M&A-Ausblick 2026: Der Markt fasst wieder Mut
Die Vormittagskonferenz stand im Zeichen eines Marktes, der nach einem herausfordernden Jahr 2025 auf Richtungssuche war. Zwar war die Pipeline vieler Marktteilnehmer über weite Strecken gut gefüllt, doch Bewertungsdifferenzen, geopolitische und operative Unsicherheiten lasteten wie Blei auf effektiven Abschlüssen.
Vor diesem Hintergrund gab der Anlass interessante Einblicke in die Frage, wie führende Vertreterinnen und Vertreter des Marktes die Lage einschätzen.
Fireside-Chat mit dem M&A-Chef von ABB
Organisiert werden die «Dealmakers Dialogues» von Datasite, einem führenden SaaS-Anbieter von KI-gestützten Lösungen für Workflow-Kollaboration und Prozessautomatisierung in den Bereichen M&A, Investments und strategische Transaktionen.
Den Auftakt bildete ein Fireside Chat mit Hari Narayanan, Group Vice President und Head of Corporate M&A bei ABB. Moderiert wurde es von Zhanina Panova, die den Verkauf von Datasite in der Schweiz und Mittel- sowie Osteuropa leitet.
5,4-Milliarden-Franken-Transaktion
Narayanan erinnerte daran, dass die Transformation eines Industrie- und Technologieunternehmens normal sind und einen marktorientierten Ansatz darstellen, um Wettbewerbsfähigkeit zu gewährleisten, und dass M&A in diesem Prozess eine zentrale Rolle spiele. «ABB hat sich in den letzten 20 Jahren erheblich verändert», sagte er. M&A sei stets ein Motor für strategische Neuorientierung, Fokussierung und Wachstum gewesen.

Fireside Chat mit Zhanina Panova (r) von Datasite und Hari Narayanan von ABB. (Bild: zVg)
Im Mittelpunkt des Gesprächs stand der im April angekündigte Verkauf der Robotics-Sparte von ABB an SoftBank, eine 5,4-Milliarden-Franken-Transaktion. Narayanan skizzierte zunächst die Ausgangslage: Robotics sei ein innovativer Bereich innerhalb des ABB-Portfolios, habe jedoch mit knapp sieben Prozent Umsatzanteil ein anderes Gewicht und brauche einen anderen Marktfokus und strategische Logik als das breitere Automationsgeschäft.
«Eigenes Universum»
Die ursprüngliche Idee eines Börsenspins habe genau diesem Befund Rechnung getragen. «Die Robotik bewegt sich in einem eigenen Marktuniversum», erläuterte Narayanan. «Wenn eine Einheit in einem Konzern eine andere Wachstumskurve aufweist, stellt sich die Frage, ob sie eigenständig nicht besser wachsen würde.» Narayanan zeigte sich überzeugt, dass die Einheit in «sehr gute Hände» übergehen werde.
Anschaulich beschrieb er den Transformationscharakter von M&A und sprach über die Herausforderungen der Umsetzung. Das Robotics-Geschäft ist in über vierzig Ländern tätig, mit eng verzahnten Prozessen und Teams. «Die Separierung ist operativ anspruchsvoll», sagte Narayanan. «Es geht nicht nur um rechtliche Strukturen oder Systemtrennungen. Menschen sind leidenschaftlich mit dieser Sparte verbunden. «Dieses Geschäft ist seit langem Teil von ABB und solche Übergänge erfordern grösste Sorgfalt.»
Kulturelle Komponente
Auch die kulturelle Komponente kam zur Sprache. Narayanan erläuterte, wie unterschiedlich M&A-Prozesse in den Regionen erlebt werden. In Asien sei Hierarchie beispielsweise stärker ausgeprägt; in Europa dominiere die Beratungsstruktur. «In vielen Märkten dürfen Sie ein Gespräch gar nicht beginnen, wenn Ihre Visitenkarte nicht eine gewisse Seniorität zeigt», erklärte er. «Das beeinflusst bereits die Verhandlungsdynamik.» Doch im vorliegenden Softbank-Prozess habe die Zusammenarbeit aufgrund der professionellen Struktur und der Beraterteams auf beiden Seiten «gut funktioniert und keine grösseren kulturellen Reibungen erzeugt».
Am Ende des Gesprächs kam Narayanan auf die Marktperspektive zu sprechen. «Ich bin sehr optimistisch für M&A gestimmt. Und was wir bei ABB sehen, zeigt klar: Es gibt erhebliches Wachstumspotenzial.»
Hochkarätiges Panel
Im Anschluss rückten diese übergeordneten Fragen in einer Paneldiskussion in den breiteren Marktzusammenhang. Datasite-Gastgeber Markus Schiller, Head of Continental Europe, moderierte eine Runde mit Olof Engelbrekts, Head of Investment Banking Switzerland bei der Bank of America, Marco Superina, Head Global Banking für die Schweiz bei der UBS, Raymund Bareuther, Managing Partner von Everstride Partners, Andreas Poellen, Managing Director bei Saxenhammer sowie Petra Hanselmann, Partnerin bei Pestalozzi Rechtsanwälte und Mitglied des Executive Committees.
Ein zentraler Fokus lag auf der Bewertung. Engelbrekts sprach von einem «konstruktiven M&A-Markt», betonte jedoch, dass nicht alle Segmente gleichermassen davon profitieren. Poellen präzisierte dies aus Sicht des Mid-Market: «Bei privat geführten Unternehmen sind Bewertungsdifferenzen häufig emotional aufgeladen. Es geht nicht nur darum, was ein Business wert ist, sondern was es den Menschen bedeutet, die es geführt haben.»
USA bleibt ein wichtiger Bezugspunkt
Auch die geopolitischen Rahmenbedingungen wurden angesprochen. Engelbrekts nannte die USA «nach wie vor den wichtigsten Bezugspunkt für Schweizer Industriefirmen» – ein Markt, der für Unternehmen mit globalen Ambitionen weiterhin von zentraler Bedeutung sei.
Poellen wiederum verwies auf Osteuropa, wo Schweizer Unternehmen wegen der guten Qualifikation der Arbeitskräfte und der Kostenstruktur verstärkt investieren. Tarife, Regulierungen und politische Unsicherheit machten die Standortentscheidungen komplexer und luden sie zugleich strategisch auf.
«KI räumt den Schreibtisch frei»
In diesem Spannungsfeld gewinnt der Einsatz von KI an Bedeutung. Bareuther beschrieb ausführlich, wie stark sich Abläufe verändert haben. «Das Entscheidende ist nicht, dass KI E-Mails schreiben kann», sagte er, «sondern dass sie CRM, Sourcing-Tools und Datenräume verbindet. Sie räumt den Schreibtisch frei.»
Sein Hinweis, dass das von ihm mitgegründete Unternehmen Everstride heute in weniger als 48 Stunden komplette Pitchunterlagen erstellen könne, machte die praktische Dimension sichtbar. UBS-Mann Superina wiederum stellte klar, dass Erfahrung und Urteilskraft nicht automatisierbar sind: «Transaktionen werden am Ende von Menschen abgeschlossen. Beziehungen und Vertrauen bleiben zentral.»
Kanzleien in der KI-Testphase
Hanselmann ergänzte die juristische Perspektive. «Alle Kanzleien sind in der Testphase», sagte sie. «Wir prüfen Tools, wir setzen sie ein, aber KI ersetzt bislang noch kaum Junior Associates.» Die grossen Fragen – Risiko, Haftung, Vertragsstruktur – würden weiterhin menschliches Urteilsvermögen und Erfahrung benötigen.
Hier gelangte die Diskussion an einen delikaten Punkt. Verschiedene Teilnehmer warfen die Frage auf, wie in Zukunft die Reifung über den Zeitraum der beruflichen Laufbahn vom Junior zum Partner gelingen könnte, wenn die Kunden aufgrund von KI-Effizienzgewinnen nicht mehr bereit sein sollten, das Lernen «on the job» zu finanzieren.
Bewertung und Preisgestaltung als kritischer Faktor
Aufschlussreich waren die Slido-Abfragen des Publikums. Bei der Frage nach dem wichtigsten Erfolgsfaktor für das Gelingen eines Deals dominierte 55 Prozent klar «Bewertung & Preisgestaltung». Die «Zukunftsfähigkeit» »wurde mit 33 Prozent ebenfalls sehr häufig genannt.
Die grössten Chancen für M&A in der Schweiz im 2026 verortete das Publikum bei «Technologie & Digitalisierung» (50 Prozent) sowie beim Faktor «Verkaufsdruck und mehr Mut bei den Käufern.»
73 Prozent nutzen täglich KI
Gefragt, ob die anwesenden M&A-Praktiker in ihrem Arbeitsalltag Künstliche Intelligenz (KI) einsetzen, antworteten 73 Prozent, dies sei mittlerweile «täglich» der Fall.
Zum Schluss des Anlasses fasste Zhanina Panova im Gespräch mit finews.ch die Stimmung zusammen. Sie hielt fest, dass Fundamentalkritik gegenüber der Rolle von KI im M&A-Geschäft fast vollständig verschwunden sei. «Alle auf dem Panel waren der Meinung, dass KI eher Chance als Bedrohung ist», sagte sie.
Optimismus bei Datasite
Datasite, erklärte sie, habe seine Plattform in den letzten Jahren erheblich erweitert. «Wir sind längst nicht mehr nur ein Anbieter virtueller Datenräume. Heute ist Datasite ein M&A-Ökosystem, das den gesamten Deal-Lebenszyklus – von der Akquise bis zum Reporting – unterstützt.»
Die Nachfrage in der Schweiz sei hoch, die Pipeline gut gefüllt, und das Team werde weiter wachsen.














