Urs Rohner, der Präsident der Credit Suisse, hat CEO Tidjane Thiam nach der Khan-Affäre sein Vertrauen ausgesprochen. Somit könnte das Gespann die nächsten zwei Jahre unbeirrt weitermachen. Doch zu viel spricht dagegen.

Nach Urs Rohners Auftritt am Dienstag kursieren auf dem Zürcher Finanzplatz zwei Interpretationen: Der Verwaltungsratspräsident der Credit Suisse (CS) habe es einmal mehr verpasst, Stärke zu demonstrieren. Er hätte den unliebsam gewordenen CEO Tidjane Thiam loswerden können. Rohner werde nun seine Amtszeit so unsichtbar wie eh und je bis zum Jahr seines Rücktritts 2021 weiterführen.

Die andere Interpretation ist differenzierter: Der CS-Präsident habe taktisch geschickt gehandelt, mit dem erzwungenen Rücktritt von COO Pierre-Olivier Bouée habe er die zurzeit grösstmögliche Schadenbegrenzung in der für die CS so rufschädlichen Affäre um die Beschattung von Iqbal Khan erreicht.

«Courant normal» ist undenkbar

Hätte auch CEO Thiam den Hut nehmen müssen, wäre das als Zeichen der Destabilisierung der Bank gedeutet worden, und es hätten mögliche Konsequenzen im Aktionariat gedroht.

Es ist kaum denkbar, dass  bei der CS nun wieder der «Courant normal» einkehren und Rohner seinen CEO nicht stärker in die Verantwortung nehmen wird.

Der Einfluss Thiams und seine Managementkultur

Dass dies notwendig ist, liess der CS-Präsident am Dienstag selber durchblicken, indem er seinen Ärger darüber kundtat, dass in der Konzernleitung der traditionsreichsten Schweizer Grossbank ein Manager sass, der den geheimen Einsatz von Privatdetektiven gegen ein ehemaliges Mitglied dieser Konzernleitung abgesegnet hat.

Solche – in den Worten Rohners – «inakzeptablen» Vorgänge sind unter der Führung, der Aufsicht und dem Einfluss Thiams geschehen – das lässt sich nicht wegreden. Eine Managementkultur, in der solch ein Gebaren entstehen kann, ist für Rohner ein ernsthaftes Problem, das mit dem Ausscheiden des 48-jährigen Bouée nicht gelöst ist. Denn auch an Thiams Darstellung, er habe von der Aktion seines COO nichts gewusst, wird Rohner zweifeln müssen.

Gegenüber der Schweizer Zeitung «Tages-Anzeiger» (Artikel bezahlpflichtig) erklärte der Bankpräsident denn auch, dass die Affäre für die Bank noch nicht vorbei ist. Dies auch im Zusammenhang mit dem Suizid eines Mittelsmanns in der Beschattung von Khan, der mit Gegenstand einer Untersuchung der Staatsanwaltschaft ist: «Sofern es Aspekte geben sollte, die für unsere Bank relevant sind, werden wir diese selbstverständlich aufnehmen, sagte Rohner weiter. Insgesamt sei es für ihn «fast unerträglich einzugestehen, dass wir unseren eigenen Mitarbeiter bespitzelt haben».

Stärkere Präsenz ist notwendig

Eine Rohner nahestehende Person sagte vergangene Woche gegenüber finews.ch, dem CS-Präsidenten sei bewusst, dass «die nächsten Wochen und Monate für die Bewertung seiner Amtszeit als Präsident von enormer Wichtigkeit sind.»

Mit anderen Worten, Rohner wird seine Präsenz in der CS nach innen wie aussen verstärken müssen und zwar aus drei Gründen: Um unternehmerische und kulturelle Werte der Traditionsbank zu demonstrieren, um die strategische Weiterentwicklung voranzutreiben und um eine Nachfolgeregelung für CEO Thiam einzuleiten.

Konflikte sind vorgezeichnet

Dass er damit ein konfliktträchtiges Terrain betritt, ist vorgezeichnet. Der 57-jährige Thiam sonnt sich seit dem Abschluss der Turnaround-Phase im Erfolg als Restrukturierer und ist nicht als Manager bekannt, der sich in strategischen Belangen belehren lässt.

Doch stösst die von Thiam unbeirrt verfolgte Strategie – Vermögensverwaltung mit angehängter Investmentbank – eigentlich auf wenig Resonanz. Sowohl am Aktienmarkt, der das Geschäftsmodell nicht honoriert, als auch bei den Kunden, deren Zurückhaltung sich in laufend schwindenden Erträgen manifestiert.

Schwache Ersatzbank

Gleichzeitig zeigt Thiam als CEO keine Ermüdungserscheinungen. Der heftige Streit mit Khan bewies, dass der CS-Chef keinerlei grösseren Ambitionen und Machtansprüche neben sich duldet. Mit dem Weggang des jungen Rivalen zur UBS ist die Ersatzbank für eine mögliche Nachfolge Thiams aber erheblich geschwächt. Es müsste ein Anspruch Rohners sein, vor seinem eigenen voraussichtlichen Rücktritt im Jahr 2021 valable Kandidaten für den CEO-Job zur Hand zu haben.

Nun scheint es, dass der CS-Präsident aus der Khan-Affäre eher gestärkt hervorgegangen ist und er sich eine Ausgangslage geschaffen hat, in welcher er in dem seit geraumer Zeit angespannten Verhältnis zu Thiam die Trümpfe in der Hand hält.

Dessen Zukunft als CEO der CS hing in den letzten Tagen am seidenen Faden. Rohner zerschnitt diesen Faden nicht. Man wird sehen, wie der CS-Präsident seine Trümpfe ausspielt.

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