Zunächst klagte die Credit Suisse noch selber gegen einen Private Banker, der Anfang Jahr in Genf in einer Affäre um verschwundene Oligarchen-Gelder verurteilt worden war. Jetzt legen sich die Anwälte der Grossbank plötzlich für ihn ins Zeug.

Der 54-jährige Franzose, der es vom Kosmetikverkäufer zum hochbezahlten Osteuropa-Banker bei der Credit Suisse (CS) in Genf gebracht hatte, ist bei der Grossbank eigentlich gründlich unten durch.

Der ehemalige Angestellte hatte das Institut in einen schlagzeilenträchtigen Skandal um veruntreute Gelder schwerreicher osteuropäischer Kunden gerissen; prominentester Geschädigter in der Affäre ist der frühere georgischen Premierminister Bidzina Ivanishvili.

Im Prozess gegen den Ex-Banker Anfang 2018 sah sich die Bank selber als Geschädigte. Sie warf ihrem ehemaligen Kundenberater vor, rund 45 Millionen Franken an Kommissionen und Handelsgebühren abgezweigt zu haben. Wie auch finews.ch meldete, wurde der ehemalige CS-Mann im letzten Februar in Genf wegen gewerbsmässigen Betrugs, Urkundenfälschung und ungetreuer Geschäftsführung verurteilt. Derzeit sitzt er seine Gefängnisstrafe ab.

Sehr erstaunlich

Umso erstaunlicher ist das, was die Agentur «Bloomberg» über die CS nun berichtet: Die Anwälte der Grossbank bemühen sich demnach, einen Punkt des Genfer Urteils gegen den früheren Private Banker umzuwerfen. Konkret geht um die Verurteilung wegen ungetreuer Geschäftsbesorgung in Zusammenhang mit den Konten zweier prominenter Kunden.

Die Zürcher Anwaltskanzlei Schellenberg Wittmer, welche für die CS die Eingabe beim Genfer Gericht machte, wollte die Beweggründe dazu gegenüber der Agentur nicht nennen. Die Bank selber bestätigte die Eingabe, kommentierte diese aber ebenfalls nicht weiter.

Klägeranwälte freuen sich

Für die Anwälte der geschädigten Oligarchen ist aber glasklar, worum es der Grossbank dabei geht. Ihrer Meinung nach lastet das Urteil wegen ungetreuer Geschäftsbesorgung schwer auf dem Unternehmen, weil dieses impliziert, dass die Bank ihren Angestellten besser hätte kontrollieren müssen. Jener Punkt des Urteils bietet für Privatkläger denn auch einen willkommenen Anknüpfungspunkt.

Dass die geschädigten Kunden sich auf die Bank einschiessen, zeigte sich bereits nach dem Richterspruch vom vergangenen Februar. Damals freute sich ein Klägeranwalt, die Verurteilung des Ex-CS-Bankers sei «ein wunderbarer Auftakt für eine ganze Reihe von Zivilverfahren.»

Die Rechtsvertreter sind der Meinung, die Bank habe grob fahrlässig gehandelt, dem Angestellten die Bücher von russischen Grosskunden zu überlassen, bloss weil er einige Jahre in Moskau gelebt habe.

Noch lange nicht ausgestanden

Dies alles macht deutlich, dass die Affäre für die CS noch längst nicht ausgestanden ist. Als Ziel für Schadenersatzklagen erscheint das Institut viel attraktiver als ein einzelner und noch dazu inhaftierter Banker.

Dass es nun von allen Seiten Einsprachen gegen das Genfer Urteil hagelt, ist die strafrechtliche Aufarbeitung des Falls immer noch nicht abgeschlossen. Anschliessend werden mit ziemlicher Sicherheit die angedrohten Zivilverfahren folgen, bei der die zweitgrösste Schweizer Bank wohl im Fokus stehen wird.

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