme der Halbierungsinitiative sei die Einstufung in der Ratingklasse angesichts von Übergangsfristen, Anpassungen beim Leistungsauftrag und potenziellen Immobilienverkäufen adäquat, befindet die ZKB.

Das Triple-B der SRG beruht allerdings nicht allein auf eigener Kraft. Das Standalone-Rating, das ihr die ZKB vergibt, beträgt nämlich nur bb+. «Aus der Staatsnähe der SRG leiten wir eine implizite Garantie mit «moderat hoher» Wahrscheinlichkeit einer Unterstützung durch die Schweizerische Eidgenossenschaft mit einem Rating von AAA ab, was zu einer Anhebung des Ratings um zwei Notches auf BBB führt.»

Stärken und Schwächen der SRG

Spürbar besser ist die Einstufung von A+ durch Fedafin. Die Agentur stützt sich dabei auf folgendes Stärken-Schwächen-Profil ab.

Stärken sind:

  • Verfassungsrechtlicher Leistungsauftrag;
  • Wettbewerbsvorteil durch Konzessionsgebühren; starke Marktstellung in allen vier Sprachregionen;
  • hohe Relevanz zur öffentlichen Meinungsbildung und somit bis zu einem gewissen Grad systemrelevant;
  • über 80 Prozent der Einnahmen sind Medienabgaben, die SRG monatlich direkt von der Finanzverwaltung erhält;
  • sehr hohe stille Reserven auf dem per Ende 2024 mit 451 Millionen Franken bilanzierten Immobilienportfolio (ohne Anlagen im Bau).

Schwächen sind:

  • Zunehmende Liberalisierung des Medienmarktes;
  • anhaltender Druck auf die Gebührenerträge (Halbierungsinitiative)
  • limitierende regulatorische Rahmenbedingungen, um auf das wachsende Multimediaangebot zu reagieren (z.B. Netflix, Amazon, Apple, Disney);
  • grosse Herausforderung bezüglich gleichzeitiger Implementierung von Innovationen und Transformation;
  • möglicher starker Druck auf die Profitabilität ab 2027, wenn die stärkste Gebührensenkung anstehen wird.

Einig geht Fedafin mit der ZKB darin, dass die Wahrscheinlichkeit eines Eingreifens des Bundes in einer Krise mit dem Ziel einer Stabilisierung der SRG beträchtlich ist. Allerdings beträgt der sogenannte Upgrade hier gleich sechs Notches, was eine Erklärung für das um vier Stufen bessere Rating als bei der ZKB ist.

Unterschiedliche Einschätzungen sind nicht negativ

Auch die Wahrscheinlichkeit, dass eine Unterstützung nötig werden könnte, veranschlagt Fedafin zumindest implizit offenbar höher. Eine Annahme der Halbierungsinitiative hätte nämlich «eine grosse Restrukturierung und eine mögliche Anpassung der Konzession zur Folge», was dramatischer klingt als bei der ZKB.

Die Tatsache, dass die Noten der zwei Bonitätsbewerter für den gleichen Schuldner so divergieren, ist nicht per se negativ zu werten, sondern kann als Ausdruck eines gesunden Pluralismus der Ansätze und der Einschätzungen am Schweizer Ratingmarkt interpretiert werden.