Hinter dem Skandal um die Beschattung von Iqbal Khan durch Privatdetektive steht eine persönliche Fehde zwischen Credit-Suisse-CEO Tidjane Thiam und seinem früheren Untergebenen. Recherchen von finews.ch zeigen, welche Rolle dabei Verwaltungsratspräsident Urs Rohner spielte.

Für Urs Rohner, den Verwaltungsratspräsidenten der Credit Suisse (CS), ist die Stunde der Wahrheit angebrochen. Er will eine lückenlose Aufklärung der Bespitzelungsaktion gegen Iqbal Khan, welche in «seiner» Bank angezettelt worden ist.

Rohner ist in dem Khan-Clash allerdings keine objektive und unbeteiligte Person. Möglicherweise führten von ihm ausgehende Handlungen mit dazu, dass innerhalb der CS eine Art «Vendetta» gegen Khan gestartet wurde.

Ein Feldzug mit dem Ziel, seinen Wechsel zur UBS mit allen Mitteln zu verhindern.

Rohner bevorzugt

Wie mehrere Quellen gegenüber finews.ch bestätigten, hatte Khan schon vor seiner am vergangenen 1. Juli erfolgten Kündigung bei der CS die Abgangsmodalitäten ausgehandelt – nicht etwa mit CEO Tidjane Thiam, sondern mit Rohner.

Gemäss den Quellen war Khan im vergangenen April mit der UBS handelseinig geworden, worauf er Rohner über seine bevorstehende Kündigung orientierte. Anschliessend habe der Verwaltungsratspräsident persönlich die Details mit Khan ausgehandelt – darunter das Austrittsdatum und die unüblich kurze Übergangsfrist von nur drei Monaten bis zum Start beim Erzrivalen.

Kochend vor Wut

Der 43-jährige beendete das zweite Geschäftsquartal noch ordentlich als operativer Wealth-Management-Chef der CS. Am Montag 1. Juli stellte Khan seinen CEO vor vollendete Tatsachen: Der Wechsel zur UBS, der Start nach einer Kündigungsfrist von nur drei Monaten und die mit Rohner ausgehandelten finanziellen Details.

Thiam soll vor Wut gekocht haben. Das Verhältnis zwischen ihm und Khan, den er im Sommer 2015 bei seinem Antritt als CEO noch als «meinen Star» bezeichnet hatte, war schon längst vorher zerrüttet gewesen.

Kronfavorit Khan

Khan hatte vergangenes Jahr – dem Vernehmen nach mit dem Segen von Rohner – von Thiam Zusicherungen gefordert, in näherer Zukunft seinen Chefposten erben zu können. Für Thiam eine Ungeheuerlichkeit. Den stolzen und mit viel Selbstvertrauen ausgestatteten CEO störte es zudem, dass er das Scheinwerferlicht mit dem jungen «Shooting Star» Khan teilen musste.

Und nun zog Khan, dessen Beitrag zum Erreichen des Turnarounds der CS erheblich war, zum grösseren Konkurrenten UBS. Dort schlüpft er zudem in die Rolle des Kronfavoriten für die Nachfolge von CEO Sergio Ermotti.

Zu hoch gepokert

Und nicht nur das. Wie die Quellen gegenüber finews.ch weiter sagten, war Khans Nachfolger an der Spitze der internationalen Vermögensverwaltung, Philipp Wehle, nicht Thiams erste Wahl. Gegen den eigentlichen Wunschkandidaten des CEO habe der Verwaltungsrat ein Veto eingelegt. Die CS kommentierte die Vorgänge nicht.

Damit wurde Thiam mit einem Male zum Verlierer in einem Machtpoker, bei dem er alle Trümpfe in der Hand zu haben glaubte. Doch hatte der französisch-ivorische Topmanager, der Partner bei McKinsey war und den britischen Versicherer Prudential aus der Krise geführt hatte, die Rechnung ohne Rohner gemacht.

Ende der Charmeoffensive?

Die Beziehung zwischen Verwaltungsratspräsident und CEO war vor Khans Austritt bei der CS schon seit geraumer Zeit rein sachlich gewesen. Gerüchteweise soll sich Thiam von Rohner über den wahren kritischen Zustand der CS zum Zeitpunkt seiner Amtsübernahme getäuscht gefühlt haben.

Die Untersuchung wird zeigen, ob Thiam direkt hinter der Beschattungsaktion gegen Khan steht. Rohner wird sich die Konsequenzen sehr gut überlegen müssen, wenn die damit beauftragte Zürcher Anwaltskanzlei in fünf bis zehn Tagen ein Ergebnis abliefert, wie es die CS gemäss einer mit der Sache vertrauten Person erwartet. 

Denn für den 60-Jährigen steht viel auf dem Spiel: Er muss die Traditionsbank vor einem Reputationsschaden bewahren. Gelingen könnte dies, wenn der Aufklärung auch personelle Konsequenzen folgen – womit Thiams Schweizer Charmeoffensive und sein Flirt mit einem Aufstieg ins Präsidium der CS nach dem ordentlichen Amtsende Rohners im Jahr 2021 ein abruptes Ende erfahren könnten.

War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
  • Ja, es gab keine andere, wirtschaftlich sinnvolle Alternative.
    26.68%
  • Nein, man hätte die Credit Suisse abwickeln sollen.
    18.59%
  • Nein, der Bund hätte die Credit Suisse übernehmen sollen.
    28.16%
  • Man hätte auch ausländische Banken als Käufer zulassen sollen.
    9.04%
  • Man hätte eine Lösung mit Schweizer Investoren suchen sollen.
    17.53%
pixel